Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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trägt. Unser Bild auf Seite 96 unten zeigt den sprechenden 
und hörenden Unteroffizier und vier Mann einer „Fern 
sprechabteilung", von denen zwei die Kabelrolle tragen, 
der vordere mit der Batterie auf der Brust, während dir 
beiden anderen die Verlegung des Kabels zu besorgen 
haben. Derartige Abteilungen werden von den Divisionen 
aus je nach Bedürfnis vorgeschoben, um Verbindung auf 
dem Gefechtsfelde herzustellen. Das Bild auf Seite 97 
oben stellt eine Korpstelephonstation dar, wie sie der öster 
reichisch-ungarischen Organisation der Feldtelegraphie eigen 
ist; sie arbeitet mit dem nämlichen Armeefernsprecher, der 
bei uns eingeführt ist. ^ .. _ . , 
Die Korpstelegraphenabterlungen und die Fernsprech 
abteilungen haben derart Hand in Hand 311 gehen, daß 
auch bei'dem Vormarsch der Armee täglich die Verbindung 
mit dem Armeeoberkommando wie mit den Divisions 
stäben hergestellt wird, wo 
bei letztere sich zu beteiligen 
haben, soweit sie nicht ander 
weitig in Anspruch genommen 
sind. Bei dem weiteren Vor 
marsch muß aber das wert 
volle Material nach Möglich 
keit wieder aufgenommen und 
die Verbindung durch Armee- 
telegraphenabteilungen her 
gestellt werden, weshalb einer 
der vier Züge der Abteilung' 
diese Aufgabe zu erfüllen,/ 
einer die neue Verbindung 
mit dem Oberkommando und 
einer die mit den Divisionen 
herzustellen hat. Ein Zug 
bleibt also immer zur Ver 
fügung für besondere Auf 
gaben. Besondere Schwie 
rigkeiten sind beider Streckung 
der Leitung zu überwinden, 
wenn breitere Gewässer zu 
überschreiten sind, deren 
Brückenübergänge zerstört 
worden sind. Soll die Lei 
tung für längere Zeit be 
stehen bleiben, so wird ein 
mitgeführtes Flußkabel gelegt, 
sonst das Feldkabel entweder 
auf den Flußgrund verlegt 
oder — was der Haltbarkeit 
und Isolierung wegen immer 
besser ist — freitragend über 
den Fluß gespannt. Bei grö 
ßerer Spannung ist dann das 
Aufhängen der Kabel an 
einen starken angespannten 
Draht oder ein Drahtseil not 
wendig, wie es unser Bild 
auf Seite 97 unten darstellt. 
In der vordersten Zone 
der Armee arbeitet die Kaval 
lerie mit dem Armeefern 
sprecher. Bei jedem Kaval 
lerieregiment befindet sich eine von einem Offizier ge 
führte Telegraphenpatrouille: vier Unteroffiziere und vier 
Mann, in zwei Gruppen mit gleicher Ausrüstung geteilt. 
Bei dem Bau der Leitung steckt ein Reiter die Draht 
rolle auf die Lanze und läßt sie, in der angegebenen Rich 
tung reitend, hinter sich abrollen. Der zweite Mann steckt 
eine Gabel auf die Lanze und hebt damit den Draht auf die 
Baumzweige oder sonstige aufragende Gegenstände. Fehlen 
solche, so bleibt der Draht auf der Erde liegen und wird 
ab und zu an größeren Steinen und dergleichen festgebunden. 
Dieser Draht kann nicht wieder aufgenommen werden, 
sondern muß der Patrouille aus dem vom Regiment mit 
geführten Vorrat immer ersetzt werden. Unser Bild auf 
Seite 96 oben zeigt das Verlegen des Drahtes in einem 
Tannenwald. Die Patrouille verlegt einen Kilometer Leitung 
bei Befestigung in Bäumen innerhalb zehn Minuten, sonst 
binnen fünfzehn bis zwanzig Minuten. Sie führt außer 
dem erwähnten Gerät auch noch „Anschaltgerät", mit dem 
der Fernsprecher an eine vorhandene Drahtleitung an 
geschlossen wird und Gespräche auf feindlichen Leitungen 
behorcht werden können, ohne die eigene Leitung zu stören. 
