Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Dorna—Watra der Bukowinaer Lokalbahnen. Arn folgen 
den Tage erreichten österreichisch-ungarische Kolonnen das 
obere Suczawatal und machten hier 400 Mann zu Ge 
fangenen. Am 9. Februar rückten k. u. k. Vortruppen und 
Honvedhusaren in der Stadt Suczawa ein. Die Begeiste 
rung der Bevölkerung war ungeheuer. Die Soldaten 
wurden auf der Straße von den Leuten umarmt und geküßt. 
Am 11. Februar hatten die Unsrigen unter täglichen Ge 
fechten die Serethlinie erreicht. Die Russen, die immer mehr 
zurückweichen mußten, hatten sehr unter Strapazen zu leiden. 
Am 15. Februar wurde die Serethlinie von den öster 
reichisch-ungarischen Truppen überschritten und die Russen 
unter fortwährenden Gefechten gegen den Pruth zurück 
gedrängt. Am 17. mußten sie hinter diesen Fluß zurück 
gehen, und endlich konnten die österreichisch-ungarischen 
Truppen Czernowitz wieder besetzen. Unter der Bevölkerung 
war die Freude unbeschreiblich. Eine besondere militärische 
Bedeutung hatte diese Besetzung der Hauptstadt dep Buko- 
nur die Karpathen, sondern den ungarischen Boden überhaupt 
geräumt hatten. Erst im März wurde bekannt, aus welchem 
Grunde die Russen die Karpathen überschritten hatten: sie 
wollten durch Ungarn hindurch den bedrängten Serben zu 
Hilfe eilen! Dieser Plan war also durch die bewunderungs 
würdigen Leistungen unserer Verbündeten vereitelt worden. 
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❖ 
Auf dem westlichen Kriegschauplah war der Beginn des 
neuen Jahres durch deutsche Artillerieerfolge in Flandern 
ausgezeichnet. So wurden am 1. Januar bei Rieuport sämt 
liche feindlichen Angriffe von unserer Artillerie abgeschlagen. 
Am 4. Januar sprengten unsere Truppen einen Schützen 
graben von 200 Meter Länge. Ferner wurden am 6. Januar 
nördlich von Arras unter heftigen Kämpfen einige feind 
liche Schützengräben erstürmt, um die auch in der Folge noch 
erbittert gerungen wurde. 
An den folgenden Tagen herrschte in Flandern un- 
Hofphot. Tellgmann, Kassel. Phot. E. Bieber, Berlin. 
General der Infanterie v. Below, Generaloberst v. Eichhorn, 
welche die von Generalfeldmarschall v. Hindenburg mit alter Meisterschaft geleiteten Operationen in der neuntägigen Winterschlacht in Masuren 
in glänzender Weise durchführten. 
tontet nicht, dagegen eine große politische. Die Russen hatten 
hier grauenhaft gehaust. Während ihrer dortigen Herrschaft 
sind nicht weniger als 142 Protokolle über Raub, schwere 
Verletzungen und Schändung aufgenommen worden, ohne 
ein Eingreifen der russischen Behörde zu bewirken. Auf Be 
schwerde wurde erklärt, man solle froh sein, daß überhaupt 
Protokolle aufgenommen würden. In der Stadt waren das 
Judenviertel, die Offizierswohnungen und die Villenvorstadt, 
in der viele Beamte wohnten, am meisten von schweren Aus 
schreitungen heimgesucht. In Sadagora und in Suczka, der 
Vorstadt nördlich des Pruth, wurden noch am Tage des Ab 
zuges, dem 17. Februar, Pogrome veranstaltet. (Siehe 
auch Seite 190.) 
Depeschen aus Petersburg berichteten, daß der russische 
Rückzug aus der Bukowina unter großen Entbehrungen er 
folge. Der Marsch gehe auf schmalen Saumpfaden, durch 
oft über einen Meier hohen Schnee vor sich, unter Ver 
folgung durch Tiroler Schützen, die aus Hinterhalten und 
von Höhen wohlgezielte Schüsse auf die unten marschierenden 
russischen Truppen abgäben. 
Der Erfolg der Februarkämpfe war, daß die Russen nicht 
günstiges Wetter. Andauernder wolkenbruchartiger Regen, 
begleitet von heftigen Gewittern und Stürmen, machte 
das Gelände immer mehr zu einem Sumpf, so daß die 
Kämpfe stark behindert wurden. Die Flüsse traten zum 
Teil über ihre Ufer, zum Beispiel die Lys bis zu 800 Meter 
Breite. Wiederholt versuchten die Franzosen uns aus 
unseren Stellungen in den Dünen bei Rieuport zu ver 
drängen, doch ohne Erfolg. Am 12. Januar mußten sie 
im heftigen Feuer unserer Artillerie einen Schützengraben 
bei Palingsbrug, einem Vorort von Rieuport, räumen. 
Auch bei La Bassse machte der Feind vergebliche An 
strengungen, uns zurückzudrängen. 
Mitte Januar ging der Gegner damit vor, Orte, die 
hinter unserer Front lagen, zu beschießen. Dabei wurden 
viele Einwohner getötet und großer Materialschaden an 
gerichtet. Unsere Truppen wurden nur in geringem Maße 
geschädigt. Von See her wurde am 13. Januar Westende- 
Bad beschossen, das bald einem Trümmerhaufen glich. 
An den beiden nächsten Tagen waren bei Ecuris, nördlich 
Arras, und bei Rotredame de Lorette, nordwestlich Arras, 
heftige Kämpfe im Gange. Bei Ecuris wurde uns ein
	        
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