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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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nicht. Die beiden anderen Züge
waren nämlich inzwischen so stark
in feindliches Artilleriefeuer ge
raten, daß jener erst nach Einbruch
der Dunkelheit den zweiten er
reichte. Plötzlich sauste 20 Meter
hinter uns eine Granate nieder
und schlug ein tischgroßes Loch in
den Boden. Ich kannte mich aus.
Die französische Artillerie hatte
uns erspäht. Wenn wir jetzt noch
zwei Minuten warten, haben wir
statt der einen Granate deren zehn,
und die Kompanie ist verloren.
Ich erkläre das rasch den Leuten
und beschließe einen Sprung mit
dem ganzen Zug, so lang wie nur
möglich und ohne Rücksicht auf
das feindliche Jnfanteriefeuer. Die
Leute haben schnell begriffen und
alles saust vor, etwa 80 Meter.
Es war unser Glück; denn richtig,
eine Granate um die andere saust
an der Stelle nieder, wo wir eben
noch gelegen. Um diese Zeit hatten
wir nach meiner Erinnerung die
ersten Verluste, die merkwürdiger
weise fast gar nicht in die Erschei
nung traten. Kein Getroffener
schreit; man merkt es nur, wenn
ihm das Gewehr aus der Hand
fällt und er an seinem Verband
päckchen herumtastet. Es ist, als
ob die Leute sich schämten, ge
troffen zu sein.
Wir waren nun am weitesten
vorne im Bataillon und begannen
eben uns einzugraben. Da er
reichte uns ein neuer Bataillons
befehl, auf eine Meldekarte ge
schrieben, die um eine Patrone
gewickelt und von Mann zu Mann
weitergegeben worden war: „Erste
und vierte Kompanie sollen als
Stützpunkt den Westrand des Wal
des nördlich von Oosttaverne ge
winnen!" Der Befehl bedeutet
für uns Vorgehen 600 Meter
weiter rechts. Dieses „Ziehen" im
feindlichen Feuer wird schwierig
werden, doch wir wollen es ver
suchen. Also zunächst Sprung bis
zur nächsten Hecke, hinter ihr dann
bis zum Gehöfte rechts. Wir er
reichen es glücklich; nur der Ein
jährige H. wird verwundet und
muß zurück.
Rechts vor uns winkt das Ziel,
der befohlene Waldrand. Da schreit
plötzlich Infanterist I.: „Ich habe
zwei Schüsse!" Der Hornist und
ich richten uns etwas auf, um dem
Mann den Rucksack abzunehmen.
Im selben Augenblick trifft den
Hornisten ein Schuß in die Brust;
lautlos sinkt er nieder. Vorne
ruft mir einer zu: „Herr Haupt
mann, legen Sie sich doch hin,
alle Schüsse sind auf Sie gezielt!" Ich werfe mich auf
den Boden und höre ein wahnsinniges Pfeifen der Ge
schosse, die alle mir galten.
10 Meter vor mir ein Graben, doch nur etwa 40 Zenti
meter tief, durch den man vielleicht nach rechts in den Wald
hinüberkriechen könnte. Ich überlege und komme zu dem
Ergebnis, daß das nicht mehr geht. Doch wenn wir liegen
bleiben, sind wir erst recht Kinder des Todes. So bleibt
nur eins, wir wagen es und springen die 60 Meter zum
Waldrand hinüber. Haben wir Glück, so erreichen wir
ihn binnen einer Viertelminute. Ich springe voran in
einem Tempo, wie ich es wahrhaftig noch nie vermocht hatte,
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und siehe, mein Schutzengel steht mir bei, ich erreiche den
Waldrand unverletzt. Das macht den anderen Mut; einer
nach dem anderen springt nach. So sammeln wir uns am
Waldrand. Zwei oder drei freilich erwischt die Kugel im
Sprunge. Run hinein in den Wald und durch bis zum
befohlenen Westrande. Die Wälder in jener Gegend sind
fast unpassierbar. Dichtes Gestrüpp und schlimme Dornen
schlingen verwehren das Durchschreiten. Uns macht das
nichts. Wir arbeiten uns durch, werden einigemal durch
indische Patrouillen angeschossen und erreichen gegen vier
Uhr nachmittags unseren Westrand. Wir sind allein auf
weiter Flur, die anderen Kompanien noch sehr zurück.
Ankunft Vertrust deLer in einem
VogesGdorf.
