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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
nichtend geschlagen. Nur Reste können in die Wälder
östlich von SuWalki und von Augustow entkommen sein,
wo ihnen die Verfolger auf den Fersen sind. Die blutigen
Verluste des Feindes sind sehr stark. Die Zahl der Ge
fangenen steht noch nicht fest, beträgt aber sicherlich weit
über 50 000. Mehr als 40 Geschütze und 60 Maschinengewehre
sind genommen, unübersehbares Kriegsmaterial ist erbeutet.
Seine Majestät der Kaiser wohnte den entscheidenden
Gefechten in der Mitte unserer Schlachtlinie bei. Der Sieg
wurde durch Teile der alten Osttruppen und durch junge,
für diese Aufgabe herangeführte Verbände, die sich der
altbewährten Kameraden ebenbürtig erwiesen haben, er
rungen. Die Leistungen der Truppen bei Überwindung
widrigster Witterungs- und Wegeverhältnisse im Tag und
Nacht fortgesetzten Marsch und Gefecht gegen einen zähen
Gegner sind über jedes Lob erhaben.
Eeneralfeldmarschall v. Hindenburg leitete die Ope
rationen, die von Generaloberst v. Eichhorn und General
der Infanterie v. Below (siehe die Bilder Seite 188) in
glänzender Weise durchgeführt wurden, mit alter Meister
schaft. Oberste Heeresleitung.
Es dauerte dann noch mehrere Tage, bis sich der Ee-
samtumfang unserer Beute endgültig feststellen ließ. Erst
am 22. Februar konnte aus dem Großen Hauptquartier
berichtet werden:
rechts der Weichsel die untere Skrwa überschreiten und in
Richtung Racionz vorrücken. Hier entwickelten sich an den
folgenden Tagen hartnäckige Kämpfe, in deren Verlauf
wir am 14. Februar Racionz besetzten und neben zahl
reichen Gefangenen 6 Geschütze eroberten. Ferner besetzten
wir nach kurzem Kampfe am 15. Februar Bielsk und
Plock, wobei etwa 1000 Gefangene in unsere Hände fielen.
Auf der Linie Plock—Racionz lernt es zu einem blutigen
Ringen, das am 17. Februar zu unseren Gunsten ent
schieden wurde und 3000 Gefangene einbrachte. Eine von
Lomza nach Kolno vorgegangene russische Kolonne wurde
am 16. Februar geschlagen und hierbei 700 Gefangene ge
macht sowie 6 Maschinengewehre erbeutet.
Am 16. Februar abends gab unsere Oberste Heeres
leitung folgende zusammenfassende Darstellung all dieser
Kämpfe:
In der neuntägigen „Winterschlacht in Masuren" wurde
die russische 10. Armee, die aus mindestens 11 Jnfanterie-
und mehreren Kavalleriedivisionen bestand, nicht nur aus
ihren starkverschanzten Stellungen östlich der masurischen
Seenplatte vertrieben, sondern auch über die Grenze ge
worfen und schließlich in nahezu völliger Einkreisung ver-
Die Verfolgung nach der Winterschlacht in Masuren
ist beendet. Bei der Säuberung der Wälder nordwestlich
von Erodno und bei den in den letzten Tagen gemeldeten
Gefechten im Bobr- und Narewgebiet wurden bisher
1 kommandierender General, 2 Divisionskommandeure,
4 andere Generale und annähernd 40 000 Mann gefangen,
75 Geschütze, eine noch nicht festgestellte Anzahl von Ma
schinengewehren nebst viel sonstigem Kriegsgerät erbetu f.
Die Eesamtbeute aus der Winterschlacht in Masuren
steigt damit bis heute auf 7 Generale, über 100 000 Mann,
über 150 Geschütze und noch nicht annähernd übersehbares
Gerät aller Art, einschließlich Maschinengewehre.
Schwere Geschütze und Munition wurden vom Feind
mehrfach vergraben oder in den Seen versenkt. So sind
gestern bei Lötzen und im Widminnensee 8 schwere Ge
schütze von uns ausgegraben oder aus dem Wasser ge
holt worden.
Die 10. russische Armee des Generals Baron Sievers
kann hiermit als völlig vernichtet angesehen werden. —
Am 21. Februar hatten ihre Reste im Augustower Forste
die Waffen gestreckt, nachdem alle Versuche des russischen
Armeeführers, Generals Sievers, mit den ihm verbliebenen
Hofphot. Kühlewindt, Königsberg i. P.
Brotausgabe an 15000 russische Gefangene, die vor dem Bahnhof in Augustow ihre Überführung nach Deutschland erwarten.
über den Bobr und nach Erodno entkommenen Armee-
teilen die eingekesselten vier Divisionen herauszuhauen,
unter schwersten Verlusten gescheitert waren. Der Wald
von Augustow barg nun eine ungeheure Beute. Sie zu
sichern war keine Kleinigkeit, da die deutsche Truppe auch
in den auf die Übergabe folgenden Tagen eine Anzahl
russischer Angriffe abzuwehren hatte, die von frischen feind
lichen Truppen aus der Festung Erodno heraus und über
den Bobr hinweg geführt wurden. Trotzdem trafen schon
vom 23. Februar an die ersten erbeuteten Geschütze in
Suwalki und Augustow ein, deren Zahl sich von Tag zu
Tag vermehrte, so daß hier große Parke von je 80—100 Ge
schützen jeden Kalibers entstanden. Längere Zeit bean
spruchte die Bergung der übrigen Beute. Da lagen un
geheure Mengen in dem Waldgebiete östlich von Augustow
bis hinauf nach Makakze. Auf der großen Straße nach
Grodno zwischen Augustow und Lipszk waren allein etwa
50 vollgefüllte russische Munitionswagen stehen geblieben.
Auch der Weg über Czarnybrod—Rudafka—Supotzkin
zeigte auf Schritt und Tritt die Spuren des russischen
Rückzuges. Nahe diesen beiden Straßen begegnet man
im Forste überall flüchtig aufgeworfenen russischen Schützen
gräben und Schützenlöchern sowie notdürftig errichteten
Erdhütten oder Erdlöchern. Schier unermeßlich wurde die
Beute in dem Erodno zugelegenen südöstlichsten Teil des