Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Siebenter Band. (Siebenter Band)

90 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
gehaltenes 1. Bataillon zum Gegenstoß angesetzt, als plötz 
lich, von rechts her, aus der Richtung der Bascule auch 
Hilferufe ertönten. So ging der Entlastungstotz des Ba 
taillons nach zwei Richtungen im rechten Winkel auseinander. 
Die 1. und 4. Kompanie kamen im jähen Gegenangriff 
dem Front nach Osten fechtenden 2. Bataillon zu Hilfe, 
die 2. und 3. Kompanie aber gingen mit dem linken Flügel 
an der Heerstraße entlang dem neuen Feinde entgegen 
und riegelten hier den über die Bascule hereindringenden 
Stürmern gegenüber mit Erfolg ab. Die Höhlenbesatzung 
wurde durch zwei neue Kompanien abgelöst. Diese Kom 
panien mußten dann sich selbst überlassen werden, da der 
„Sack", das Verbindungsglied zwischen Höhlenbesatzung und 
Regiment, zu seiner Behauptung auf die Dauer zuviel 
Kräfte erfordert hätte. In der Nacht vom 5. zum 6. Mai 
hielten vier Tanks die Eingänge und die rückwärtige Ver 
bindung der Mennejean-Höhle noch unter Feuer; aber all 
mählich erlagen sie unseren schweren Geschützen, die jetzt 
nicht mehr befürchten mußten, die eigenen Tapferen zu 
zerschmettern. Am 6., 7. und 8. Mai fanden Teilangriffe 
auf die Höhle statt, die alle leicht abgewiesen wurden, und 
• Phot. Presse-Photo-Vertrieb, Berlin. 
Von der deutschen Schutztruppe gefangene portugiesische Soldaten, die sich im Verein mit den Engländern am 
Kampfe gegen Deutsch-Südwestafrika beteiligten. 
endlich in der Nacht zum 9. Mai wurde der rühmlich be 
hauptete Posten von seinen Verteidigern geräumt. Kurze 
Zeit darauf flog er in die Luft. 
Verkehrsverhältnisse im Orient. 
Von Edgar Stern. 
(Hierzu die Bilder Sette 94 und 95,) 
Wenn in einem der Staaten Mitteleuropas eine Armee 
etwas anfordert — oder es braucht nicht einmal eine 
Armee zu sein, eine Kompanie oder eine Kolonne genügt 
auch —, dann setzt sich sofort die sicher arbeitende, wohl 
geölte und aufgezogene Maschinerie in Gang, um aus De 
pots über Etappen und schließlich auf strategischen Bahnen, 
mit Automobilkolonnen oder dergleichen das Gewünschte 
an Ort und Stelle zu befördern, seien es Menschen, Lebens 
mittel, Waffen oder Munition. Der in militärischen 
Dingen geschulte Geist der gesamten Bevölkerung macht 
sich von diesen Vorgängen auch zu Hause eine annähernd 
richtige Vorstellung und beruhigt sich dabei, „daß der 
Apparat klappt". 
Nur ganz dunkel stellt man sich vor, daß das im Orient 
wahrscheinlich mit größeren Schwierigkeiten verknüpft ist, 
aber wie sich alles abspielt, davon macht man sich kaum 
ein richtiges Bild. Man hört immer nur von Bagdadbahn 
und Hedschasbahn reden und denkt, daß diese an sich gewiß 
bewunderungswürdigen Kulturmittel auch für die Nachschübe 
nach den fernen Kriegschauplätzen die gleichen Aufgaben er 
füllen wie die dichten und zweckmäßigen europäischen Bahn 
netze. In Wirklichkeit spielt sich die Sache ganz anders ab. 
