Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
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Phot. A. 6r°kS, Berlin. 
Phot. A. Grohs, Berlin. 
Kamele Lm Dienste des Roten Halbmonds im Sandsturm Ln der Wüste. 
des Stellungskrieges hinter sich hat, 
zu wissen und zu vertrauen: wenn 
wir nur wollen, geht alles. Nicht 
nur die Verbände, die die Toboly- 
schlacht geschlagen haben, durchströmt 
dieses Kraftgefühl des Könnens; das 
zieht mit der Schnelligkeit des Tele 
phons und Telegraphen, aber noch 
mehr und wirksamer durch persön 
liche Mitteilungen von Mann zu Mann 
die ganze Ostfront entlang. Aus der 
Wurzel Toboly schießt dieser Frühling 
saft in den ganzen Stamm der Ost 
front bis in die feinsten Verästelungen 
hinein: so schön ging's bei Toboly, so 
schön würde es auch bei uns gehen, 
wenn man uns brauchte. Das Be 
wußtsein der Überlegenheit, das nie 
nach der zahlenmäßigen Abwägung 
der Kräfte fragt, das im acht- und 
zehnfach stärkeren Gegner noch keine 
besondere Gefahr erblickt, das nur 
eigenes Ziel vor Augen sieht und so 
mit die eigentliche Grundlage des Sie 
ges bildet, dieses Kraftbewußtsein ist 
durch den Tag von Toboly der ganzen 
Ostfront von neuem gewachsen. 
* * 
Es galt eine Erbschaft aus den Tagen der Brussilow- 
schen Offensive zu liquidieren. AIs der Durchbruch von 
Olyka ihm geglückt und er damit die Front der Verbündeten 
am oberen Styr um Luck herum durchbrochen hatte, drängte 
Brussilow sofort rücksichtslos energisch zum Stochod vor, 
um vom Süden her Wladimir Wolynsk und Kowel zu 
erreichen. Am mittleren Styr, ungefähr von Sokul über 
Kolkt und den Bogen von Czartorysk weg, hielt die alte 
Front noch zähe fest. Brussilow erkannte, daß trotz aller 
Menschenopfer im Süden gegen die frisch herangeworfenen 
deutschen Truppen kein Vorwärtskommen mehr möglich 
war, drehte alsbald gewandt die Angriffsrichtung um, und 
warf seine besten Truppen gegen die österreichisch-unga 
rische Styrfront zwischen Sokul und Kolki. Hier glückte 
ihm in den Julitagen auch wirklich der Durchbruch, den 
deutsche Reserven nicht mehr aufzuhalten vermochten: nun 
mußte auch dieser Teil der Styrfront bis hinauf zum 
Nobelsee hinter den Stochod in eine mehr angedeutete 
als ausgebaute Ausnahmestellung zurück. 
Abermals drängte Brussilow nach und lief gegen die 
neue Front Sturm. Am 18. August, als man eben des 
alten Kaisers Franz Joseph Geburts 
tag feierte, brach er bei Toboly durch 
die Front österreichisch-ungarischer Rei 
terei und schuf sich auf dem westlichen 
Stochodufer um Toboly herum bis 
nach Helenin hinunter einen an be 
herrschende Höhen angelehntenBrücken- 
kopf von 7 Kilometern Länge und 
annähernd 3 Kilometern Breite . Allen 
Versuchen, weiter vorzukommen und 
durch Erweiterung des Brückenkopfes 
nun auch die Stochodfront aufzurollen, 
boten freilich preußische Landwehr und 
bayrische Reiter blutigen Halt, allein 
auch die Versuche, die Russen wieder 
auf das östliche Stochodufer zurückzu 
werfen, scheiterten in den September 
tagen und so verblieb den Feinden 
dieses „Sprungbrett von Toboly", als 
eine für einen angriffslustigen Gegner 
immerhin recht günstige Gelegenheit 
zu neuem Vorbrechen. Niemand zwei 
felte, daß im Frühjahr 1917, sobald 
es die Wegeverhältnisse und das Fertig 
werden der im Winter aufgestellten 
russischen Neuformationen gestatten 
würden, der Brückenkopf von Toboly 
im Rahmen einer allgemeinen russischen 
Offensive eine ganz besondere Rolle 
spielen würde. Die Beobachter stellten 
denn auch immer den Bau neuer 
russischer Wabengräben fest, die dauernd stark besetzt waren. 
Am späten Abend des 11. Märzes erfolgte plötzlich ein 
starker Feuerüberfall der russischen Artillerie im Südteil 
des Brückenkopfes. Man nahm damals an, der Russe 
wolle die Batterien seiner Gegner aus ihrem Schweigen 
herauslocken, er habe von deren Angriffsvorbereitungen 
manches gemerkt und wolle sie zwingen, vorzeitig Farbe 
zu bekennen. Nach der Schlacht von Toboly ist ein An 
griffsbefehl für drei russische Regimenter gefunden worden: 
sie sollten nach kurzer Feuervorbereitung an jenem Abend 
vorbrechen, aber „mit größter Energie" und „ohne nur 
an den feindlichen Drahtverhauen halt zu machen". Es 
war vielleicht der letzte Angriffsbefehl des zarischen Re 
gimes. Der Vorstoß scheiterte im Sperrfeuer weniger 
leichter Batterien. Patrouillen, die sich zeigten, wurden 
durch ein paar Maschinengewehrschüsse verjagt. Aber der 
gefundene Befehl beweist, daß der Charakter des russischen 
Brückenkopfes oder „Waffenplahes", wie ihn die Russen 
nannten, richtig beurteilt worden ist. Es ist auf alle Fälle 
gut, daß er genommen werden konnte. 
Auf einem Verbandplatz in der Wüste. Die neu angekommenen Verwundeten werden von den 
türkischen Ärzten in Behandlung genommen.
	        
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