Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
ist Rußland angewiesen. Die große „gemeinsame" Anleihe 
des Dreiverbandes mißlang. An inneren Anleihen hat Ruß 
land bestenfalls 500 Millionen Rubel aufgebracht, denen 
weitere 500 Millionen folgen sollen; die Darlehen der Bun 
desgenossen dienten ausschließlich der Bezahlung von Zins- 
scheinen und Kriegslieferungen sowie der Stützung des 
Rubelkurses. 6—7 Milliarden (bis zum 1. April) ent 
stammen auch hier der Notenpresse. 
So die Beschaffungsmittel. Wie hoch aber sind die 
solcherweise geschuldeten Summen? Von jeher hat der 
Krieg Geldwerte in Bewegung gesetzt, die in Friedenszeiten 
unfaßbar schienen. Aus den frühen Tagen der Geld 
wirtschaft haben 
wir keine unmit 
telbaren Angaben 
über Kriegskosten; 
wohl aber einen 
Anhalt an den 
Summen, die als 
Tribut oder Kriegs 
entschädigung ge 
fordert wurden. 
Athen besaß (und 
verbrauchte) zur 
Zeit des Pelopon- 
nesischen Krieges 
einen Kriegschatz 
von 6000 Talenten 
oder 30 Millionen 
Mark. Nach dem 
ersten Panischen 
Kriege nahm Rom 
den Karthagern 
3200 Talente ab 
(16 Millionen 
Mark). Nach dem 
zweiten Panischen 
Krieg erzwangen 
die Sieger einen 
Tribut von 10 000 
Talenten (60 Mil 
lionen Mark), zahlbar in 50 Jahresraten. Die größte aus 
dem Altertum überlieferte Kriegsentschädigung ist wohl die 
von Antiochus von Syrien den Römern gezahlte: 16 000 Ta 
lente oder 75 Millionen Mark. Zu berücksichtigen ist bei all 
diesen Beträgen, daß sie, entsprechend der damals weit 
höheren Kaufkraft des Geldes, bei der Übertragung auf 
heutige Verhältnisse mindestens verfünffacht werden müssen. 
Im Lauf des Dreißigjährigen Krieges erscheint nur 
einmal eine genau bestimmbare größere Geldsumme: die 
5 Millionen Reichstaler, die nach dem Westfälischen Frieden 
an Schweden gezahlt wurden. Die riesenhafte Steigerung 
der Kriegskosten beginnt etwa mit dem Siebenjährigen 
Kriege. Damals brachte der geldarme Preußenstaat, aller 
dings mit auswärtiger Hilfe und mit Erhebung gewaltiger 
Kontributionen, in 6V a Jahren 140 Millionen Taler auf: 
jeder Kriegstag kostete 170 000 Mark, nach heutigem Geld 
wert etwa so viel wie 400 000. Die Napoleonischen Kriege 
verursachten Preußen einen mittelbaren und unmittelbaren 
Verlust von wenigstens 800 Millionen Mark. 700 Mil 
lionen Franken mußte Frankreich im Jahre 1815 als Kriegs 
entschädigung hergeben. Diese Summen aber verschwinden 
neben den von England aufgebrachten Beträgen, bas, da 
mals ein Staat von 9—10 Millionen Einwohnern, in den 
Jahren 1792—1815 die Kriegführung gegen das revolutio 
näre und kaiserliche Frankreich mit I6V2 Milliarden be 
zahlte ! Der Krimkrieg kostete die Engländer 1% Mil 
liarden Mark, die Kriege des zweiten französischen Kaiser 
reichs (vor 1870) verschlangen eine Gesamtsumme von 
11 Milliarden Franken. Der Krieg von 1870/71 verursachte 
auf deutscher Seite eine Ausgabe von IV2 Milliarden Mark, 
das sind etwa 6 Millionen Tageskosten. Der Burenkrieg 
kostete 4Vs Milliarden, der mandschurische Krieg bedeutete 
für die Russen eine Gesamtausgabe ron 6V2 Milliarden. 
Inden beiden Bal 
kankriegen schließ 
lich mögen alle be 
teiligten Staaten 
zusammen etwa 
2 Milliarden aus 
gegeben haben. 
Der gegenwär 
tige Krieg hat alle 
diese Ziffern ins 
Maßlose vergrö 
ßert. Allein bis 
Neujahr dürften 
die Kriegführenden 
zusammen 26 Mil 
liarden ausgegeben 
haben. Gegenwär 
tig kostet jeder 
Kriegstag die Eng 
länder annähernd 
40 Millionen Mark, 
die Franzosen min 
destens 30, die Rus 
sen wohl 45 Millio 
nen. Das Deutsche 
Reich rechnete in 
den ersten Kriegs 
monaten mit 35 
Millionen Tages 
kosten; unterdessen wird dieser Betrag sich aber gesteigert 
haben. Insgesamt geben die kriegführenden Mächte jetzt min 
destens 200 Millionen täglich aus. Am raschesten steigerten 
sich die finanziellen Anforderungen des Krieges für England: 
fordert doch sein Schatzkanzler für die ersten 100 Tage des 
neuen Etatsjahres nicht weniger als 6V a Milliarden Mark 
oder, einschließlich der mittelbaren Kosten und der Dar 
lehen an die kleinen Bundesgenossen, 55 Millionen täglich. 
Bis zum 1. April haben die Großmächte mindestens 40 Mil 
liarden ausgegeben, bis zum 1. August (das heißt bei ein 
jähriger Dauer des Krieges) würden 70 Milliarden auf 
gebraucht sein. Etwa 6 Milliarden sind als normaler 
Heeresbedarf zurückzurechnen; dafür kommen aber wohl 
15 Milliarden für Ersatz zerstörten Sachgutes und weitere 
Milliarden an Wiederherstellungskosten des Kriegsmaterials 
hinzu. Berechnet man, daß außerdem die beteiligten Staaten 
zusammen vielleicht 1000 Millionen jährlich an Renten für 
Hinterbliebene und Kriegsverletzte werden zu zahlen haben, 
so ergibt sich als finanzielle Wirkung des Krieges eine jähr 
liche Mehrbelastung allein der europäischen Großmächte 
um wenigstens 5 Milliarden. 
Phot. Gebr. Haeckel, Berlin. 
Vom österreichisch-ungarischen Kriegschauplaß: Not macht erfinderisch. 
Ein Auto, das durch eine Granate beschädigt wurde, wird durch eine einfache Verbindung mit einem 
anderen Wagen wieder gebrauchsfähig gemacht. 
Nachruf einer Mutter, 
ihrem Sohne geweiht, der als Soldat des 3. Garderegiments zu Fuß am 17. Januar 1915 in Frankreich fiel. 
Mein Junge siel in der Schlacht 
In feiner Jugend Reinheit und Pracht. 
Die Kugel hat ihm die Stirn zerschnitten. 
Dann hat er noch zwei Tage gelitten. 
Bis sie ihn haben 
In fremder Erde begraben. 
Sein Mut ist so kostbar, so gut und treu. 
Das macht gewiß Deutschland von Feinden frei. 
Das muß dem Siege zugute kommen — 
Aber mir hat's meinen Jungen genommen. 
Warte, mein Junge, ich komme bald 
Zu dir in den heiligen Todeswald, 
Wo Eichen zu euren Häupten stehn. 
Wo Winde um Fahnentücher wehn. 
Dort leg' ich mich zu dir hin. 
Weil ich, mein Kind, deine Mutter bin. 
Dann erzählst du mir leise von deiner Schlacht, 
Und wie tapfer du deine Sache gemacht. 
Martha Martius.
	        
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