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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16.
Deutsche Schneeschuhtruppen gegen
französische Jäger.
(Hierzu die Bilder Seite 136 und 137.)
Im gegenwärtigen Weltkrieg wird jedes Hilfsmittel
herangezogen, das irgendwelche Vorteile verspricht; so
konnte es bei Eintritt des winterlichen Schneesalles nicht
ausbleiben, daß auch der Schneeschuh ausgedehnte Ver
wendung fand. Die Staaten, deren im Kriegsfall ge
fährdete Grenzen durch alpines Hochgebirge verlaufen, also
Österreich-Ungarn, Ita
lien, Frankreich und auch
die Schweiz, hatten schon
in Friedenszeiten eifrig
an der Ausbildung aus
reichender Truppenteile
im Schneeschuhlaufen ge
arbeitet, nicht minder
Rußland, wo sogar häufig
Wintermanöver dieser
Art abgehalten wurden,
die allerdings nicht selten
die Form groß angelegter
Treibjagden annahmen.
In Deutschland fehlte
es vor Kriegsausbruch
an besonderen Schnee
schuhtruppen; man sagte
sich wohl, daß es bei
unserer glänzend arbei
tenden militärischen Or
ganisation und der statt
lichen Zahl begeisterter
Anhänger des Schneeschuhsportes im deutschen Vaterland
nicht schwierig sein werde, im Ernstfall auch solche Truppen
teile schnell genug aufzustellen. Der Erfolg hat der Heeres
leitung recht gegeben. Wohl zögerte der Winter, nach dem
ersten Anlauf im November, bis nach Anbruch des neuen
Jahres mit ausgedehnteren Schneefällen. AIs er aber
schließlich Berg und Tal in seine dichte weiße Decke hüllte,
waren auch unsere deutschen, in aller Stille vorbereiteten
Schneeschuhabteilungen zur Stelle, dem Feind nach bestem
Können Abbruch zu tun.
Die erste amtliche Nachricht darüber brachte der Bericht
des Großen Hauptquartiers vom 4. Februar, in dem ge
sagt wurde: „Sonst ist nur erwähnenswert, daß in den
Mittelvogesen das
erste Gefecht einer
Schneeschuhtrup
pe gegen französi
sche Jäger für uns
erfolgreich ver
lief." Im gleich
zeitigen französi
schen Bericht hieß
es bloß: „In den
Vogesen Begeg
nungen zwischen
Schneeschuhpa
trouillen", ein stil
les Eingeständnis,
daß der Sieg auf
unserer Seite war.
Man darf sich die
Sache indes nicht
so vorstellen, als
ob ganze Batail
lone oder gar
Regimenter auf
Schneeschuhen ge
geneinander kämpften. Den verschiedenen Truppenteilen
werden vielmehr nur kleinere Schneeschuhabteilungen bei
gegeben, die sich vornehmlich mit dem Aufklärungsdienst
befassen und auf ihren „Bretteln" unermüdlich das tief
verschneite Eebirgsland abstreifen, um jede feindliche Be
wegung rechtzeitig zu melden. Besonders spannend wird
der Dienst, wenn eine feindliche Gruppe mit gleicher Aus
rüstung erspäht wurde und es gelingt, ihr rechtzeitig einen
Hinterhalt zu bereiten. So heißt es in einem Bericht von
Pariser Blättern, der Mitte Februar über Kopenhagen bei
Patrouille einer deutschen Schneeschuhtruppe Lrn Anschlag.
uns bekannt wurde, daß in der Nähe der Henhamme vierzig
Alpenjäger und zwei Offiziere von Deutschen abgeschnitten
und aufgefordert wurden, sich zu ergeben. Sie schlugen
es ab und sausten in rasendem Lauf auf ihren Schiern
in die deutschen Laufgräben hinunter, wo sie nach einem
heftigen Kampf Mann gegen Mann alle den Tod fanden.
Än der Uniform unserer neugebildeten Schneeschuh-
truppler fällt besonders die Kappe auf, die der österreichisch-
ungarischen Feldmütze ähnelt, so daß man ihre Träger aus
einiger Entfernung für Angehörige der verbündeten k. u. k.
Armee halten könnte. End
lich sei noch hervorgeho
ben, daß sich die Oberste
Heeresleitung für die
gute deutsche Bezeich
nung „Schneeschuhtrup
pe" entschied an Stelle
des vomSchiverband vor
geschlagenen „Schikorps".
Was unsere Sani-
tätsHunde leisten.
(Hierzu das Bild Seite 140.)
Die Anregung, die
der „Deutsche Verein für
Sanitätshunde" zu Be
ginn dieses Feldzuges
gab, hat gute Erfolge
gezeitigt. Während schon
seit längerer Zeit im
Westen eine große Zahl
, Sanitätshunde arbeiten,
ist nun auf Anprdnung des Generalfeldmarschalls v. Hinden-
burg auch der Osten noch weit ausgiebiger mit Hunden
versehen worden. Im ganzen sind gegen 1400 Sanitäts
hunde mit eigenen Führern bei unseren Truppen im Felde
eingestellt. Jeder neue Feldpostbrief, den ein Sanitäts
hundführer schreibt, bringt den Beweis für die Unent
behrlichkeit der schönen, klugen Tiere, die mit ihrem Spür
sinn verwundete Kämpfer vom martervollen Tode retten.
So schreiben einige Führer Liner Sanitätskompanie:
„An diesem Abend rückten wir um sieben Uhr aus zum
Schlachtfelde, wo wir schon sehnsüchtig von unseren schwer
darniederliegenden verwundeten Kameraden erwartet
wurden. Wir erfuhren, daß der Feind 3—4 Kilometer
weit zurückgeschla
gen worden sei. Es
war eine finstere,
düstere Nacht, dich
ter Nebel, da war
Wald und Feld,
Bäume lagen auf
den Straßen, in
dem Walde lagen
die Bäume kreuz
und quer, und
Feuer bekamen
wir von den Sei
ten. Jetzt ging es
los, um unseren
armen Kamera
den zu helfen.
.Revieren! Such
verwundet!‘ war
unser Kommando,
und schon sausten
die Hunde davon
und wir schnell
dahinter her, da
mit sie nicht zu lange bellen, denn wir waren nicht weit
von den feindlichen Stellungen entfernt.
Es dauerte nicht lange, bis wir Gebell vernahmen. Wir
schnell, so schnell wie möglich vorwärts in der Richtung,,
aus der das Gebell kam. Da kamen uns schon die Hunde
entgegengelaufen. Wir schnell mit ihnen vor. Da lag.
einer stöhnend und jammernd, seine Augen waren auf den
Hund und seinen Führer gerichtet, und er rief: .Hilf mir,,
lieber Kamerad! Gib mir doch, bitte, etwas zu trinken,
denn ich habe furchtbaren Durst!‘ Wir gaben dem Armen.
Phot. Ludw. Schüller, . Stuttgart.
Die Offiziere einer württembergifchen Schneeschuhkompanie.