Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16.
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Hochebene von Craonne. Auch über diesen Kampf be
richteten wir bereits auf Seite 160 und bringen hier
unten noch das Porträt des Generals v. der Planitz, der
sich neben den Generalen d'Elsa und v. Gersdorff als Füh
rer der sächsischen Truppen auszeichnete.
Südöstlich von St.-Mihiel nahmen unsere Truppen am
26. einen gegnerischen Stützpunkt. Am darauffolgenden
Tage wurden in der Gegend Senones und Ban-de-Sapt
mehrere französische Angriffe unter erheblichen feindlichen
Verlusten abgeschlagen, wobei 1 Offizier und 60 Mann ge
fangen genommen wurden.
Einen weiteren schönen, mit nicht unbedeutendem Ge-
lündegewinn verknüpften Erfolg hatten wir am 29. Januar
in den Westargonnen. Aus dem Großen Hauptquartier
wurde hierüber folgendes berichtet:
Als das 2. französische Armeekorps, erschüttert durch
die bisherigen Kümpfe, aus dem Walde herausgezogen
werden mußte, wurde es durch das 32. Armeekorps ersetzt.
Gegen diese „frische" Truppe richtete sich am 29. Januar
ein größerer deutscher Angriff, der von württembergi-
schen Regimentern durchgeführt
wurde.
Ruhig lag der Wald am
Morgen des für den Angriff
ausersehenen Tages. Rur ein
zelne Schüsse hallten da und
dort durch die Nacht und ent
fachten ein örtliches, sogleich
wieder einschlafendes Feuer
gefecht. Lautlos traf die deutsche
Infanterie ihre letzten Vorbe
reitungen. Um sieben Uhr
dreißig Minuten morgens, zu
einer Stunde, da es im Walde
anfing hell zu werden, sprangen
die ersten Minen, und die Nah
kampfgeschütze traten in Tätig
keit. Noch hatte sich der durch
die Sprengungen erzeugte
Rauch nicht verzogen, als sich
auf einer Linie von 3 Kilo
metern gleichzeitig die Angreifer
aus ihren Deckungen erhoben
und gegen die vorderste Reihe
der französischen Schützen
gräben losstürzten, die in drei
facher Linie im Walde angelegt
waren.
Der rechte Flügel des An
griffs hatte sumpfiges Gelände
vor sich, man war daher hier
auf Schwierigkeiten gefaßt.
Aber ohne einen Schuß zu tun,
kamen hier die Angreifer in
die feindlichen Stellungen, in
deren zweiter Linie ein fran
zösischer Bataillonskommandeur überrascht und gefangen
genommen wurde, als er gerade aus seinem Unterstände
heraustreten wollte. In der Mitte stürmte die Infan
terie im Handumdrehen die drei feindlichen Linien. Eine
halbe Stunde lang trafen Teile der deutschen Sturm
kolonnen keinen einzigen Franzosen mehr; sie waren weg
gelaufen und setzten sich erst wieder in einer weit zurück-
gelegenen wohlausgebauten Aufnahmestellung fest. An
einer anderen Stelle, wo der Feind sich weniger erschüttert
zeigte, ballten sich die Angreifer um einen Stützpunkt zu
sammen, der erst nach mehrstündigem Kampfe genommen
wurde. Am linken Flügel endlich warfen die württem-
bergischen Grenadiere den Feind, dem sie mit Handgrana
ten ordentlich zusetzten, aus seinen Grüben.
Die sämtlichen drei Linien waren bereits genommen,
als die Franzosen mit ihren inzwischen herangekommenen
Reserven zu heftigen Gegenstößen ansetzten, um das ver
lorene Gelände wiederzugewinnen. In Front und Flanke
aufs heftigste beschossen, brachen diese Angriffe, die zudem
aus einem benachbarten deutschen Abschnitte unter Ma
schinengewehrfeuer genommen wurden, völlig zusammen.
