Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 3934/i5. 
Foto: Vereemgde Fotobureaux, Amsterdam. 
Französische Artillerie irn Gefecht. 
licher Spannung genau die geflüsterten Bemerkungen über 
Besonderheiten des Weges erfassend, auf die der Begleit 
offizier sie nach der von der Taschenlampe beleuchteten 
genauen Karte aufmerksam machte. 
Vorauf flitzte das Fahrzeug des Oberleutnants V., 
in seinem Kiel ratterte der Wagen des Oberleutnants v. K. 
Oberleutnant B. sah nach seiner Taschenuhr. Er über 
legte, berechnete. In wenigen Minuten mutzten sie am 
Ziel sein. Er gab denr zweiten Auto einen blitzschnellen 
Achtungswink mit der Taschenlaterne. 
Nun wuchsen die Spannung und der Tatwille aller ins 
Unermeßliche. Revolver und Gewehre wurden entsichert, 
die Sprengkörper zurechtgelegt. Jetzt, jetzt, im nächsten 
Augenblick mutzte sich das Schicksal dieser Fahrt, das Schick 
sal einer Minute im Leben des Vaterlandes, erfüllen. 
Jetzt tauchten die Umrisse des Bahnkörpers arif. Ver- 
abredungsgemätz ging es nun wieder mit der grötzten Ge 
schwindigkeit. „Achtung! Festhalten!" pretzten die Führer 
warnend heraus. Im nächsten Augenblick standen die Wagen 
mit einem Ruck. Die Männer schwangen sich hinaus. Die 
zum Kampf bestimmten Mannschaften stürzten sich auf die 
Brückenwache, um sie zu überrumpeln. Unterdes legten 
andere die gefährlichen Sprengkörper. Mit Ruhe, mit 
grötzter Besonnenheit gingen sie zu Werke. Mochten die 
Oberleutnant v. K. schiebt sich die Brieftasche des Freundes 
unter den Mantel. Traurig, tieftraurig über den schmerz 
lichen Verlust, doch mit fast frohem Stolz, den Angehörigen 
die Meldung von einem ehrenvollen Soldatentod machen 
zu können. — Ein Auto mutz zurückbleiben. Es wird zer 
stört. Das andere zieht an, windet sich hin und her und 
schlügt den Heimweg ein. 
In diesem Augenblick bebt die Erde. Der Hall, der 
Donnerhall von der furchtbaren Erplosion zerreitzt die Stille 
der Nacht. Pfeifend und zischend fliegen Steine und Erde 
über die Köpfe der Fahrenden hinweg. Sie achten nicht 
darauf. All ihre Aufmerksamkeit ist auf den Weg gerichtet, 
auf die Gefahren, die auf sie lauern müssen. Der Kampf 
lärm und die Erplosion müssen ja den schläfrigsten Feind 
hellwach geinacht haben. 
Die Deutschen eilen auf einer anderen Landstraße zurück. 
Es nützt ihnen nichts, sie werden bemerkt. Englische Reiter 
harren weit voraus auf das deutsche Auto. Sie können es 
in dem klaren Morgen nach der Mondnacht näher und näher 
kommen sehen. Oberleutnant v. K. überlegt einen Augen 
blick, was zu tun ist. Im Nu weiß er, daß es ein Zurück nicht 
geben kann. Doch er hat wieder Glück. Die Engländer sind 
nicht auf der Straße, die die Deutschen fahren müssen, sie 
sind auf einem Nebenwege. Und ein von vielen Gräben 
anderen kämpfen. Mochten sie fallen. Mochte der Feind 
im nächsten Augenblick sich auf die emsig Arbeitenden stürzen. 
Wer dachte daran! 
Das Glück war ihnen hold. Zurück zu den Autos. Nun 
kann der General die Augen beruhigt schließen zum nerven 
stärkenden Schlaf. Seine Menschenwerkzeuge haben die 
Aufgabe, die das Vaterland ihnen stellen mutzte, wie die 
pünktlichsten, genauesten Maschinen erfüllt. Nun dürfen 
die Männer nur an sich, ganz allein an ihre eigene Sicher 
heit, an ihre eigene Rettung denken. Heiß und blutig 
war der Kampf mit der starken Brückenwache. Schweigend, 
wie taube, stumme, leblose, ins Stürzen geratene Dinge 
warfen sich die Leiber der Kämpfenden gegeneinander und 
durcheinander, und das Hallen der Schüsse, das Klirren der 
Handwaffen, das Stöhnen Verwundeter und das Seufzen 
Sterbender unterbrach nur sekundenlang die nächtliche Stille. 
Plötzlich war die Nacht vollständig ruhig. Eiue friedliche 
Mondscheinnacht. Dann kam Bewegung in die Gruppe 
der dunklen, geduckten, liegenden Gestalten. Drei Mann 
lösten sich von den düsteren Massen los und hasteten zu den 
Autos. Noch einer hier und da noch einer humpelt und 
schleppt sich hinterher. Die heil gebliebenen Kameraden 
haben mit ein paar Griffen das Auto abfahrtfertig gemacht 
und laufen zurück, den Verletzten zu helfen. Traurig schauen 
sie nach den Opfern des Kampfes. Sie müssen liegen 
bleiben. Auch Oberleutnant B. ist unter den Gefallenen. 
durchschnittenes Gelände liegt zwischen den beiden Straßen. 
Zwei Möglichkeiten gibt es für die Feinde. Sie können ver 
suchen, von ihrem Haltepunkt aus die Leute im Auto weg 
zuknallen; eher aber können sie zum Ziel kommen, wenn 
sie dem Auto, trotz des ungünstigen Geländes, den Weg 
abzuschneiden suchen. 
Nun beginnt ein Rennen auf Leben und Tod. Die 
Gäule werden herumgerissen und auf die breite Landstraße 
zu gerichtet. Sie stutzen. Dann treibt sie der wühlende 
Schmerz der scharfen Sporen in den Flanken vorwärts. 
Da stürzt ein Pferd. Andere purzeln mit ihren Reitern 
darüber weg. Aber doch nähert sich der Haupttrupp der 
Landstraße, auf der das kleine graue Auto wie ein Gespenst 
heranbraust. Die Reiter brechen in wütende Schreie aus. 
Nur fünfzig, nur dreißig, nur zwanzig Meter noch sind sie 
von der Landstraße entfernt. Wenn das Auto nun doch 
entwischte! Da flitzt es auch schon vorbei. Wild stürmen 
die Reiter hinterher, die Pferde 311 der äußersten Kraft 
leistung anspornend. 
In dem Auto blinken Gewehrlüufe auf, Feuerzungen 
flammen blitzend rot durch den aufgewühlten Staub. 
Sausend und pfeifend fahren Geschosse über die Köpfe 
der Reiter dahin. Die Pferde spitzen angstvoll die Ohren 
und wiehern vor Schreck. Langsamer Hallen die Schüsse. 
Genau gezielt. Da wird das erste Pferd rsiterlos, ein 
anderer Reiter, mehrere Reiter werden getroffen. Menschen
	        
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