Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
und Beresina südlich von Wischnew durch Sümpfe (siehe Bild 
Seite 291) und sumpfige Wälder. In diesem unwirtlichen 
Gelände lagen die Stellungen wegen der Sümpfe und des 
Dickichts bis zu 3 Kilometern auseinander und boten Streif 
truppen gute Gelegenheiten zu Überraschungen des Feindes. 
Südlich von dem Waldgelände» etwa an der von Osten in 
die Beresina einmündenden Jslotsch, bildete eine Sanddüne 
festeren Untergrund, der die beiden Gegner, die diesen 
günstigen Umstand ausnützten, näher zusammenführte, so 
daß das Zwischengelände hier nur ungefähr 100 Meter breit 
war. Hier sollte der Feind zurückgeschlagen werden. Zweck 
des Angriffs war, die starken feindlichen Verhaue und Unter 
stände völlig zu zerstören. Zur Ermöglichung der Spren 
gungen sollte bis an die zweite russische Verteidigungslinie 
auf dem Ostrand der Saberesina vorgestoßen werden. 
In aller Frühe begannen Minenwerfer und Artillerie 
sich auf ihre Ziele einzuschießen. Punkt acht Uhr setzte 
schweres Trommelfeuer ein. Nachdem es Zweieinhalb Stun 
den gedauert hatte, stürmten die deutschen Soldaten aus 
ihren Stellungen vor. Ihr Weg führte über die festgefrorene 
Beresina und tiefen, aber ebenfalls gefrorenen und gut 
tragenden Schnee. In 4 Kilometern Breite konnten sie 
unter geringen Hemmungen durch feindlichen Widerstand 
vorwärtskommen. Die Russen waren stellenweise schon dem 
deutschen Wirkungsfeuer gewichen. Ihr Bestreben, sich in 
Sicherheit zu bringen, führte sie aber in das weit vorgelegte 
deutsche Sperrfeuer, das zahlreiche Opfer forderte. Nach 
Überwindung der ersten feindlichen Linie setzten sich die 
Deutschen auch in einer dahinter liegenden feindlichen Riegel 
stellung fest. Hier unternahmen die Russen einen starken 
Gegenstoß, der sich aber an dem Widerstande ihrer Gegner 
vollständig brach. Diese drangen dabei kräftig weiter vor 
und brachten die Russen auf der ganzen Breite des An 
griffs zum Weichen (siehe Bild Seite 293). Nach beiden 
Seiten wurde die Angriffsfront sogar noch auf 5 Kilometer 
erweitert, und in dieser Ausdehnung stießen die Deutschen, 
von ihrem Ausgangspunkt gerechnet, 2 Kilometer tief in 
den Bereich der feindlichen Linien vor. Streiftruppe, die 
sich weit in die zweite russische Stellung hineinwagten, 
fanden diese schon verlassen. Die leichteren Feldgeschütze, 
die hier eingebaut waren, hatten die Russen mitgenommen. 
Die Deutschen befanden sich am Ziel und gruben sich zur 
Abwehr etwaiger Eegenunternehmungen der Feinde ein. 
Unterdessen begannen andere Truppenteile mit der Zerstö 
rung der ersten Linie. Richt weniger als 160 Betonunter 
stände wurden gesprengt. Unter der reichen Beute be 
fanden sich außer 226 Gefangenen große Mengen von 
Pioniergeräten, 2 Revolverkanonen, 6 Maschinengewehre 
Phot. Welt-Preß-Photo, Wien. 
Von der russischen Revolution., 
Brotverteilung durch eine der in den Stadt- und Landbezirken eingesetzten Brotkornmissionen. 
und 14 Minenwerfer. Ferner verloren die Russen wenig 
stens 500 Tote, darunter viele Offiziere. Rach gründlicher 
Vernichtung der Stellungen gingen die Deutschen an ihre 
Ausgangspunkte zurück. Die 81. russische Division, die für 
besonders schlagfertig galt und erst zwei Tage zuvor von Ba 
ranowitschi her im Fußmarsch in den angegriffenen Ab 
schnitt gekommen war, erlebte eine schwere blutige Nieder 
lage, während die Deutschen, weil sie vorsichtig zu Werke 
gingen, nur geringe Verluste erlitten. Die hier gefangenen 
Russen wußten noch nichts von der Revolution und wollten 
auch nicht recht an sie glauben. Sie erzählten ferner, daß 
sie am liebsten schon früher übergelaufen wären, aber eigens 
gegen Überläufer bereitgestellte Maschinengewehre hätten 
sie daran gehindert. 
