Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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gewehren; außer
dem beschossen
sie zwei Waren
leichter aus näch
ster Nähe mit ei
nigen Granaten
und versenkten
den einen davon.
Die Stadt wurde
überhaupt gar
nicht beschossen.
Von den Zerstö
rern in und vor
dem Hafen wurde
überhaupt kein
einzigerSchußab-
gegeben. Selbst
die am Lande ge
lagerten großen
Benzinmengen
wurden wegen
der Gefahr für
zwei nahe davor
liegende Segel
schiffe unbekann-
Aus Kellern und anderen Schlupfwinkeln
ter Herkunft nicht zerstört. Die von montenegrinischer Seite
verbreitete Darstellung von einer Beschießung der Stadt,
von vielen zerstörten oder in Flammen aufgegangenen
Wohnhäusern, von einer Menge unter Trümmern begra
bener oder durch Schrapnelle getöteter Bewohner, insbeson
dere Frauen, war lediglich Erfindung.
Nach dem Zusammenbruch der 10. russischen Armee
in der Winterschlacht in Masuren (siehe Seite 189 und 222)
und ihrer Kapitulation im Forst von Augustow hatten sich
die Reste des 3. russischen Armeekorps unter die Befesti
gungen von Olita, diejenigen des 26. und 3. sibirischen Korps
auf die Festung Grodno und hinter die Bobrlinie zurück
gezogen. Der Armeeführer General Siewers, sein General-
stabschef, sowie der Kommandierende General des 3. Armee
korps wurden abgesetzt. Drei neue Korps, das 2., 13. und 15.,
wurden nach Grodno herangezogen und die gelichteten
Reihen der übrigen Korps mit Rekruten aufgefüllt. So
entstand eine neue 10. Armee, die Ende Februar vergebliche
Anstrengungen machte, die deutschen Truppen, die bis
an die Bobrlinie und dicht an die Festung Grodno vor
gerückt waren, zu
vertreiben. Diese
russischen Ver
suche brachtenuns
im Gegenteil noch
zahlreiche Gefan
gene, so am26.Fe-
bruar südlich Kol-
no deren 1100
und am nächsten
Tagenordwestlich
Grodno 1800.
Bei diesen An
griffen erlittendie
Truppen des bei
Tannenbergschon
einmal nahezu
vernichteten, in
zwischen neu auf
gefüllten 15. Ar
meekorps, die in
unbeholfenen
dichten Angriffs
kolonnen vorgin
gen, die schwersten
Verluste. Es lag nicht in der Absicht der deutschen Führung,
dicht vor der mit Beton ausgebauten Bobrlinie und den
Forts von Grodno sich festzulegen und eine Aufstellung bei
zubehalten, die dem Feinde eine offene linke Flanke bot,
sondern es war in Aussicht genommen, sobald wie irgend
möglich die Bewegungsfreiheit zurückzugewinnen. Vorher
galt es jedoch, die ungeheure Beute zu bergen, die allent
halben im Forst von Augustow zerstreut lag. Sobald diese
Arbeiten einigermaßen beendet waren, leiteten die deutschen
Truppen jene Bewegungen ein, die zu der beabsichtigten
neuen Gruppierung führten. Der rechte Flügel nahm in
der Gegend von Augustow inzwischen vorbereitete Stel
lungen ein, weitere Kräfte wurden an geeigneten anderen
Punkten versammelt.
Planmäßig wurden zunächst alle deutschen Verwundeten
einschließlich der Schwerverwundeten zurückgeschafft. Auch
wurden Kolonnen, Trains, Fahrzeuge aller Art so recht
zeitig zurückgesandt, daß sich der Rückmarsch der Truppen
trotz vereister Wege glatt vollzog. Dem Feinde blieben die
deutschen Bewegungen so völlig verborgen, daß er am Vor
mittag des auf unseren Abzug folgenden Tages sogar die
ehemaligen deutschen Stellungen genau wie an früheren
Phot. R. Sennecke, Berlin.
hervorgeholte Russen werden abgeführt.
Hofphot. Kühlewindt, Königsberg i. Pr.
Deutsche Truppen auf dem Schlachtfeld bei Berzniki, südlich von Seiny, besichtigen erbeutete Maschinengewehre.