Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
man sich einen Begriff von der Größe der Verhältnisse und 
der damit zu überwindenden Schwierigkeiten machen, wenn 
man bedenkt, daß auf ein Armeekorps, das etwa 76 Truppen 
züge für sich beansprucht, allein 44 Züge von je 550 Meter 
Länge für die beiden Staffeln der notwendigsten, stets beim 
Armeekorps befindlichen Munitionskolonnen und Trains zu 
rechnen sind. Ferner verkehren Verpflegungszüge. Ihre 
Häufigkeit hängt natürlich vom Maße der aus den eroberten 
Landstrecken durch Requisition erhältlichen Verpflegungs 
mittel für Mensch und Tier ab, doch kann man sich wohl 
ein Bild machen, wenn man berücksichtigt, daß für ein Armee 
korps für die ersten Tage des Aufmarsches 5—6 Ver 
pflegungszüge von je 550 Meter Länge bereitgestellt wurden. 
Die nächste Aufgabe des Etappenwesens ist die Siche 
rung und Verteilung der Verkehrsmittel des Etappen 
gebietes. Bahnschuhwachen stehen bei wichtigen Kunst 
bauten, die der Zerstörung am leichtesten ausgesetzt 
sind, wie Alber- oder Unterführungen, sowie an Stellen, 
wo der Bahndamm das umliegende Gelände stark über 
höht. Meist ist es nötig, Verbindungswege wieder her 
zustellen, wenn Schienen und Schwellen gesprengt wurden 
oder entgleiste Züge die Benutzung der Strecke hindern 
sollten (siehe Bild 
Seite 327). An ein 
zelnen Stellen müs 
sen auch Verbin 
dungslinien neu 
gebaut werden, sei 
es aus taktischen 
Gründen, wie bei 
der Umgehungs 
bahn in Mont- 
msdy, wo ein Tun 
nel gesprengt wor 
den war, sei es aus 
finanziellen, wie 
bei der neuerdings 
im Bau befind 
lichen Bahn in un 
gefähr nordsüd 
licher Richtung ent 
lang der lurem- 
burgischen West 
grenze, da Luxem 
burg natürlich für 
jeden Durchgangs 
verkehr, also auch 
für durchgehende 
Kriegstransporte, 
für das Kilometer 
einen bestimmten 
Satz verlangt. 
Eine weitere 
wichtige Tätigkeit 
der Etappen ist die 
Wiederherstellung aller der Einrichtungen, die dem Nach 
richtendienst zwischen Feldheer und Heimat zugute kommen, 
wie Telephon, Telegraph, Funkentelegraph, Post. Ander 
seits müssen zur Sicherheit gegen Franktireurversuche der 
Bevölkerung die von den deutschen Behörden nicht be 
nötigten Verbindungen zwischen den einzelnen Dörfern 
zumeist unterbrochen werden, wobei zu berücksichtigen 
ist, daß diese Leitungen nicht immer gut sichtbar, das 
heißt oberirdisch verlaufen. 
Allein mit der einmaligen Zerstörung ist es nicht getan. 
Es muß eine merkliche dauernde Überwachung damit Hand 
in Hand gehen, die von dem mit der Handhabung der 
Polizei besonders betrauten Teil der Truppen ausgeübt 
wird. An einzelnen Orten, wie Brüssel und Antwerpen, 
hat man bekanntlich die früheren Polizeiorgane in ihrer 
Stellung belassen und sie nur unter deutsche Ober 
aufsicht gestellt, um so ihre polizeilichen Ortskenntnisse 
auszunutzen. Doch das ist eine Ausnahme, die ihre Recht 
fertigung in den großstädtischen Verhältnissen findet, wo die 
wohlhabenden Bewohner meist geflüchtet sind und der 
Pöbel, der nichts mehr zu verlieren hat und deshalb 
trotz Granaten und Schrapnellen wohlgeborgen in den 
Kellern sich versteckt hielt, gerne die Gelegenheit benutzt, 
um sich eine Häuslichkeit zu gründen. Jeder Ortskomman 
dant muß deshalb auch polizeiliche Verordnungen erlassen, 
wie Verbot des Verlassens eines Ortes ohne Erlaubnis, 
Verbot des Waffentragens, des Waffenbesitzes, Festsetzung 
einer Polizeistunde, wo alle Wirtschaften geschlossen sein 
müssen und kein Bewohner mehr auf der Straße sein darf, 
Verbot der Zusammenrottung, Abhaltung von Kontroll 
versammlungen über die männliche Bevölkerung, Erteilung 
von Passierscheinen und dergleichen. 