Nach eigenen SkI"'n an Ort und
Stelle gezeichnewon E. Zimmer.
Dem Waldrand entlang zieht sich ein natürlicher Graben,
der uns die Arbeit des Schanzens erspart, aber feucht ist,
so daß wir im Wasser stehen und später sitzen. Allmählich
wird es dunkel, und die beiden anderen Züge melden sich.
Wir müssen mit allen dreien entwickeln und besehen auf
diese Weise etwa die linke Hälfte des Waldrandes. Run
gilt's, die feindliche Stellung in der Nacht zu erkunden.
Patrouillen gehen ab. Hör- und Sehposten lege ich gedeckt
vor die Linie, die Flanken werden gesichert, dem Bataillon
wird Meldung erstattet. Dann tritt allmählich Ruhe ein.
Da schleicht einer gegen unsere Linie heran. „Dtss-vous
krantzais?" flüstert er leise. Wir geben keine Antwort.
Er denkt wohl, wir schlafen, und
macht einige Schritte näher heran.
Da, ein Schuß, der Mann über
schlägt sich zweimal, und stumm liegt
er da, 6 Meter vor unserer Front.
Eine halbe Stunde später im
Nebelgrauen wieder eine Gestalt.
„Hololololo!" ruft der Mann leise
mitsingender Stimme. Wir rühren
uns auch in diesem Falle nicht. Er
schleicht näher heran und erhält
unmittelbar vor unserer Linie seine
Kugel. Da kommt die Bataillons
ordonnanz. „Die Kompanie hält
den Waldrand unter allen Um
ständen!" meldet der Mann im
militärischen Ton, und leise, gleich
sam außerdienstlich, fügt er bei:
„Der Herr Oberstleutnant hat ge
sagt, die von der vierten Kom
panie sind vorgegangen, jeder wie
ein Held." Rechts und links haben
sie es trotzdem angehört, und einer
raunt'sdem anderen zu, jeder stolz
über diese Kritik des Vorgesetzten.
Links von uns heftiges Ge
wehrgeknatter. Wir feuerten nicht,
denn das hätte bedeutet, 20 Mi
nuten später von französischen Gra
naten überschüttet werden. So
wurde es etwa neun Uhr. Da
meldet sich bei mir unser unermüd
licher Verpflegungsoffizier. Er ist
mit den Feldküchen bis auf einen
halben Kilometer nachgekommen.
Zugweise schleichen wir zurück
über die nun mondbeschienene
Lichtung hinüber, die uns am
Nachmittag die meisten Verluste
gekostet hatte.
Zwei Züge hatten ihre Ver
pflegung erhalten. Aber während
eben der letzte zur Feldküche mar
schierte, setzte ein wütendes Feuer
ein. Die Inder, denen man diese
Nachtarbeit regelmäßig überließ,
hatten den Schützengraben ver
lassen und waren im Begriff,
uns zu überfallen. Glücklicher
weise hatten wir die Gewehre
mitgenommen. So warf denn
jeder den Feldkessel weg, und im
Handumdrehen, ohne daß ein ein
ziger Befehl notwendig gewesen
wäre, lag der Zug in Schützen
linie und feuerte auf den vor
gehenden Gegner, was nur her
ausging. Es glückte, ihn zum Hal
ten zu bringen. Ja, es gelang, die
Verpflegung noch zur Not abzu
geben, einschließlich des Zwiebacks,
der seit mehreren Tagen an Stelle
des Brotes getreten war. Nun
aber schleunigst in unseren Graben
zurück! Ich atmete beträchtlich
auf, als ich dort feststellen konnte,
daß das Feldküchenabenteuer uns
nicht einen einzigen Toten oder
Verwundeten gekostet hatte.
Der Verpflegungsoffizier hatte erzählt, daß von zehn Uhr
an die Artillerie uns den Sturm vorbereiten werde. Richtig,
eine Viertelstunde nach zehn Uhr begann sie in allen
Tonarten zu donnern und ihre Geschosse nach Wyt-
schaete hineinzuwerfen. Vorwiegend richtete sie ihr Feuer
auf die hinter der Ortschaft stehende französische Artillerie,
die ihrerseits um die Antwort nicht verlegen war. Sollte also
wirklich unserseits ein Sturm bevorstehen? Das war die
Frage, die uns beschäftigte. Doch konnten wir immer noch
nicht recht daran glauben. Wir warteten und warteten.
Endlich tönt es durch die Nacht: „Bataillonsbefehl für
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