Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
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Eine MiliLärbäckerei bei Soissons. 
nach. Der Arm schmerzt mich vom 
Repetieren. Nun ertönt ein gellen 
des Hornsignal: „Sturm!" Ein schal 
lendes Hurra durchdröhnt die Wild 
nis — und fort geht's. Ich war 
bei einer schwachen Buche angelangt, 
an die ich mich schußbereit lehne, 
als mich eine feindliche Kugel er 
reicht. Mein Eewehrfchaft wird zer 
splittert, und die Kugel trifft meinen 
Kopf am rechten Ohr. In quälen 
dem Schmerz schreie ich nach der 
Sanität. Unser Fähnrich hört mich 
und zeigt mir den Rückweg. Lang 
sam torkle ich im Kugelregen den 
Abhang hinunter, fortwährend nach 
der Sanität rufend. Durch Zufall 
gelange ich zu einem Verbandplatz. 
Nachdem mein schmerzender Kopf 
eingewickelt war, wurde mir ge 
raten, mit einem Eefangenenzug zu 
gehen. 
Die gefangenen Russen gaben mir 
echt französischen Kognak und Zucker 
und halfen mir, daß ich mit fortkam. 
Zeitweilig, bei Schwächeanfällen, 
trugen sie mich sogar! 
eine Ubungsreise und kam dabei auch zu den Haubitzen- 
und Gebirgsartillerie ständen. Bei der Feldküche der 
Artillerie wurde gerade ein mächtiger Ochse abgestochen. 
Ich fing mit meiner Eßschale etwas Blut ab, rührte es 
fleißig, gab dann einige Brot- und Speckbrocken nebst Salz 
hinein, kochte es auf und die Blutwurst war fertig. 
Das Schneegestöber machte eine Pause, und es blickten 
sogar einige Sonnenstrahlen durch. Zu unseren Ständen zu 
rückgekehrt, fand ich alles lebendig. Alarm wurde geblasen, 
Vergatterung kommandiert, und schnell ging es in die 
endlose Wildnis hinein. Rach etwa 500 Schritten wurde 
„Bajonett auf!" kommandiert, und bei dichtem Schnee 
gestöber standen wir bis zur Dunkelheit in Eefechtstellung. 
Sprechen und Rauchen war verboten. Endlich hieß es: 
„Kompanie an die Spitze!" Und nun setzten wir uns in Be 
wegung. Langsam keuchten wir vorwärts. Der Nachfolgende 
stapfte immer in das Schneeloch seines Vordermannes. 
Der Weg wird immer schlimmer: an Deckungen, Gräben, 
Gefallenen vorbei. Gegen elf Uhr nachts stockt der Vor 
marsch. Bis über die Hüften stecken wir im Schnee, und vor 
Kälte zitternd legen sich viele hinein. Feierliche Ruhe! 
Neben mir ruft einer: „Martin, wird der Fuß wirklich 
abgenommen, wenn er erfroren ist? Tut das auch weh?" 
Ich brachte keine Antwort heraus, und mit aller Gewalt 
schlug ich die Füße aneinander. Gegen 
drei Uhr früh geht es weiter. Müh 
sam, wie Gespenster, krochen wir 
voraus. Ein scharfes Kommando: 
„Kompanie Schwarmlinie, Plänkler 
abstand !" Aber kaum daß wir einige 
Schritte weiter sind, stecken wir wie 
der bis zu den Hüften im Schnee. 
Jetzt geht es durch einen Bach und 
dann steil hinauf auf die Anhöhe. 
Ein Laufgraben kommt uns in den 
Weg. Darin liegen ungarische Sol 
daten und schlafen; einzelne drehen 
sich auf die andere Seite und schlafen 
weiter — bei 27 Grad Kälte! Wir 
übersteigen den Graben, und hinauf 
geht es auf die Höhe. Ein Kom 
mando ertönt: „In Deckung! Ruhe! 
Vorsicht! Linker Flügel einschwen 
ken!" 
Ich sinke ermattet hinter einem 
Baumriesen in den Schnee. Wir 
bekommen lebhaftes Feuer. Kom 
mando: „Schießen, Aufsatz normal, 
Gegner vor uns!" Wir empfingen 
den Feind mit einem mörderischen 
Feuer. „Feuer einstellen!" Wir rufen 
das Kommando aus Leibeskräften 
Die Brot- und Fleischver^orgung unserer 
Krieger. 
(Hierzu die Bilder Seite 260 und 231.) 
Besonders zu Anfang des Krieges, in der Zeit der Be 
wegungskämpfe, konnte man in den Feldpostbriefen öfter 
lesen: „Fleisch hätten wir ja in Hülle und Fülle, aber Brot! 
Bei den täglichen Gewaltmärschen kann es nicht rasch ge 
nug nachgeschafft werden, und so ist es zwischen den über 
reichlichen Fleischgerichten ein wahrer Leckerbissen!" In 
der Tat verursacht ja auch reine Fleischkost sehr bald schon 
Magenverstimmungen, und damit schwindet leicht auch der 
Humor, der beste Freund und Helfer unserer Krieger bei 
Erfüllung ihrer harten und schweren Pflicht. Als der Krieg 
dann auf dem größten Teil der Fronten in Stellungskamps 
übergegangen war, litt auch die Brotversorgung der Armeen 
nicht mehr, sie spielt sich vielmehr vollkommen glatt ab. 
Wo man draußen Backöfen fand, wurden sie dem Heere 
dienstbar gemacht; Landsturm und ältere Landwehrleute 
zumeist regen unermüdlich die Hände für die Kameraden 
vor dem Feind. Bekannt sind unsere leistungsfähigen fahr 
baren Feldbäckereien. Aber auch in der Heimat wird Sol 
datenbrot in Mengen hergestellt, besonders für die Marine. 
Um diese stets ausreichend damit zu versehen, hat die Heeres- 
Kommißbrotvorräte in einer MiliLärbäiLerei,
	        
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