Der Kavallerist ist also ein besonders wertvoller und leistungs 
fähiger Telegraphist. 
Der Sturm auf Messines. 
(Hierzu die Kunstbeilage.) 
Um dieselbe Zeit, als Zandvoorde (siehe Band I Seite 457) 
von unseren Truppen erstürmt wurde, fiel auch Messines 
in deutsche Hände, eine kleine, südwestlich davon gelegene 
Ortschaft, von der aus sich unsere Truppen bald nachher über 
Wytschaete bis nach St.-Eloi gegen das mit starken Feld 
befestigungen umgürtete Ppern vorschoben. 
Es waren hauptsächlich junge württembergische Regi- 
verlassen hatten. 
Währenddessen hatte die Artillerie es unternommen, die 
gegnerischen Stellungen durch heftiges Eranatfeuer nach 
Möglichkeit noch mehr zu erschüttern, und als das gelungen 
schien, brachen die tapferen Schwaben aus den Gräben 
zum letzten Sturmlauf wieder hervor. 
Mittlerweile war es auch einem seitlich davon vor 
gegangenen Schwesterregiment gelungen, über die Ver 
schanzungen und Verhaue hinweg in die Ortschaft ein 
zudringen, und nun ging es mit vereinten Kräften den 
Engländern und Hindu zu Leibe, die vom Klosterturm aus 
und in den Straßen wie wahnsinnig um sich schossen und 
von Haus zu Haus mit der Flintenkugel und dem Bajonett 
vertrieben werden mußten. Endlich nach mehrstündigem, 
blutigem Straßenkampf war es gelungen, den letzten Rest 
menter, die nach einem starken Nachtmarsch an: 30. Ok 
tober vor dem Dorf eintrafen und die etwa vier Kilometer 
davor liegenden deutschen Schützengräben besetzten, die bis 
dahin von abgesessener Kavallerie gehalten worden waren. 
Sie verbrachten in ihnen den Rest des Tages und die darauf 
folgende, sehr regnerische Nacht, um schon am 31. die Feuer 
taufe zu empfangen. Und sie haben sich in dem verlust 
reichen Angriff, der abends fünf Uhr begann, vortrefflich 
geschlagen. Trotz des heftigsten Kugelregens, der sie vom 
ersten Augenblick an empfing, schoben sie sich in fortgesetztem 
Feuergefecht unaufhaltsam und todesmutig bis auf zwei 
Kilometer an das Dorf heran, wo sie Befehl erhielten, sich 
zu verschanzen, und die Nacht über, von ununterbrochenem 
Granat- und Kleingewehrfeuer überschüttet, liegen blieben. 
Mit Tagesanbruch ging es wieder zum Angriff vor, den die 
Engländer, die den Ort besetzt hielten, nun durch einen 
mörderischen Kugelregen zu brechen suchten. Aber mit 
kräftigem Hurra stürmten unsere jungen Feldgrauen über 
Hecken, Verhaue und Drahthindernisse weiter, bis in die 
Die Arglten aus der 
Voischau. 
der Verteidiger entweder gefangen zu nehmen, nieder 
zumachen oder aus dem Dorfe hinauszuwerfen. 
Die Gewehre der europäischen Mächte*). 
2. Vom glatten Vorderlader zum Chassepot. 
Von Major a. D. Schur ahl. 
Während die Ausbildung der Truppen dafür zu sorgen 
hat, daß der Schütze richtig anschlägt, zielt und abkommt — 
schnell genug, aber doch genau — ist es Sache des Waffen 
baus, die Kräfte des Schützen durch Vereinfachung des 
Ladens und durch leichteren Gang der dazu nötigen Hand 
griffe zu schonen und sowohl Fehler, die er in der Eile und 
Erregung begehen könnte, als auch das Versagen der Zün 
dung unmöglich zu machen, und zwar dadurch, daß eine 
Reihe von Tätigkeiten, die früher dem Schützen zufielen, 
später selbsttätig von dem Verschlußwerk ausgeübt w.rd. 