Die Russen griffen am 23. März nach kraftvoller Feuer 
vorbereitung auch bei Smorgon, Baranowitschi und am 
Stochod an. Ihre hier vorstoßenden Sturm- und Aufklä 
rungsabteilungen wurden durch Abwehrfeuer leicht zurück 
gewiesen. Die auflebende Gefechtstätigkeit der Feinde hatte 
viele Flieger zum Aufstieg veranlaßt. Bei Dünaburg ver 
loren die Russen im Luftkampf ein Flugzeug und am Drys- 
wjatisee büßten sie einen Fesselballon ein. 
In der Gegend von Jllurt gab es an den nächsten Tagen 
heftigere Zusammenstöße, bei denen die Russen neben blu 
tigen Verlusten auch 30 Gefangene und 1 Maschinengewehr 
einbüßten. Westlich von Luck, nördlich von der Bahn Zlo- 
czow-Tarnopol und bei Brzezany richteten die Feinde am 
26. März heftiges Trommelfeuer auf die Stellungen der 
Verbündeten, worauf sie in ganzen Bataillonen angriffen. 
Die Feinde wurden aber von dem Abwehrfeuer der Ber- 
teidiger gefaßt und die Stürmenden trachteten deshalb, ihre 
Ausgangslinien schleunigst wiederzugewinnen. 
An demselben Tage konnten die Deutschen infolge eines 
gewissenhaft vorbereiteten Unternehmens einen wertvollen 
Fortschritt erzielen. Südöstlich von Baranowitschi (siehe 
die Karte Seite 292 oben) sprang die deutsche Front in 
der Nähe der im Besitz des Feindes befindlichen Ruinen 
von Labusy und Nagornja rund 600 Meter stark nach Osten 
vor und bog sich dann in einem spitzen Winkel, der berüch 
tigten Rase von Baranowitschi, wieder nach Westen zurück. 
Bei dem Dorfe Darowo näherte sie sich dem Westufer der 
Schtschara. Bei Labusy bildet der Fluß eine Ausbuchtung 
nach Osten, die die Russen zu einem starken Brückenkopf 
ausgebaut hatten und die durch ein vielverschlungenes, 
stark gesichertes Grabennetz zu einem wertvollen Äusfalltore 
geworden war. Weil Baranowitschi ein wichtiger Eisen 
bahnknotenpunkt ist und die Russen bis tief in das Gelände 
hinter dem Brückenkopf eine vollspurige Bahnlinie gelegt 
hatten, mußte damit 
gerechnet werden» daß 
etwaige Angriffe der Rus 
sen hier die deutschen 
Linien gefährden könn 
ten. An dem Vorsprung 
selbst spielte sich seit lan 
gem schon ein Kampf 
mit Minen ab, der zwar 
den Russen die meisten 
Opfer kostete, aber auch 
den Deutschen Verluste 
brachte. Deshalb beab 
sichtigten die Deutschen, 
ihre Stellung hier durch 
einen kräftigen Vorstoß 
zu verbessern und die 
Russen nördlich von La 
busy aus dem Schtschara- 
knie auf das östliche Fluß 
ufer zurückzudrängen. 
Die deutsche Linie sollte 
soweit vorgeschoben wer 
den, daß der Feind nicht 
daran denken konnte, sich 
in gefährlicher Nähe ein 
zunisten. Dazu mußte 
ein Angriff in 2 1 /« Kilo 
metern Breite und 700 
Metern Tiefe durchge 
führt und zugleich die 
russische Feldwache bei
	        
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