Die Bagdadbahn ist trotz großartiger Bauleistungen auch 
während des Krieges erst zum kleinen Teil vollendet, zwi 
schen ihren ausgebauten Strecken klaffen noch Lücken, die 
des Schienenstranges oder der Tunneldurchstoßung harren, 
und von ihren beiden nord- und südwärts vorgetriebenen 
Endpunkten Rees-el-Ain bis Samara führt eine Strecke 
von nicht weniger als 700 Kilometern durch dürre, öde Wüste, 
wo es oft an Wasser, ganz an gebahnten Straßen und fast 
vollkommen an bewohnten Ortschaften und Verpflegung- 
stationen mangelt. Von Bagdad südwärts steht die Wasser 
straße des Tigris und für Umgehungsbewegungen auch die des 
Euphrats zur Verfügung, aber die Verkehrsmittel und die 
Verkehrsicherheit dieser in Wasserstand und Flußbett fort 
während wechselnden Ströme sind gering. Da müssen 
denn allerhand altertümliche Verkehrsmittel herhalten, wie 
sie schon vor Jahrtausenden in den Wüstenlanden Asiens 
in gleicher Form gedient haben: auf dem Euphrat die 
Schachturs, rasch zusam 
mengezimmerte, prahm- 
artige Boote mit oder 
ohne Überbau nach Art 
der Arche Noah, auf dem 
Tigris weidengeflochtene 
Flöße, von aufgeblasenen 
Ziegenfellen getragen, 
sogenannte Kelleks, hoch 
gekielte, asphaltverpichte 
Segelschiffe, sogenannte 
Sefinen, und für den 
Landweg die edlen und 
ausdauernden Araber 
pferde, Maultiere, starken 
Maskatesel und vor allem 
das Schiff der Wüste, das 
Kamel. Was ist nicht 
alles auf dem Rücken 
treuer Kamele im Laufe 
dieses Krieges zu den 
tapferen türkischen Trup 
pen in Mesopotamien, 
Persien, Arabien und am 
Sinai gewandert! In ab 
gewogenen Lasten von 
3 oder 4 Zentnern für 
ein Kamel kommen Säcke 
mit Getreide oder mit 
Beksemet, Zwieback, 
Kisten vollDatteln, Körbe 
voll Brennmaterial und 
Munition in langsamer, 
aber zielsicherer Wanderung an den Ort ihrer Bestimmung. 
Ein bißchen Wasser da und dort, die großen Kameldisteln 
und anderes Gestrüpp am Wege und ein wenig von der 
eigenen Traglast als Verpflegung genügt den bescheidenen 
Ansprüchen der Tiere. Nichts Stolzeres, Verächtlicheres gibt 
es, als den Blick von oben herab, den das Kamel dem 
Menschen schenkt, und unendlich spaßhaft mutet es an, zu 
sehen, wie in langer Karawane eines nach dem anderen 
genau an derselben Stelle, genau im gleichen Winkel den 
Kopf uns zuwendet, wenn wir etwa am Wege stehend die 
Aufmerksamkeit des Leitkamels uns zugezogen haben. 
Manchmal und an manchen Stellen versagt aber auch das 
Kamel und das Pferd, so in den weichen Sanddünungen 
Arabiens und des Sinais, wo oft Dutzende von Soldaten 
in die Speichen eines Geschützes greifen müssen, um es 
vorwärts zu bringen, oder auf rauhen Eebirgspfaden, 
wo Maultier und Esel mit sichererem Tritt die Beförderung 
von Proviant, Munition und zerlegten Geschützen über 
nehmen. 
Die Wüstenreisen sind im allgemeinen auf Tagesent 
fernungen von etwa 50 Kilometern zugeschnitten und in un 
gefähr solchen Abständen sind Khans, Unterkunftstellen für 
Mensch und Tier, angebracht. Für den gewöhnlichen, spär 
lichen Verkehr dieser Lande ausreichend, sind sie für die 
großen und zahlreichen militärischen Transporte natürlich 
viel zu klein, und ein Nachtlager in Zelten oder im Freien
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.