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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
Jrn Bois dMlly gelang es den Franzosen, in einen Teil
der von ihnen am Tage vorher verlorenen Gräben wieder
einzudringen. Die im Bois Brulö bei Tagesanbruch be
gonnenen Angriffe wurden ebenso wie drei nächtliche
Vorstöße im westlichen Teile des Priesterwaldes abgewiesen.
Am Nachmittag und Abend des 8. April entfaltete der
Gegner an verschiedenen Teilen der Front gleichzeitig eine
rege Tätigkeit. Ein aus dem Walde von La Selouse unter
nommener Vorstoß scheiterte ebenso wie am Tage vother
der Angriff an derselben Stelle. Gleichzeitig entwickelten
sich stundenlange schwere Kämpfe am Bois de Mort-Mare,
in denen der Gegner schließlich mit der blanken Waffe
zurückgeworfen wurde. In derselben Weise endeten An
griffe in der Gegend Regniöville, im Priesterwald und süd
lich der Orne. Am 8. April und in der Nacht zum 9. wurde
auch um die Combreshöhe erbittert gekämpft. Gleich zu
Anfang besetzte der Gegner die von uns wegen schwersten
Artilleriefeuers geräumten Grabenstücke, um die dann
lange und heftig gekämpft wurde. In der Nacht zum
9. gelang es unseren Truppen, den Gegner aus einem Teil
der Stellungen wieder hinauszuwerfen. Doch mußte dieser
Erfolg wieder preisgegeben werden, als die Franzosen
bei Tagesanbruch mit überlegenen Kräften einen neuen
Angriff unternahmen.
Gegenüber diesen Ereignissen an der Combreshöhe
treten die Vorgänge auf der übrigen Front in den Hinter
grund. Von einigen Feuerüberfällen abgesehen verlief
die Nacht vom 8. zum 9. April im allgemeinen ruhig. Nur
am Bois de Mort-Mare, wo am Nachmittag die Franzosen
in stundenlangem Ringen unter schwersten Verlusten
zurückgeworfen worden waren, griffen sie in den Abend
stunden von neuem an, ohne ein besseres Ergebnis zu er
zielen. Dagegen gelang es unseren in die französische Stel
lung nachdrängenden Truppen, zwei Maschinengewehre zu
nehmen. Trotz dieser Mißerfolge entschloß sich der Feind
am 9. April in aller Frühe zur Erneuerung des Angriffs,
der aber wiederum unter außerordentlichen Verlusten für
ihn scheiterte. Im übrigen legten die Franzosen am 9.
den Schwerpunkt ihrer Angriffe wieder auf den Nordflügel
zwischen Orne und Combreshöhe. So griffen sie in der
Woevreebene zwischen Pafrondrupt und Marcheville von
Mittag bis Mitternacht viermal, jedesmal in einer Breite
von etwa 6 Kilometern, an, wurden aber stets verlustreich
zurückgeschlagen. Während der folgenden Nacht ent
falteten ihre Minenwerfer, zeitweise von Artillerie unter
stützt, eine lebhafte Tätigkeit. Schon am vorhergehenden
Nachmittag war der Gegner auf der ganzen Linie der
Combreshöhe aus seinen Gräben vorgebrochen, nachdem
er unsere Stellungen seit dem Vormittag unter schwerstem
Artilleriefeuer gehalten hatte. Es gelang ihm an einer
Stelle, bis zur Mulde auf der Südseite der Höhe durch
zustoßen, ehe der Angriff in dem Feuer unserer zweiten
rückwärtigen Stellung blutig zusammenbrach. Unsere
Truppen behaupteten nicht nur die Höhe, sondern ein Regi
ment konnte zum Gegenangriff übergehen, der uns wieder
in den Besitz von Teilen unserer Vorstellungen brachte. Ein
zweiter feindlicher Angriff scheint geplant gewesen zu sein,
kam aber wegen des lebhaften Feuers unserer Artillerie
nicht zur Ausführung. Der Gegner beschränkte sich in der
Nacht auf Beschießung der Höhen vor dem Dorfe Eombres
und des Ortes selbst. In der Mitte der Kampffront brachte
der Tag einen ernsten, aber erfolglosen Angriff des Gegners
auf der Linie Seuzey—Spada. Ein Angriff stärkerer Kräfte
im Walde von Ailly wurde leicht abgewiesen, und auch ein
Vorstoß über die Linie Regniöville—Fey-en-Haye endete
unter außerordentlich schweren Verlusten bereits in unserem
Artilleriefeuer. Nördlich Regnieville blieben an einer Stelle
500 Leichen liegen. Aber 800 Franzosen wurden an diesem
Tage gefangengenommen und 7 Maschinengewehre erbeutet.
