Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/13 
(Fortsetzung.) 
Immer klarer wurde es der ganzen Welt, daß mit der 
Entfesselung des Heiligen Krieges, die einen diplomatischen 
Erfolg Deutschlands und Österreich-Ungarns bedeutet, der 
englischen Weltmacht ein neuer schwerer Schlag versetzt 
worden war. 
Die erste schwere Niederlage erfuhr der Dreiverband vor 
den Dardanellen. Die Verluste, die die Verbündeten hier 
am 18. März erlitten haben, erwiesen sich als bedeutend 
erheblicher, als anfänglich von denselben zugestanden 
wurde. Sowohl französische wie auch englische Schiffe 
waren schwer beschädigt oder ganz vernichtet worden, 
und auch die Zahl der auf seiten 
der Verbündeten Gefallenen 
stellte sich als immer höher 
heraus. 
Neben den heldenmütigen 
türkischen Truppen hatte auch 
ein Deutscher wesentlichen An 
teil an der Verteidigung der 
Dardanellen: Marschall Liman 
v. Sanders (siehe nebenstehen 
des Bild), der Neugestalter der 
türkischen Armee, leitete ge 
meinsam mit dem tatkräftigen 
osmanischen Kriegsminister En- 
ver Pascha und mit der deut 
schen Offiziersmission die Ver 
teidigung. 
Nach einer Pause seit dem 
18. März versuchten am 27. 
frühmorgens feindliche Tor 
pedoboote, mit Minensuchfahr 
zeugen gegen die äußerste 
Sperre vorzugehen, wurden 
aber sofort durch das Feuer 
der Batterien vertrieben. In 
der Nacht auf den 29. März 
drangen drei Panzerschiffe und 
vier Torpedobootzerstörer in die 
Dardanellen ein und beschossen 
aus großer Entfernung das 
Fort Kilid-Vahr. Am folgenden 
Morgen erschienen vier fran 
zösische Flotteneinheiten im 
Golf von Saros und beschossen 
die türkischen Stellungen. Un 
terdessen drangen englische 
Panzerschiffe neuerdings in die 
Dardanellen und bombardier 
ten die Forts von Dardanos, 
die das Feuer erwiderten. Nach 
dem das Gefecht von mittags 
bis gegen vier Uhr geruht hatte, 
feuerten die Schiffe gegen Kri- 
tia an der europäischen Küste, während die „Oueen Elizabeth" 
ein indirektes Feuer vom Golf von Saros her unterhielt. 
Im Laufe des Nachmittags flog ein türkisches Flugzeug über 
Gallipoli und Tenedos und kehrte unbeschädigt zurück. Die 
türkischen Landstreitkräste bereiteten sich eifrig auf einen 
Widerstand im Falle einer Truppenlandung vor. 
Die. Verbündeten erkannten bald, daß sie mit den 
30 000 Mann, die sie aüf der Insel Lemnos versammelt 
hatten, und ihren zum größten Teil zusammengeschossenen 
Schiffen die Hoffnung, die Dardanellen zu bezwingen, 
aufgeben mußten. In einem Kriegsrat wurde der Be 
schluß gefaßt, daß von den 30 000 Mann Landungstruppen 
25 000 unter dem Befehl des Generals d^Amade sich nach 
Ägypten zurückziehen sollten, um dort die Ankunft von 
Verstärkungen abzuwarten. Von der auf Lemnos ver 
bleibenden kleinen Truppe war eine ernstliche Bedrohung 
der Dardanellen natürlich nicht zu befürchten. — 
Auf dem Schwarzen Meere hatte längere Zeit Ruhe 
geherrscht. Die erste Meldung von neuen Seegefechten 
zwischen Türken und Russen kam am 6. Februar. Ein 
türkisches Kriegschiff begegnete in der Nähe von Datum 
vier russischen Kriegschiffen, die es unter Feuer nahm und 
zur Flucht nach Datum nötigte. Der Gegner verfolgte 
sie bis dahin und bombardierte die Stadt. Am 8. meldeten 
die Russen selbst, daß ihre Flotte von hoher See aus be 
merkt habe, wie sich der türkische Kreuzer „Breslau" Palta 
genähert und mehrere Kanonenschüsse auf die Stadt ab 
gefeuert habe. Die Geschosse, die nach dem amtlichen 
russischen Bericht deutschen Ursprungs waren, beschädigten 
das Stadthaus und vier andere Häuser. Zur Erwiderung 
des Bombardements von Palta wurden die russischen 
Kreuzer vor Trapezunt gesandt, das sie am nämlichen Tage 
um vier Uhr nachmittags be 
schossen. Besonders richteten 
sie ihr Feuer auf das Kranken 
haus, wo sie den Tod zweier 
Verwundeten und zweier an 
derer Kranken herbeiführten. 
