Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
vierte Kompanie! Wo ist der Hauptmann?" „Hier." Ich 
erhalte einen Zettel, lege ihn in die Mütze, leuchte im 
Graben mit der Taschenlaterne hinein und lese: „Ängriffs- 
befehl." 
Also doch! „R.-J.-R. 17 und 21 greifen an. Der An 
griff beginnt zwei Uhr vormittags. 1/17 rechts. Brigade D. 
wird den Angriff rechts von 1/17 unterstützen. Hierzu stehen 
u n ein Uhr fünfzig morgens bereit..." und nun kamen die 
Befehle für die einzelnen Kompanien, nach der Karte ge 
geben. Die Geschichte stimmte aber nicht, denn die Reihen 
folge der Kompanien hatte sich im Laufe des nachmittägigen 
Gefechtes geändert. Ich sehe auf die Uhr. Es ist genau ein 
Uhr fünfzig; also ist eine Verschiebung nicht mehr möglich. 
Ist auch ganz gleich: jeder stürmt eben von seinem Platz 
aus. Der Chef der ersten Kompanie links von mir, mit 
dem ich mich rasch ins Benehmen setze, ist einverstanden. 
Ich lasse die Seitengewehre aufpflanzen und verkünde da 
mit meinen Leuten, daß es zum Sturm geht. Punkt zwei 
Uhr nachts eröffnen wir ein mörderisches Feuer. Mag 
der Feind auch seine Artillerie auf uns hetzen! Bis die 
kommt, sind wir nicht mehr da. Plötzlich sehe ich halb rechts 
drüben beim Gegner hoch in den Bäumen etwas blitzen. 
„Tambour," sage ich zu dem Mann neben mir, „sehen Sie 
mal ununterbrochen in diese Baumkronen hinein, ob nicht, 
wenn die Maschinengewehre zu feuern anfangen, dort etwas 
blitzt." Es dauert keine zwei Minuten, so ruft er: „Herr 
Hauptmann, jetzt Hammers; dö Ham wirkli a Maschinen- 
gwehr in de Bäum drobn!" War das eine Freude, daß 
man endlich dieses Maschinengewehr entdeckt hatte! Wir 
feuern drauf los, was Zeug hält, und müssen es herunter 
geschossen haben. Beim weiteren Vorgehen war aus dieser 
Richtung kein Maschinengewehr mehr hörbar. 
Nun aber war's Zeit geworden zum Vorgehen. 
„Stopfen! Die Kompanie tritt zum Sturm an, Anschluß 
links!" rufe ich. Mann für Mann tritt heraus, die ersten 
paar Meter im Schritt, und dann im Marsch-marsch! Doch 
schon haben die Gegner uns scharfäugig bemerkt; sie er 
kennen, daß wir stürmen wollen, daß jetzt also ein Kampf 
auf Leben und Tod kommen muß. Ein Kugelregen, wie 
ich ihn nie für möglich gehalten hätte, überschüttet uns. 
Schon liegen wir am Boden und, ohne daß ich ein Wort 
gesagt hatte, feuerte die ganze Kompanie. Nach etwa 
fünf Minuten lasse ich wieder abstopfen, denn wir können 
hier nicht liegen bleiben. „Vierte Kompanie Sprung auf! 
Marsch marsch!" Mann für Mann springen sie aus und 
laufen ihren Offizieren nach, als sei es eine Übung auf dem 
Eierzierplatz. Einen Lindauer Wehrkraftjungen, 17V- Jahre 
alt, habe ich besonders in der Erinnerung. Er sprach kein 
Wort und schrute nicht rechts noch links. Die Zähne auf 
einander gebissen, das Gewehr umklammert, stürmte der 
junge Held neben mir. Gebe Gott, daß er noch am Leben ist! 
Nun begann auch das Feuer aus der Flanke. Wir 
wußten, daß wir die ersten 150 Meter dnrch ein Gelände 
mußten, das von rechts her von vier Etagen feindlicher 
Schützengräben bestrichen war. Ich hatte noch nachts 
halb ein Uhr das gemeldet und um Artillerie gebeten. Die 
war aber nicht zur Verfügung. Dafür gab mir der Oberst 
unsere Maschinengewehre, die leider in der Dunkelheit, 
wie ich mich selbst überzeugte, nichts ausrichten konnten, 
obwohl ihr Führer, Leutnant H., uns so gerne geholfen 
hätte. Also durch diese 150 Meter durch, und zwar möglichst 
rasch! In etlichen Sprüngen sind sie erledigt unter ver 
hältnismäßig geringen Verlusten. Jetzt haben wir nur 
noch einen Gegner, die Schützen in den Gräben längs der 
Ortschaft. Die Verteilung der Rollen ist allerdings recht 
ungleichmäßig; jene eingegraben, so daß nur die Gewehr- 
läufe herausschauen, wirim Mondenschein aufrecht 1400 Meter 
zurücklegend. Wir kommen an einen Bauernhof, aus dem 
auf uns gefeuert wird. Wir überschütten ihn mit Geschossen 
und nehmen ihn im Sturm. Da schallt eine Stimme: 
„Anzünden, es wird noch herausgeschossen!" Ich halte das 
für einen Fehler und rufe laut: „Nicht anzünden, denn 
wir müssen weiter, und dann bildet der brennende Hof 
einen gefährlichen Hintergrund für uns!" Doch schon 
war's zu spät. Eine halbe Minute später ging der ganze 
Hof in Flammen auf. Ein unendliches Glück für uns war 
es, daß sich starker Rauch entwickelte, unter dessen Schutz 
wir soweit wie möglich vorgingen (siehe die Kunstbeilage). 
