Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

288 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
merkfamkeit vom einzelnen Mann und lastet ihm ein ganz 
gehöriges Stück Verantwortung auf. Nur vorzügliche Er 
ziehung kann den Soldaten befähigen, diesen Aufgaben 
in jeder Hinsicht gerecht zu werden. Im Vorpostendienst 
ist der Mann ganz auf seine Geschicklichkeit, Findigkeit und 
Entschlossenheit angewiesen und manche frische, unglaub 
lich waghalsige Tat bewies, wie der deutsche Infanterist 
im Weltkriege seinen Vorpostendienst auffaßte, wie er als 
ein Meister dieser taktischen Kleinkunst aufzutreten im 
stande war. 
Angriff eines deutschen Stoßtrupps mit 
Handgranaten und Flammenwerfer auf 
einen englischen Trichtergraben bei Sailly- 
Saillifel. 
«Hierzu die Bilder Seite 273 und 288.» 
Zu Anfang des Jahres 1915 wurde an der deutschen 
Westfront verschiedentlich der Wunsch rege, nach französischem 
Muster zur Ver 
vollkommnung der 
Kampfarten ini 
Stellungskriege 
Sturm- und Stoß 
truppe auszubil 
den. Infolgedessen 
stellten einzelne 
Armeen zunächst 
Sturmbataillone 
(Abteilungen)^ auf, 
die »richt nur als 
Lehrtruppen/ son 
dern auch zur Lö 
sung schwieriger 
Sturmaufgäben 
dieiren sollten. 
Ihre Ausbil 
dung, die auf be- 
soirderen Übungs 
plätzen erfolgt, ist 
dementsprechend 
gründlich. Das 
Führer-undMann- 
schaftspersonäl ist 
ausgesucht gut. 
Körperlich und 
geistig hervorra 
gend für ihre 
schwere Aufgabe 
befähigt, kaltblütig 
und eirtschlossen 
und mit einem ge 
wisser: Stolz im 
Bewußtsein ihrer 
gefahrbringenden 
Sonderbestim- 
nrung, bilden diese 
prächtigen Leute 
mit ihrer eisernen 
Manneszucht und 
lebendigen Dienst- 
freudigkeit wahre 
Vorbilder für ihre 
Kameraden. Häu 
fig kehren sie bleich 
und erschöpft von 
der Anstrengung 
des Körpers und 
der Nerven zurück, 
oft auch blutend, 
»nit rauchgeschwärzten: Gesicht, zerrissenen und schmutzigen 
Kleidern; doch ihre Augen leuchten vor freudigem Stolz, 
wenn sie von den ihnen zujubelnden Kameraden in der 
Ruhestellung umringt werden. Bald ist dann unter frohem 
Gesang das geistige Gleichgewicht und die körperliche Lei 
stungsfähigkeit wiederhergestellt, zuinal die Handstreiche in 
folge ihrer überaus gründlichen Vorbereitung meist gelingen 
und mit verhältnismäßig geringen Verlusten verbunden sind. 
Unteroffiziere und Mannschaften der Sturmtruppen er 
halten erhöhte Löhnung und einen beso,:deren Verpfle- 
gungszuschuß, außerdem noch Beutegelder. 
Die Ausrüstung des Sturmsoldaten besteht aus Rock, 
Hose mit Lederbesatz am K»:ie und Gesäß, Wickelgamaschen, 
Gebirgschnürschuhen, Stahlhelm (aus Cromnickelstahl, etwa 
2 Pfund schwer). Karabiner oder Revolver, Dolch,, zwei 
Säcken mit 8 bis 12 Stielhandgranaten und vier leeren 
Sandsäcken zum Ausbauen der neuen Stellung oder zum 
Abdämmen eines Grabenteils. Einzelne Leute tragen eine 
Ledertasche mit 8 bis 12 Eierhandgranaten und haben am 
linken Unterarm eine Abreißvorrichtung für Hairdgranaten. 
Am Koppel oder auf der Brust wird die Bereitschafts- 
büchse für die Gasmaske befestigt. Zwei Feldflaschen, der 
Brotbeutel mit eiserner Portion und Munition vervoll 
ständigen die Ausrüstung. 
Unser Bild auf Seite 273 zeigt eine Sturmgruppe, die. mit 
einem tragbaren kleinen Flammenwerfer versehen, einen noch 
besetzten englischen Erabenteil ausräumt. Die Mannschaf 
ten gehören einem Pionierregiment der Garde an, das als 
Auszeichnung auf den: linken Unterärmel die Nachbildung 
eines Totenkopfes 
trägt.. Nach gehö 
riger Vorbereitung 
durch Minenwer 
fer und Eraben- 
gefchütze galt es zu 
nächst eine Ein 
bruchstelle zu schaf 
fen. Diese Arbeit 
übernahm der 
Flammenwerfer. 
Während die in 
Minentrichtern lie 
genden Handgra 
natenwerfer ihre 
Geschosse fortwäh 
rend auf den Feind 
schleuderten, arbei 
tete sich der Flam- 
»nenwerfer bis auf 
wirksame Entfer 
nung, etwa 30 Me 
ter, zu dem Geg 
ner hin und spritzte 
von dort aus den 
flammenden Ol- 
strahl, der riesige 
schwarze Rauch 
wolken entwickelte, 
in die feindliche 
Stellung. Diesen 
Augenblick benutz 
ten die gedeckt in 
den Eranatlöchern 
liegenden Stoß 
mannschaften, um, 
zahlreiche Haird 
granaten werfend, 
vorzubrechen und 
in die englischen 
Grabenreste einzu 
dringen. Sofort 
setzte sich die Welle 
desUnterstützungs- 
trupps, der unge 
fähr 60 Meter wei 
ter zurück eben 
falls bereit gestan 
den hatte» in Be 
wegung, um mit 
wenigenSprüngen 
den feindlichen Graben zu erreichen. Da aus einigen Unter- 
stäirden heraus noch Widerstand geleistet wurde, „pinselte" 
der Flaininenwerfer einmal hinein, worauf sich die Kanadier 
ergaben. Dem Befehle entsprechend wurden mit behelfs 
mäßigen Ladungen (iin Bilde links) noch einige Sperren iin 
Graben beseitigt und dann wurde mittels Sprengmunition 
derRestder Stellunggrüirdlich zerstört. 16Kanadier gerieten 
bei der Unternehmung in Gefangenschaft. Derartige Überfälle 
fanden in der Gegend von Sailly-Saillisel sehr häufig statt. 
Gefreiter eines sächsischen Sturmtrupps. 
Nach dem.Leben gemalt von dem bei der Kronprinzenarmee zugelassenen Kriegsmaler Ernst Vollbehr. 
Nach dem im Besitz des Deutschen Kronprinzen befindlichen Originalgemalde.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.