Nirgends war der Angriff näher als auf 60 Meter an die
deutschen Linien herangekommen. Massen toter Franzosen
bedeckten das Waldtal, über das hinweg die Gegenangriffe
erfolgt waren. Die Franzosen waren nicht einmal im
stande, einen deutschen Leutnant, der mit 80 Mann weit
über die eroberten Stellungen hinausgestürmt und bis
zur erwähnten Ausnahmestellung vorgedrungen war, ab
zuschneiden. Von zwei Seiten angegriffen, brach sich der
selbe durch energischen Bajonettangriff Bahn und schlug
sich unter geringem Verlust zu seiner Truppe durch.
Das Ergebnis des Tages war, daß die feindliche Stel
lung mit allen drei Linien erstürmt und 1000 Meter Ge
lände gewonnen war. 12 Offiziere und 740 Mann würden
gefangen genommen, über 1000 tote Franzosen bedeckten
das Schlachtfeld. Die Kriegsbeute setzte sich aus 11 Ma
schinengewehren, 10 Minenwerfern, 1 Bronzemörser, 1 Re
volverkanone und 2 Pionierparks zusammen, die neben
dem verschiedensten Gerät allein mehrere tausend Hand
granaten enthielten. Außerdem fiel eine große Menge
von Jnfanteriemunition in die Hand des Siegers. Die
französischen Truppen gehörten der 40. Division an. Von
dem Regiment Nr. 155 und einem Bataillon des Regi
ments Nr. 161, die in vorderer Linie gestanden hatten,
dürften nur schwache Reste
übrig geblieben sein. Beteiligt
waren ferner die Regimenter
Nr. 94, 160 und 360. Die
deutschen Verluste betrugen
500 Mann.
Unsere schwäbischen Trup
pen waren wunderbar „drauf"
gegangen, trotz des vorange
gangenen langen Liegens und
Harrens in den Schützengräben.
Welcher Geist diese Truppe be
seelte, das wird am besten durch
das Verhalten des Oberleut
nants Fischinger vom Regiment
Kaiser Wilhelm Nr. 120 bewie
sen. Dieser Offizier war be
reits zweimal verwundet wor
den. Nach einem Lungenschuß
im Dezember zur Truppe zu
rückgekehrt, traf ihn ein Granat
splitter in den Rücken. Diese
leichtere Verletzung wollte er
im Schützengraben „auskurie
ren". Als sich Rippenfellent
zündung einstellte, kam er ins
Lazarett. Dort erfuhr er am
Abend des 28., daß am nächsten
Tage gestürmt werden sollte.
Nun hielt es ihn nicht länger
in der Krankenstube. Er setzte
sich auf ein Pferd von einer im
Lazarettorte befindlichen Fuhr
parkkolonne, ritt nächtlicher
weile los, traf um vier Uhr
morgens, nachdem er 20 Kilo
meter zu Pferde zurückgelegt hatte, im Schützengraben ein
und übernahm hier seine Kompanie. Nachdem er diese
mit hervorragendem Schneid und Erfolg geführt und zum
Gelingen des Sturmes nicht wenig beigetragen hatte,, kehrte
er wieder ins Lazarett zurück. —
In der Nacht zum 30. Januar unternahmen die Fran
zosen südöstlich von Verdun verschiedene Versuche, uns zu
vertreiben; doch wurden sie überall unter schweren Ver
lusten zurückgeschlagen. —
Auch in den Vogesen spielten sich im Jmmar teilweise
erbitterte Kämpfe ab. Zwischen dem 27. Dezember und
8. Januar wurde um den Besitz der Höhe 425, westlich von
Sennheim, Tag für Tag heftig gekämpft. Der Gegner
kam jedoch über diese Höhe nicht hinaus. Dagegen gelang
es den Unsrigen, Gelände zu gewinnen. Auch bei Ober-
Burnhaupt blieb der Feind im Nachteil.
Bis Ende Dezember hatten sich auf dem in 956 Meter
Höhe, fast 700 Meter über dem Rheintale gelegenen, dicht
bewaldeten Hartmannsweiler Kopf, einem beliebten,
geologisch und botanisch interessanten Ausflugsort, nur
deutsche und französische Wachen befunden, die einander
beobachtend gegenüberlagen. Wir hielten den östlichen,
der Gegner den westlichen Teil des Kopfes besetzt. In
zwischen hatten die Franzosen eine Reihe von Alpenjäger-