Nun begann die härteste Arbeit für uns. 
(Fortsetzung folgt.) 
Erzherzog Eugen, 
der neue Kommandant der österreichisch- 
ungarischen Balkanstreitkräfte. 
(Hierzu das Bild Seite 147.» 
Am 23. Dezember 1914 wurde der General der Ka 
vallerie, Erzherzog Eugen, als Nachfolger des in den 
Ruhestand versetzten Feldzeugmeisters Potiorek (siehe 
Band I Seite 418) zum Kommandanten der 5. Armee und 
zum Oberbefehlshaber über die österreichisch-ungarischen 
Balkanstreitkräfte ernannt. Es mag als glückverheißendes 
Omen betrachtet werden, daß nun zwei Enkel des Siegers 
von Aspern, des unvergeßlichen Erzherzogs Karl, des ersten 
Bezwingers Napoleons, an der Spitze der österreichisch- 
ungarischen Truppen stehen. Erzherzog Eugen ist der 
jüngere Bruder des Feldmarschalls Erzherzog Friedrich 
und der Königin-Witwe Christine von Spanien und wurde 
als Sohn des Erzherzogs Karl Ferdinand in Eroß-Seelowitz 
in Mähren am 21. Mai 1863 geboren. 
Der Erzherzog hat eine außerordentlich gründliche und 
vielseitige militärische Vorbildung erhalten. Er hat bei der 
Infanterie und Kavallerie als Subaltern- und als Stabs 
offizier gedient, hat die Kriegschule mit besonders gutem 
Erfolg durchgemacht, gehörte eine Zeitlang dem General 
stabskorps an, befehligte die 9. Jnfanterietruppenbrigade, 
später die 25. Jnfanterietruppendivision, und war zuletzt als 
Korpskommandant und Armeeinspektor in Innsbruck tätig. 
Seine hervorragenden strategischen Fähigkeiten hat 
Erzherzog Eugen bei mehreren großen Manövern gezeigt. 
1899 befehligte er bei den Herbstmanövern ein kombiniertes 
Korps, 1905 war er Übungsleiter bei den Kaisermanövern 
in Südtirol und wurde nach denselben durch ein besonders 
ehrenvolles und schmeichelhaftes Kaiserliches Handschreiben 
ausgezeichnet. 1909 stand er bei den Kaisermanövern von 
Eroß-Meseritsch, denen Kaiser Franz Joseph und Kaiser 
Wilhelm beiwohnten, an der Spitze der 4. Armee. 
Als Nachfolger seines Oheims, des 1894 verunglückten Erz 
herzogs Wilhelm,ist Erzherzog EugenHoch-und Deutschmeister 
und als solcher Inhaber des 4.Jnfanterieregiments, des überall 
so populären Wiener Hausregiments der „Deutschmeister". 
Nachdem Erzherzog Eugen von April 1900 bis Oktober 
1908 als Korpskommandant in Innsbruck so erfolgreich 
gewirkt hatte, daß der Kaiser sagen konnte: „Mit aller Be 
ruhigung weiß ich das 14. Korps unter Ihrer hingebungs 
vollen vorzüglichen Führung, unermüdlich fortschreitend zu 
jeder Kriegstüchtigkeit", wurde er zum Armeeiuspektor uud 
Landesverteidigungsoberkommandanten für Tirol und Vor 
arlberg ernannt. Vier Jahre später trat der Erzherzog 
mit Rücksicht auf seine angegriffene Gesundheit vom aktiven 
Militärdienst zurück, lebte in Wien und auf seinen Schlössern 
und gab sich in erster Linie der Sorge für den ihm anver 
trauten Orden und seinen persönlichen Interessen auf dem 
Gebiete von Kunst und Wissenschaft hin. 
Erzherzog Eugen konnte sich daher seit Beginn des 
Krieges für diesen vorerst nur in seiner Eigenschaft als 
Hoch- und Deutschmeister betätigen; er förderte die hu 
manitären Einrichtungen des deutschen Ritterordens, stellte 
das reiche Sanitätsinaterial und die Gründungen desselben 
der Heeresverwaltung zur Verfügung und besuchte uud 
inspizierte die Spitäler. 
Nun hat er aber wieder eine wichtige, seinen militärischen 
Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten entsprechende 
Stellung in der Armee angenommen, uud mit Recht konnte 
die amtliche Verlautbarung, die den Wechsel im Ober 
befehl der Balkanstreitkräfte dem Publikum bekanntgab, 
sagen: „Die Nachricht, daß der Erzherzog das so wichtige 
Kommando übernimmt, wird in der Armee, in der er 
höchstes Vertrauen und begeisterte Verehrung genießt, mit 
dankbarem Jubel aufgenommen werden." Die Truppen 
auf dem südlichen Kriegschauplatz haben denn auch den Erz 
herzog begeistert begrüßt und ihm als einem zweiten Prinzen 
Eugen zugejubelt, der sie zu Sieg und Ruhm führen werde. 
Unsere Soldaten im Oberelsaß. 
(Hierzu die Bilder Seite 1521153 und 155 sowie die Karte Seite 166.) 
Hartnäckig suchten die Franzosen in den Wintermonaten 
den von ihnen besetzten kleinen Teil des Oberelsasses zu 
behaupten und besonders in dem Raum zwischen Thann,
	        
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