*) Siehe auch unseren ersten Aufsatz auf Seite 20. 
Man sieht, wie alles auf das Maschinengewehr als Voll 
kommenheitsbild hinstrebt! 
Zunächst ist es wünschenswert, daß Waffe und Schieß 
bedarf nicht zu schwer seien. Wenn der Mann leistungs 
fähig bleiben soll, darf man ihm nach langen Erfahrungen 
nicht mehr als 25 Kilogramm im ganzen aufpacken. Davon 
soll ein Drittel auf Gewehr und Patronen gerechnet werden. 
Je leichter die Waffe, desto mehr kann von diesem Gewicht 
auf die Patronen kommen, von denen man niemals zuviel 
bei sich hat. Das Gewehr darf aber anderseits nicht zu 
leicht werden, weil es den Schützen beim Abfeuern um so 
mehr stößt, je leichter es ist. 
Das erste Gewehr, mit dem das Fußvolk allgemein 
versehen wurde, war der glatte Vorderlader mit Steinschloß. 
Es verschoß eine Bleikugel — richtige Kugel im mathe 
matischen Sinn. Zuerst wurde das Schwarzpulver zur Mün 
dung hineingeschüttet, dann 
Pfropfen und Kugel nach 
gestoßen. Als der hölzerne 
Ladestock bei den Preußen 
1730 durch den eisernen ersetzt 
wurde, galt dies als Ereig 
nis, denn der neue zerbrach 
nicht mehr. Der Schütze mußte 
einen Teil des Pulvers auf 
die „Zündpfanne" des erst 
walzen-, später trichterför 
migen Zündlochs aufschüt 
ten. Dies konnte vergessen 
oder im Kampfgetümmel ge 
stört werden, so daß das 
Pulver verloren ging. Wenn 
es stark regnete, ging das 
„Zündkraut", wie dieses Pul 
ver hieß, nicht los, aber auch 
bei Trockenheit gab der durch 
eine Schlagfeder an den Stahl 
geschlagene Feuerstein oft kei 
nen Funken, so daß Ver 
sager auftraten. Das Schloß 
mußte dann wiederholt ge 
spannt und abgezogen wer 
den, nachdem unter Umstän 
den neues Pulver aufgeschüt 
tet war. 
Man kann daran ermessen, 
wie freudig die Einführung 
des Zündhütchens begrüßt 
wurde, nachdem 1786 das 
Knallquecksilber aufgekom 
men war. Allerdings be 
deutete das Herausnehmen 
des Zündhütchens aus der 
Tasche und sein Aufsetzen 
auf den Zündkegel eine wei 
tere Verrichtung, die Zeit 
kostete. Da sich aber die 
Versager gegenüber den 26 
Prozent beim Feuerstein auf 
etwa 3 Prozent verminder 
ten, brachte das Zündhütchen 
doch im ganzen einen wesentlichen Zeitgewinn. 
Der Vorteil gezogener Läufe für die Schußleistung des 
einzelnen Gewehrs war lange erkannt, ohne daß man das 
Fußvolk allgemein damit versehen hätte. Das gezogene 
Gewehr war teurer, und das Laden ging langsamer, weil 
man das Geschoß mit großer Kraftanstrengung den Lauf 
hinabstoßen mußte, denn nur so — durch diese Pressung — 
konnte man erwarten, daß es die Führung der Züge auch 
annehmen werde. So-beließ man denn den Salvenfeuer 
abgebenden Massen des Fußvolks den glatten Lauf und 
rüstete nur besondere einzelne Scharfschützen- oder Jäger 
korps mit dem gezogenen Gewehr aus, das nun statt 
der Kugel ein länglich spitzes Geschoß verschießen konnte. 
Da schien es, als sollte eine geistreiche Erfindung die 
allgemeine Einführung des gezogenen Vorderladers bringen: 
1849 stellte nämlich Minie das Bleigeschoß hinten ausgehöhlt 
her. Die Pulvergase drangen nun beim Schuß in die Höhlung 
des vorher mit Spielraum leicht in den Lauf hinabgeglittenen 
Geschosses ein und weiteten es aus, indem sie das weiche
	        
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