Der Abend des 9. April brachte am Croir des Carmes
im Priesterwalde einen Angriff von deutscher Seite, dem
es gelang, dem Gegner drei Blockhäuser und zwei Ver
bindungsgräben zu entreißen, wobei unseren Truppen
2 Maschinengewehre und 59 Gefangene in die Hände
fielen. Am 10. fanden Artilleriekämpfe auf der ganzen
Front statt. Es konnte beobachtet werden, daß die Fran
zosen eifrig schanzten und ihre stark gelichteten vorderen
Reihen durch neue Truppen ergänzten. Dies geschah be
sonders auf dem Nordflügel südlich der Orne, in der Mitte
gegenüber der Linie Seuzey—Spada, sowie am Südflügel
in der Gegend von Regnieville. Die Truppenansamm
lungen- wurden mit starkem Feuer belegt, und die dadurch
hervorgerufenen Verluste mögen der Grund gewesen sein,
daß der Gegner den Entschluß zum Angriff nicht finden
konnte. Auch bei Les Eparges, am Fuße der Combres
höhe, stellte der Gegner starke Kräfte bereit, die aber von
unserem Artilleriefeuer gefaßt werden konnten. Nur im
Priesterwalde kam es an diesem Tage zu einem französischen
Angriff, der ohne Mühe abgewiesen wurde. So endete
auch der 10. April, wie alle vorausgegangenen Tage, mit
einem vollen deutschen Erfolge an sämtlichen angegriffenen
Punkten. An demselben Tage dankte der französische
Oberbefehlshaber, General Joffre, der 1. Armee dafür,
daß sie die Stellung bei Les Eparges, das ist die Combres
höhe, den Deutschen entrissen habe. Diese Auffassung
suchte der Gegner wiederholt geltend zu machen. Tatsäch
lich hatte er nur vorübergehend einzelne Gräben unserer
Stellung beseht gehabt; abgesehen von einem kleinen un
wesentlichen Teil wurde er aber überall wieder vertrieben.
Nach dem verhältnismäßig ruhigen Verlauf des 10. April
begann der Gegner bereits gegen Abend wieder eine
lebhafte Tätigkeit, hatte aber auch diesmal starke Ver
luste. So lagen nach einem einzigen Angriff gegen die
Linie Seuzey—Lamorville 700 Leichen auf der Wald
lichtung zwischen den beiden Seitenstellungen. Auch bei
Flirey brachen abends starke Kräfte angreifend vor, wurden
aber, nachdem sie in einen Teil unserer Stellungen ein
gedrungen waren, wieder zurückgeworfen. Trotzdem er
neute der Feind am frühen Morgen des 11. seinen Angriff,
wurde aber wiederum abgewiesen und ließ etwa 120 Ge
fangene in unserer Hand. In diesem Abschnitt wurde
später beobachtet, daß die Franzosen ihre Gefallenen wie
Sandsäcke auf die Brustwehr ihrer Gräben aufpackten und
mit Erde bewarfen. Im Ailly- und im westlichen Priester
walde spielten sich die ganze Nacht hindurch Kämpfe ab,
die für unsere Truppen günstig endeten. In der Frühe
des 11. April setzten die Franzosen auch an der Combreshöhe
zu einem neuen Angriff an, den aber unsere Artillerie nicht
zur vollen Entwicklung kommen ließ. Im Lauf des Tages
beschränkte sich dann die Gefechtstätigkeit im allgemeinen
auf beiderseitiges Artilleriefeuer, in das stellenweise auch
Minenwerfer eingriffen. . Nur im Priesterwalde führten
zwei französische Angriffe nachmittags und abends erneut
zu heftigen Nahkämpfen, in denen unsere Truppen die
Oberhand behielten. Auf der Combreshöhe gelang es
abends einem abermaligen französischen Vorstoß, vorüber
gehend in Teile unserer Kammstellung einzudringen, nach
zweistündigem Handgemenge wurde die Stellung aber
wieder vom Gegner gesäubert. Die beiden am Morgen
und am Abend abgeschlagenen französischen Angriffe gegen
unsere Stellungen auf dem Kamm der Combreshöhe ver
dienen besondere Beachtung, da in ihnen die Franzosen
die in Joffres Dank an die 1. Armee vom 10. April ver
kündete Botschaft von der endgültigen Eroberung der Com-
bresstellung selbst aufs eindringlichste widerlegen. Wäre
von den Franzosen dieses Ziel ihrer wochenlangen blutigen
Bemühungen erreicht gewesen, dann wären die erwähn
ten Angriffe vom 11. April nicht nur überflüssig, sondern
ein sinnloses Blutvergießen gewesen. Ein dabei gefangen
genommener französischer Unteroffizier erzählte, daß den
an der Combreshöhe kämpfenden Truppen erklärt worden
sei, sie würden erst dann abgelöst werden, wenn sie die
Höhenstellung genommen hätten.
Die Nacht vom 11. zum 12. April verlief auf der ganzen
Front im allgemeinen ruhig. Nur stellenweise wurde diese
Ruhe von kleinen französischen Artillerie- und Infanterie-
überfällen unterbrochen.
Am 12. bereitete eine sehr heftige Beschießung unserer
Stellungen am Nordflügel zwischen Buzy und Marchöville
sowie am Südstlügel, in dem Abschnitt östlich Richecourt,
auf Jnfanterieangriffe vor. Diese begannen mittags gleich
zeitig bei Maizerey und Marcheville. Während der Gegner
im letzteren Orte nach dem ersten abgeschlagenen Angriff
auf eine Wiederholung zunächst verzichtete, ließ er bei
Maizerey, wo sämtliche Angreifer im Feuer liegen blieben,
in Abständen von je einer Stunde zwei weitere Vorstöße
folgen, bei denen die Angreifer völlig aufgerieben wurden.
1 Offizier und 40 Mann fielen in Gefangenschaft. Dennoch
rannten die Franzosen abends bei Marchöville noch einmal
mit drei aufeinanderfolgenden Schützenlinien in unser