Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
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legenheit ab, die der herannahende Krieg Österreich-Ungarns 
gegen Rußland bringen sollte. So entstanden unmittelbar 
nach der Revolution geheime Militärorganisationen im 
Königreich Polen, die bald auf dem freien Boden Galiziens 
offen als für den zukünftigen Kampf bestimmt auftraten. 
Den Anstoß gab Pilsudski, der gegenwärtige Kommandant 
der ersten Brigade der polnischen Legion, und neben 
ihn stellte sich Sosnkowski, sein gegenwärtiger Stabschef. 
Bald tauchten zahlreiche „Schützenorganisationen" aus. 
Jede Volksschicht, fast jede Parteirichtung war in diesen 
Organisationen, denen die Jugend aus dem Königreich 
Polen zahlreich und willig zuströmte, vertreten. So offen 
barte sich in dem Teile Altpolens, wo die Polen Freiheit 
hatten und offen ihre Bestrebungen kundgeben konnten, 
der Volkswille, den Kampf auf Tod und Leben gegen 
Rußland aufzunehmen. 
Der Krieg brach aus ... 
Am 6. August bereits überschritten die ersten Schützen 
abteilungen unter Pilsudskis Führung die Grenzen des 
Königreichs Polen und drangen in schnellem Marsch ins 
Innere des Landes. Schon drei Tage später hielten sie 
bei Kielce der starken Übermacht des Feindes stand. Rach 
mehreren Zusammenstößen bei dieser Stadt und bei Jen- 
drzejow blieben die Schützen längere Zeit in Kielce und 
verbreiteten von hier aus ihre Propaganda über das Land. 
Leider machten die hin und her flutenden Kriegsereignisse 
den Polen im Königreich die freie Entscheidung unmöglich 
und überschwemmten Galizien mit einer schweren Invasion. 
Trotzdem rief das polnische Volk in Galizien das Oberste 
Nationalkomitee ins Leben, das die Bildung der pol 
nischen Legion übernahm. Bald erreichte sie die Zahl 
von fast 20 000 Freiwilligen. Wenn man bedenkt, daß die 
polnische Bevölkerung der Monarchie kaum 4 Millionen zählt 
und zur Zeit der Aufstellung der Legion schon fast die 
Hälfte dieser Bevölkerung im Bereich der russischen Invasion 
sich befand, wenn man bedenkt, daß der größte Teil der 
Legionäre zum Kriegsdienst in der österreichisch-ungarischen 
Armee nicht verpflichtet war, so wird der innerste Wille der 
Nation sichtbar, ihr stärkster geheimer Drang verständlich 
werden, der nur auf Gelegenheit wartet, um zu einer 
Macht anzuwachsen, die dem polnischen Volke unter russischer 
Herrschaft unerbittlichen, rücksichtslosen 
Kampf gegen den Unterdrücker, den 
Zentralstaaten einen wertvollen Bun 
desgenossen bringt. 
Die Geldspenden, die allein aus 
dem armen und bald schrecklich ver 
wüsteten Galizien für die Legion 
flössen, erreichten Millionen, und Ken 
ner der Verhältnisse versichern, daß in 
keinem polnischen Aufstand die Opfer 
willigkeit diesen Grad erreichte ... 
Und nun einige Tatsachen aus der 
Geschichte der Legion: Die erste 
Brigade, die seit August kämpft, zeich 
nete sich bei Kielce, an der Nida, bei 
Borsuczna und Szczucin aus, was die 
Ordensverleihungen und die Belo 
bungen bezeugen, die sie seitens des 
Armeekommandos, dem sie zugeteilt 
worden war, erhielt. Das sind die An 
fänge. Dann kamen die großen Kämpfe 
bei Demblin (russisch: Jwangorod), 
Laski und Suskowola am 23., 24. und 
25. Oktober. Aufsehen erregte der 
Marsch Pilsudskis mit 2000 Mann von 
Mechow nach Krakau quer über die 
Ausmarschstraßen des feindlichen Hee 
res. Für diese Tat wurde er zum 
Brigadier ernannt. Es folgten rastlose 
Märsche und Kämpfe. Die Schlacht 
bei Krzywoploty am 17. und 18. No 
vember trug am meisten dazu bei, den 
Ruhm der Legionäre zu mehren. Dann 
erschien die erste Brigade der Legion 
in Galizien. Hier zeichnete sie sich in 
den Kämpfen bei Neu-Sandec, Lima- 
nowa und Lowczowek aus. Für den 
einen Kampf bei Lowczowek, der am 
23. und 24. Dezember gegen eine 
riesige Übermacht ausgefochten wurde, erhielt das erste Regi 
ment der Legion 144 Auszeichnungen: 6 goldene, 18 große 
silberne, 48 kleine silberne Medaillen, 72 Belobungsdekrete. 
Außer diesen vom Armeekommando verfügten Ordens 
verleihungen zeichnete die Schlacht selbst 400 Legionäre 
mit Grabkreuzen aus. Das geschah allein in der ersten, 
durch fünfmonatige Kämpfe stark gelichteten Brigade. 
Das zweite und dritte Regiment, denen das Glück auf 
polnischer Erde zu kämpfen nicht zuteil wurde, schlagen sich 
unter schwierigsten Verhältnissen in den ungarischen Kar 
pathen. Sie befinden sich dort seit Oktober. Die Russen 
werden ihrer gedenken seit den Kümpfen bei Rafajlowa, 
Zielona, Nadworna, Molotkow, Ökörmezö, Kirlibaba, 
Kimpolung, Ottynia ... 
Die Militärsektion des Obersten Polnischen National 
komitees, das die Legion organisiert, befindet sich jetzt 
wieder auf dem Boden des Königreichs Polen. Neue Ab 
teilungen werden gebildet. 
Der Apparat hinter der Front. 
Von Paul Otto Ebe. 
(Hierzu die Bilder Seite 327 und 328 sowie die Skizze Seite 326.) 
Die Etappenlinien, der „Apparat hinter der Front", ver 
binden das Heer mit der Heimat. Als Etappengebiet wird 
der Landesabschnitt bezeichnet, der an das Operationsgebiet 
des Feldheeres anstößt (siehe Skizze Seite 326). Zurzeit 
liegt der weitaus größte Teil unseres westlichen Etappen 
gebietes in den französischen Landstrichen, während die 
hinter dem Etappengebiet liegenden Ländereiendes General 
gouvernements zu Belgien gehören. 
Die Vielgestaltigkeit, Riesengröße und Notwendigkeit 
des Apparats hinter der Front ist am besten aus seinen 
Aufgaben zu ersehen. 
Das Transportwesen zwischen der Heimat und den kämp 
fenden Heeren muß vor allem pünktlichst geregelt werden. 
Mit Mannschaftsnachschub und Rückbeförderung ist 
jedoch die Beanspruchung unserer Eisenbahnen noch nicht 
am Ende angelangt. Die Truppen müssen mit Munition 
versorgt werden, die in gewaltigen Mengen nötig ist. Zwar 
richtet sich die Menge nach der jeweiligen Lage, doch kann 
Offiziere und Soldaten der polnischen Legion. Phot. Mophot G.m.b.H., Wien.
	        
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