Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
geschränkten V-Bootirieg, die aber noch von seinem Vor 
gänger entworfen worden war. Die deutsche Regierung 
gab daraufhin der Öffentlichkeit bekannt, daß sich gerade 
Spanien immer eines besonderen Entgegenkommens zu 
erfreuen gehabt hatte. Deutschland hatte Spanien die 
Deckung seines Kohlenbedarfes auf dem Weg: über einen 
dänischen Hafen angeboten und ihm außerdem seine ganze 
Apfelsinenernte abgekauft, die nach dem Kriege nach Deutsch 
land geschafft werden sollte. — Großes Aufsehen dagegen 
machte eine mit Begeisterung aufgenommene Rede des 
früheren konservativen Ministerpräsidenten Maura (siehe 
Bild Seite 369), die dieser in Madrid vor etwa 20000 Men 
schen hielt, und in der er die unentwegte Neutralität 
Spaniens verfocht, die in keiner Weise von Deutschland 
verletzt sei. Den Kriegstreibereien müßte entgegengetreten 
werden, es sei nicht wahr, daß sich die Kriegführenden für 
die Freiheit der kleinen Völker und die Vernichtung des 
Militarismus schlagen. Aber so lange England in Gibral 
tar herrsche, sei die Unabhängigkeit Spaniens in Frage 
gestellt. i; 
Wie in Spanien, so war es auch in dem am Kriege be 
teiligten Portugal zu einem Kabinettswechsel gekommen. 
Vorsitz und Finanzen übernahm Affonso Costa (siehe Bild 
geheimen Parlamentsitzungen, die Neutralität auch ferner 
hin Zu wahren. Sie brachte sogar einen Gesetzentwurf 
ein, der die Verhetzung des norwegischen Volkes gegen 
einen fremden Staat unter Strafe stellte. Der Entwurf 
wurde jedoch abgelehnt, worauf der norwegische Justiz 
minister Urbye zurücktrat. Ursprünglich hatte die gesamte 
Regierung mit ihrem Rücktritt gedroht, weil der Minister 
präsident Knudsen (siehe Bild Seite 359) fürchtete» infolge 
des Druckes der von der gehässigen Presse geschürten Kriegs 
lüsternheit gewisser Teile des norwegischen Volkes in den 
Krieg getrieben zu werden. 
Norwegen war in seinen Entschlüssen nicht ganz unab 
hängig von den anderen nordischen Staaten Dänemark und 
Schweden, die aber viel entschiedener als Norwegen die 
Neutralität wahrten. Für die Zeit vom 9. bis zum 11. Mai 
war eine neue Zusammenkunft der Minister aller drei 
Reiche in Stockholm festgesetzt worden, in der gemeinsame 
Maßregeln zur Überwindung der durch den Krieg entstan 
denen Schwierigkeiten beraten werden sollten. Das er 
schien um so notwendiger, als Amerika den europäischen 
Neutralen zu verstehen gegeben hatte, es würde ihnen 
die Lebensmittelzufuhr unterbinden, falls sie ihre freund 
lichen Beziehungen zu Deutschland aufrecht erhielten. Dem- 
Phot. Leipziger Presse-Büro. 
Mit Lebensmitteln beladene Kamele kommen in einem deutschen Feldlager hinter der türkischen Jrakfront an. 
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PLL 
Seite 359)» Mandes Ribeire Norton de Matos wurde 
Kriegsminister und Mandes Fedroso Marineminister. 
In Norwegen, wo der Bannwarenhandel blühte, schuf 
der U-Bootkrieg ebenfalls neue Erregung. Dort wurde 
sogar gefordert, die norwegischen Handelschiffe zu be 
waffnen, was leicht bedenkliche Folgen hätte haben können. 
Die norwegische Regierung entschloß sich aber nach langen 
gegenüber war Deutschland nach wie vor bestrebt, die Lage 
der Neutralen nach Möglichkeit zu erleichtern und gewährte 
unter anderem deren in englischen Häfen liegenden Schiffen 
sichere Fahrt in ihre Heimatländer, wenn sie am 1. Mai 
ausliefen. Von dieser Vergünstigung machten besonders 
Holland, Dänemark, Schweden und Spanien Gebrauch, wo 
hingegen Norwegen sich ablehnend verhielt.— Gortsctzung folgt.) 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Der Stellungswechsel im Westen. 
Von Kriegsberichterstatter Evgen Kalkschmidt. 
Die Sommeschlacht war nach dem letzten großen Vorstoß 
der Engländer im Ancre-Abschnitt (13. bis 15. November 1916) 
Anfang Dezember zu einem vorläufigen Abschluß gelaugt. 
Außer ständigen Patrouillengefechten und der üblichen 
gegenseitigen Erabenbeschießung schien diese Front bei 
nahe Winterruhe zu halten. Aber das schien nur so. Wir 
wußten sehr bald, daß die Verbündeten einen riesenhaften 
Angriff für das Frühjahr an zwei ausgedehnten Fronten 
zwischen Ancre und Oise vorbereiteten, daß sie auch in der 
Gegend der alten Arrasschlacht etwas im Schilde führten. 
Diese Vorbereitungen bestanden zunächst in einer plan 
mäßigen Verlängerung der englischen Front bis gegen Roye 
hinunter. Dadurch bekamen die Franzosen eine Menge 
Kräfte frei, die sie südlich von Roye bis über die Oise hinaus 
bereitstellen konnten. Die Vermehrung der englischen 
Streitkräfte war ganz außerordentlich. Sie warfen an Men 
schen und Material in den Krieg hinein, was sie irgend hatten. 
Zum ersten Male schoben sie die Mannschaften, die durch 
das Wehrpflichtgesetz ausgehoben worden waren, in größeren 
Massen ins Feld. 
Die deutsche Heeresleitung blieb diesem heimlichen Auf 
marsch gegenüber, der sich zum Glück nicht verbergen ließ, 
keineswegs müßig. Mitten in den heißesten Tagen der 
Sommeschlacht war der Gedanke aufgetaucht, die bisherige 
Westfront dort, wo sie am weitesten gegen Westen vorsprang,
	        
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