Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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Phot. R. Sennecke, Berlin.
Deutsche Landwehrpatrouille auf den Ausläufern der
Lysa Gora.
Geschütze zu hören war. Der Ein
wohnerschaft von Dover bemächtigte
sich infolgedessen eine starke Er
regung. Auch bei Ypern und süd
westlich Lille kamen wir wieder
vorwärts. Namentlich in dem Drei
eck Dirmuiden-Rousselaere—Ypern
wurde hartnäckig gckämpft, und
über 1000 Franzosen wurden bei
Ypern zu Gefangenen gemacht. Die
Beschießung von Arras wurde mit
größter Heftigkeit aufgenommen.
Die gesamte Bevölkerung flüchtete.
Nur die Behörden blieben zurück.
Auch die Kämpfe um Arras wurden
mit äußerster Erbitterung geführt.
Die Granaten schlugen massenweise
in die Stadt ein und verwandelten
viele Häuser in Trümmerhaufen.
Deutsche Flieger kreisten über der
Gegend.
Am 8. und 9. November machten
unsere Truppen trotz starker Gegen
wehr etwa 1000 Gefangene, Fran
zosen, Farbige und Engländer, und
erbeuteten außerdem noch mehrere
Maschinengewehre. Ein in den
Abendstunden aus Nieuport heraus
unternommener erneuter Vorstoß des Feindes scheiterte gänzlich. Am
11. November konnten die Unsrigen den Gegner nach mehrtägigen, harten
Kämpfen aus dem südlich Ypern gelegenen Orte St.-Eloi vertreiben,
wobei etwa 1000 Gefangene und 6 Maschinengewehre in unseren Besitz
kamen.
In diesen Kämpfen waren es hauptsächlich unsere jungen Freiwilligen
regimenter, die mit Todesverachtung und unter dem Gesänge von „Deutsch
land, Deutschland über alles" die feindlichen Stellungen stürmten. So
wurden von diesen Braven am 11. November bei Langemark die ersten
Linien der feindlichen Stellungen gestürmt und hierbei etwa 2000 Mann
französische Linieninfanterie gefangen genommen, sowie 6 Maschinen
gewehre erbeutet.
Eine weitere Großtat unserer Truppen wurde uns am 11. November
berichtet. Dirmuiden war gestürmt worden, und wir waren über den
Kanal vorgedrungen. Eine anschauliche Schilderung der Kämpfe, die
zur Einnahme Dirmuidens führten, finden unsere Leser auf Seite 34.
Das Gelände um Ypern herum ist, wie ein Landeskundiger in der
ersten Nummer der unter Mitwirkung eines deutschen Armeekommandos
erscheinenden „Liller Kriegszeitung" schrieb, besonders im nördlichen Teil,
etwa bis Merckhem, ein Gewirr von Kanälen, die unzählige kleine Ab
schnitte bilden (siehe auch die Karte aus der Vogelschau Seite 75). Der
bedeutendste dieser Wasserläufe ist der Yser-Ypern-Kanal, mit seinen
hohen Flutdämmen und seinem breiten Wasserspiegel ein stärkeres Hinder
nis als der Netheabschnitt südlich Antwerpen. Weitere Hindernisse dieses
Gebiets sind zahlreiche kleine Waldstücke, viele kleine Ortschaften, Einzel
höfe und eingezäunte Wiesen. Südlich Merckhem ist das Gelände
etwas weniger schwierig; es zerfällt durch die wenig hinderlichen Kanäle
von Bennelbeck und Poperinghe nur in drei Abschnitte.
Südlich Ypern ändert sich das Bild vollkommen. Zwischen Ypern und
Armentieres liegt ein kleiner Höhenzug, der nach Westen ansteigt und
mit einzelnen überhöhenden Kuppen der Verteidigung gute Artillerie
stellungen bietet. Das Gelände zwischen Armentiores und Lens ist eben,
nur von dem nordwestlich fließenden Lys und dem nordsüdlich zwischen
Esthaires und Bothune sich hinziehenden Kanal durchschnitten. Das
schwierigste Kampffeld ist natürlich das nördliche. Die meist 10—20 Meter
hohen Flutdämme bilden eine gute Verteidigungslinie, deren östlicher
Abschnitt auch deshalb von den Gegnern so hartnäckig verteidigt worden
ist, weil westlich des Kanals die Dämme vielfach ein Schußhindernis sind.
Das Bombardement von Ypern begann am 7. November. Ein Augen
zeuge gab folgende anschauliche Schilderung davon:
Die Deutschen haben Ypern mit schwerem Geschütz unter Feuer
genommen. Die Stadt brennt, und ein großer Teil ist verwüstet; es sind
aber keine Menschenleben verloren gegangen, da die Stadt ganz ge
räumt war. Die Flammen breiteten sich bei dem starken Nordost
winde schnell aus, und bald war der westliche Teil nur ein lodernder
Trümmerhaufen. 10—20 Granaten fielen jede Minute. Der Turm der
Kathedrale von St.-Martin ist teilweise zerstört, und in den nördlichen
Vierteln, wo viele schöne, alte Häuser stehen, ist ebenfalls bedeutender
Schaden angerichtet. Auch deutsche Flieger schweben über der Stadt und
werfen Bomben.
Endlich in der Nacht vom 11. zum 12. November drangen unsere Trup
pen in Ypern ein. Beim herrschen
den Sturme war es ihnen' gelun
gen, bis zu den Laufgräben der
'Verbündeten vorzugehen, ohne daß
diese die Annäherung merkten. Dort
kam es zu heftigen Kämpfen, bei
denen beständig neue deutsche Trup
penmassen auftauchten. Die Reihen
der Verbündeten wurden durch
brochen und in Ypern der heiße
Kampf fortgesetzt, bei dem dem
Bajonett die Hauptrolle zufiel.
Weitere 1100 Mann wurden hier
gefangen genommen. Auch am
Yserabschnitt bei Nieuport brachten
unsere Marinetruppen dem Feinde
schwere Verluste bei, ebenso zwischen
Arras und Lille, wo der Kampf
von Haus zu Haus teilweise einen
schrecklichen Charakter annahm.
Nicht minder heftig waren die
Kämpfe in der Umgebung von Lom-
bartzyde und Nieuport. — Bei
den mühsamen Vorarbeiten für neue
Angriffe in den dortigen Dünen
nahmen die Unsrigen am 16. No
vember einige hundert Franzosen
und Engländer gefangen und er-
Phot. R. Sennecke, Berlin.
Verschneiter Schützengraben vor Warschau.
Phot. R. Sennecke, Berlin.
Beim Mittagsmahl vor Warschau.