Schon am Tage vorher war 
eine aus fünf Linienschiffen, 
drei Kreuzern, zehn Torpedo 
booten und mehreren Dampfern 
bestehende russische Flotte vor 
den Kohlenhäfen des Eregli- 
gebietes an der Südküste des 
Schwarzen Meeres erschienen 
und hatte die Häfen Zunguldak, 
Koslu, Eregli und Alabli be 
schossen. Am 30. März unter 
nahmen die russischen Schiffe 
einen neuen Angriff auf das 
Kohlengebiet von Eregli. Mit 
2000 Schüssen brachten sie neun 
Segelbarken zum Sinken und 
beschädigten vier Häuser. 
Am 3. April kam es bei 
Odessa zu einem Seegefecht, 
bei dem die türkische Flotte zwei 
russische Schiffe, „Provident" 
und „Vastonaja", mit 2000 be 
ziehungsweise 1500 Tonnen 
Wasserverdrängung zum Sinken 
brachte. Die Besatzung wurde 
gefangen genommen. Während 
dieses Vorgangs näherte sich der 
türkische Kreuzer „Medjidie" 
auf der Verfolgung von rus 
sischen Minensuchern dem rus 
sischen Ufer in der Umgebung 
der Festung Otchakow, stieß auf 
eine Mine und sank. Die Be 
satzung wurde durch andere 
türkische Kriegschiffe, die sich in 
der Nähe befanden, gerettet. 
Sie hatte sich sehr wacker ge 
halten: vor dem Untergang entfernten die Matrosen die 
Verschlußstücke der Kanonen und torpedierten ihr.Fahrzeug, 
um ein Wiederflottmachen durch den Feind zu vei> 
hindern. Die Nachricht von dem Untergang der „Medjidie" 
wurde von der türkischen Bevölkerung angesichts der viel 
größeren Verluste der verbündeten Gegner mit großer Ruhe 
aufgenommen. 
Die Kämpfe zu Lande sind mit dem Jahre 1915 in dem 
Maße lebhafter geworden, als die Kunde von der Erklärung 
des Heiligen Krieges Verbreitung gewann. Es ist natür 
lich, daß der Dreiverband sein Möglichstes tat, um die Ver 
breitung dieser Kunde zu verhindern, aber wo die Nachricht 
hinkam, erhoben sich die Muselmanen zum Kampfe gegen 
das Joch der Ententemächte. Schon gegen Ende De 
zember 1914 stand eine Abteilung türkischer Truppen im 
Tschorusgebiet und traf bei ihrem Vormarsch auf Ardagan 
westlich von dieser Stadt auf Kosaken, die sie zurückschlug. 
Die Türken erreichten dann die Stadt, die unter dem Be 
fehl des Generals Zachen stand und von 3000 Mann rus 
sischer Infanterie und 1000 Kosaken mit 6 Feldgeschützen 
und zwei Maschinengewehren verteidigt wurde. Die Türken 
Amerika«. Copyright 1915 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. 
II. Band. 
Phot. Sebah L JoaMer, Konstantinopel. 
Marschall Liman v. Sanders Pascha, 
der deutsche Neugestalter des türkischen Heeres, wurde vom Sultan 
mit dem Oberbefehl über die 5. türkische Armee betraut, in der die 
zur Verteidigung der Dardanellen bestimmten Truppen zusammen 
gefaßt sind. 
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