Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Anbruch des Tages eröffneten zwei Schwadronen eng 
lischer Kavallerie unter dem Schutz von Kanonenbooten 
das Feuer gegen die türkische schwache Abteilung. Die 
Engländer landeten Soldaten, um ihre Flüchtlinge aus den 
vorhergegangenen Gefechten zu sammeln. Die Gelandeten 
mußten sich aber vor dem tapferen Widerstand ihrer Gegner 
Zurückziehen und viele Tote zurücklassen. Die Besatzungen 
der Kanonenboote wagten nun keine weitere Landung an 
dem von den Türken besetzten Flußufer und zogen sich 
zurück. Der einzige Erfolg, den die Engländer zu ver 
zeichnen hatten, war die Niederbrennung zweier Araber 
hütten. Am 15. Februar rückte eine osmanische Abteilung 
gegen Korna vor, der es gelang, sich dem Stationsort der 
englischen Kanonenboote zu nähern. Die englischen Posten 
zogen sich bald unter beträchtlichen Verlusten hinter die 
Verschanzungen von Korna zurück. Die Osmanen er 
beuteten hierbei zwei Kanonen und eine große Menge 
Munition; sie selbst verloren nur drei Tote und einige Ver 
wundete. Einen Monat später rückten die Türken nach 
heftigen Kämpfen in Korna ein, nachdem sie den Gegner 
gezwungen hatten, unter großen Verlusten nach Süden 
abzuziehen. — 
Der türkische Zug nach Ägypten hatte schon Anfang 
Januar den Erfolg, daß sich viele Araberstämme den Türken 
anschlossen. So traf am 1. Januar der Drusenchef Emur 
Said an der Spitze von 300 Reitern in Damaskus ein. Er 
kündigte dem Wali an, daß 20 000 freiwillige Drusen be 
reit seien, nach dem Kriegschauplatze abzugehen. Am 
3. Januar fand in Damaskus eine große Parade über den 
Hauptteil der für Ägypten bestimmten Erpeditionsarmee 
statt; mit dieser Truppenschau verbunden war die feierliche 
Abergabe der Fahne an die 10. Division. Der Parade 
wohnten die Walis von Damaskus und Beirut, der 
Gouverneur des Libanon, der deutsche und der österreichisch 
ungarische Konsul, Abordnungen aus allen Gegenden 
Syriens, sowie die Oberhäupter der verschiedenen Be 
kenntnisse bei. Die Haltung der Truppen fand allge 
meine Anerkennung. — 
Am Suezkanal hatten sich Anfang Februar wieder 
Kämpfe entwickelt. Am 6. war der Eeschützkampf hier 
besonders heftig. Zwei türkische Mörsergeschosse fielen auf 
den von den Engländern zu Truppentransporten benutzten, 
im Augenblick jedoch leeren Handelsdampfer „Hardings"., 
Am 8. Februar machte die Vorhut der gegen Ägypten 
kämpfenden türkischen Armee einen erfolgreichen Erkun 
dungsmarsch durch die Wüste, trieb einen vorgeschobenen 
Posten der Engländer gegen den Kanal zurück und über 
schritt sogar mit einigen Kompanien Infanterie den Suez- 
kanal zwischen Tussu'm und Serapeum. Trotz des Feuers 
englischer Kreuzer und Panzerzüge beschäftigten die türkischen 
Truppen den Feind während des ganzen Tages und klärten 
seine Verteidigungsmittel in vollem Umfange auf. Ein 
englischer Kreuzer wurde durch das türkische Geschützfeuer 
schwer beschädigt. 
General Marwell, der Befehlshaber der englischen 
Truppen in Ägypten, fand die Lage so schwierig, daß er am 
9. Februar die Einreihung weiterer 10 000 australischer Sol 
daten in das ägyptische Heer forderte. Als Vorhut hatten 
die Engländer am Suezkanal eine 5000 Mann starke Sudan 
truppe aufgestellt, die aber am 10. Februar zu den Türken 
überging. 