Von dev Menge der Arbeit in manchen Ortskomman 
danturen kann sich nur der einen richtigen Begriff machen, 
der den Andrang zu unseren Amtsstuben mit eigenen 
Augen beobachtet hat (stehe Bild Seite 328). Gibt es doch 
Distrikte, die mehr als 40 Kilometer im Durchmesser haben; 
dem entspricht auch die Fülle und Vielseitigkeit der An 
fragen und Wünsche. Hauptsächlich seit in Belgien sogar 
Militärlokalzüge verkehren, die auch für Zivilisten benutzbar 
sind — allerdings um den verhältnismäßig teuren Preis von 
vier Pfennig für den Kilometer —, kommen fast täglich 
Leute, die um die ausnahmsweise zu gewährende Preis 
ermäßigung bitten, da sie völlig mittellos geworden sind 
und zum Wiederaufbauen ihrer halbverbrannten Hütten in 
ihren Wohnsitz zurückgelangen wollen. Da ist ferner ein 
Schloßbesitzer der Umgegend, der sich bitter über Wild 
dieberei auf sein 
Rot- und Schwarz 
wild beklagt. Dann 
will ein Mann die 
Erlaubnis haben, 
im Ort bestimmte 
Nahrungsmittel 
einzukaufen. Eine 
Frau kommt we 
gen Quartierstrei 
tigkeiten. Ein klei 
ner Knabe bittet 
um den Batail 
lonsarzt für eine 
Wöchnerin. Sol 
daten und Offi 
ziere, die auf der 
Durchreise von 
oder zum Feld 
heer sind, bitten 
für sich und ihre 
Pferde um Unter 
bringung und Be 
köstigung für die 
Nacht, da sie kei 
nen Anschluß mehr 
haben. Und hier 
und da kommt in 
der Dämmer 
stunde , gleichsam 
zum Dank für er 
wiesene Hilfe und 
Freundlichkeit, ein 
Belgier, macht die Tür fest hinter sich zu und bittet, den 
Offizier allein sprechen zu dürfen. Das Ergebnis des 
Gesprächs ist meist, daß man weiß, wo in den dichten 
Wäldern oder in Unterschlüpfen bei den Bauern sich immer 
noch vereinzelte französische Soldaten in Zivil verborgen 
halten, die natürlich sofort durch ein Militärkommando 
dingfest gemacht werden. 
Die Seele des Etappenwesens ist natürlich der 
Etappenhauptort, in dem die Hauptverbindungswege 
von den kämpfenden Armeekorps einer Armee zusammen 
laufen. Auf gute und dauerhafte, also gepflasterte 
oder chaussierte Straßenverbindungen, reichliche Auslade 
vorrichtungen mit dazugehörigen Güterschuppen, Unter 
kunftsräume, Bahnhofsäle und Stallungen für Vieh 
wird bei seiner Wahl besonders Rücksicht genommen. 
Einzelne fehlende. Bedingungen wurden von unseren Land- 
sturmkeuten stets mit einer Leichtigkeit und Schnelligkeit 
erfüllt, die mich immer wieder in Staunen setzte. 
Wer aus unserer Darstellung ersehen hat, wie un 
geheuer groß, feingliedrig und wichtig der Apparat hin 
ter der Front ist, wird gewiß bei den Siegen unserer 
tapferen Fronttruppen künftig auch derer gedenken, die 
in den Etappen in treuer, schwerer Arbeit unseren Krie 
gern den Rücken steifen und ihnen immer neue Schlag 
kraft geben. 
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Zas. 9097 938 000 Mk. 2us. ZSiYösroooMH Zus. 3653o5Zooomh_ 
Phot. Berliner Illustrations-Gesellschaft m. b. H. 
Bildliche Darstellung der Summen, die von den hauptsächlichen europäischen Staaten 
für Heer und Marine ausgegeben werden.
	        
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