Das am Suezkanal sich entwickelnde Leben und Treiben 
zeigte manche bemerkenswerte Einzelheiten. Im Kanal 
patrouillierten die englischen Schiffe und hielten scharfe 
Wacht, daß Osmanen nicht an das westliche Ufer gelangten. 
Die Ägypter sollten beileibe nichts erfahren von der kriege 
rischen Stimmung der Osmanen, von deren Macht und 
von der Ausdehnung, die der Heilige Krieg gewonnen hatte. 
Aber die englische Wachsamkeit wurde zuschanden an dem 
Mut und der Ausdauer der Türken. Die an beiden Ufern 
des Kanals stehenden Stammesbrüder durchschwammen 
das trennende Wasser, um sich Grüße zu überbringen und 
Nachrichten auszutauschen. Die Vaterlandsliebe war es, 
die die Getrennten zusammenführte. 
Uber die Stimmung der Ägypter während der ersten 
Zeit des Heiligen Krieges berichtete ein aus Ägypten nach 
Deutschland heimgekehrter deutscher Kaufmann folgendes: 
„Trotz strengster Zensur und schärfster Kabelüberwachung 
blieb der schwere Schlag, den der Dreiverband und Belgien 
gleich in den ersten Kriegswochen erlitten, den Bewohnern 
Ägyptens nicht verborgen. Der Bericht über die Schlacht 
bei Tannenberg war mit allen Einzelheiten bereits in Kairo 
Tagesgespräch, ehe die anglo-ägyptischen Behörden selbst 
eine amtliche Nachricht darüber erhalten hatten. Um diesen 
Gerüchten entgegenzutreten, wurde durch einen Mauer- 
anschlag in englischer, französischer und arabischer Sprache 
erklärt, daß die unter der Bevölkerung mehr und mehr 
um sich greifende Nachricht von einem großen Sieg der 
Deutschen über die Armee Rennenkampfs bei Tannenberg 
völlig erfunden sei, lediglich zu dem Zweck, die gute Ge 
sinnung der Bevölkerung im Sinne der Feinde Groß 
britanniens zu beeinflussen. 500 ägyptische Piaster wurden 
als Strafe angedroht für den Urheber dieser böswilligen 
Gerüchte. Etwa eine Woche später wurde durch Mauer 
anschlag ein großer Sieg der verbündeten Armeen auf dem 
westlichen Kriegschauplatz bekanntgegeben. Bei Maubeuge 
sollten elf deutsche Divisionen von den verbündeten Fran 
zosen und Engländern vernichtet worden sein. Der Kaiser 
sei darüber wahnsinnig geworden und habe sofort nach 
Deutschland in eine Irrenanstalt gebracht werden müssen. 
Der Kronprinz sei bei den Verfolgungskämpfen durch eine 
englische Granate getötet worden. Feldmarschall French 
sei bereits in Namur eingezogen. In dieser Woche würden 
die siegreichen Truppen den Feind, also die Deutschen, 
aus Belgien verjagt haben und auf deutschem Boden 
stehen. General Marwell gab diese Lügenberichte als 
amtliche Meldung heraus. Griechen, Levantiner und 
Kopten glaubten ihm, die Araber und Türken lachten 
darüber. Diese Maueranschläge mit neuen Siegen der 
Verbündeten wiederholten sich ununterbrochen. Aber es 
fand sich jedesmal ein arabisches Blatt, das dem die über 
Konstantinopel kommenden deutschen Heeresberichte ent 
gegenstellte. Darauf untersagte General Marwell das 
weitere Erscheinen aller arabischen Veröffentlichungen. 
Die Engländer richteten sodann einen Spitzeldienst ein, 
viele Verhaftungen wurden vorgenommen. Die ägyptischen 
Offiziere der anglo-ägyptischen Armee wurden nach dem 
Sudan und nach Uganda verseht. Die europäischen Truppen 
teile kamen aus dem Sudan nach Kairo, die Eingeborenen 
regimenter nach Oberägypten und Nubien. Man nahm 
den Eingeborenentruppen die scharfe Munition ab. Fast 
alle Türken und Perser verließen heimlich die Städte 
Unterägyptens. Nach Zehntausenden zählten die Kamele,
	        
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