Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
bürg noch ziemlich lebhaft, ohne indes irgendwelche bemerk 
bare Frontverschiebungen erzwingen zu können. Von 
den Deutschen am 11. Januar südwestlich von Riga zur 
Verbesserung ihrer Stellungen angesetzte kleine örtliche An 
griffe hatten den beabsichtigten Erfolg und brachten da 
neben 32 Gefangene ein. In den folgenden Tagen aber 
erlosch die Kampftätigkeit fast völlig; erst am 16. Januar 
wagten die Russen eine neue Folge von Angriffen, die sie 
mit noch größerem Machtaufwand als bisher durchführen 
wollten. Nach starkem Artilleriefeuer gelangten die Feinde 
in schmaler Front stellenweise bis in die deutschen Linien. 
Dort konnten sie sich aber wieder nicht halten, denn ein 
Gegenstoß brachte die ganze Stellung restlos in deutschen 
Besitz zurück. Der Verlust der Russen an Toten war an 
diesem Tage besonders groß. Diese bedeckten weithin das 
verschneite Schlachtfeld. Zehnfacher feindlicher Übermacht 
gelang es am nächsten Tage, in die vorgeschobene deutsche 
Feldwache nördlich Kraschin einzudringen, doch bald er 
schienen deutsche Verstärkungen, die die Russen auch von 
hier vertrieben und den Posten wieder besetzten. 
So war das Ergebnis aller Bemühungen der Russen 
für diese durchaus nicht erfreulich. Ihrem Ziel, Mitau, 
waren sie nicht nähergekommen, obwohl die Truppen, in 
der Hauptsache lettische Bataillone, mit anerkennenswerter 
Tapferkeit gefochten und auch dementsprechende Verluste 
erlitten hatten. Der Mißerfolg wurde von russischer 
Seite nicht in Abrede gestellt. 
* * 
-l- 
Die Vorstöße der Russen im Norden der Ostfront sollten 
der russisch-rumänischen Front /siehe die Karte Seite 135) 
Entlastung bringen. Dieser Zweck war nicht erreicht worden 
und die Operationen der verschiedenen Heeresgruppen der 
Mittelmächte nahmen im Süden ihren ungestörten Fort 
gang. Auf dem Westufer des Sereth waren fast alle wert 
vollen Widerstandspunkte eingedrückt worden, nun galt es, 
den Fluß selbst zu überwinden. Das erforderte die Her 
beischaffung von Brückenbaugeräten /siehe Bild Seite 130) 
und eine Fülle sonstiger Vorbereitungen, die den Gesamt 
verlauf der Ereignisse zunächst verlangsamten. Auch die 
Russen trafen Vorbereitungen; sie richteten sich auf die 
nachdrücklichste Verteidigung des wichtigen Serethabschnittes 
ein und scheuten nichts, um hier den Vormarsch der geg 
nerischen Streitkräfte endgültig aufzuhalten. Südrußland 
war bedroht. Die Russen fühlten es und zogen ihre Schlüsse 
daraus. Die Bevölkerung, soweit sie nicht arbeitsfähig war 
und nicht für den Bau von Verteidigungsanlagen gepreßt 
werden konnte, schob man ab, Schulen wurden nach der 
Krim verlegt, kurz, man sorgte für alle Möglichkeiten in 
der umfassendsten Weise vor. 
An drei Hauptstellen blieb die Eefechtstätigkeit schlachten 
mäßig und führte zu bedeutenden Ereignissen und neuen 
Siegen der Verbündeten. Am erbittertsten tobten die 
Kämpfe nördlich Braila, im Raume von Fundeni und im 
Gebirge im Bereich der Heeresgruppe des Erzherzogs Jo 
seph. Deren linker Flügel lag noch in den Karpathen. Tief 
in den Schnee eingegraben, verharrten die deutschen und 
österreichisch-ungarischen Feldwachen /siehe Bild Seite 131 
unten) auf ihren sturmumbrausten Posten, um dem Feind 
Geheimnisse abzulauschen und die eigenen Truppen vor 
Überraschungen zu sichern. Auch Kavallerie konnte an ein 
zelnen Stellen Verwendung finden, wenn es sich darum 
handelte, den Feind zu umgehen und Teile seiner Ver 
bände abzuschneiden /siehe Bild Seite 131 oben). 
^ Der rechte Flügel der Armeegruppe des Erzherzogs 
Joseph dagegen und die sich südlich anschließenden, aus 
deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen gebildeten 
Streitkräfte des Generals v. Eerok stießen im Gebirge 
durch die zum Sereth führenden Täler trotz aller Unbilden 
der Witterung kräftig vor und sahen sich dabei überall 
schweren feindlichen Gegenangriffen ausgesetzt, die frei 
lich keine Rückschläge herbeiführten, sondern den Vormarsch 
nur verlangsamten. Immer wieder griffen die Russen 
und Teile des rumänischen Heeres die vordringenden 
Armeen an /siehe Bild Seite 137), doch wurden sie stets 
erfolgreich abgewehrt und ihnen empfindliche Verluste zu 
gefügt. Im weiteren Vorwärtsschreiten drängten die ver 
bündeten Truppen die Feinde trotz ungünstiger Witterung 
und schwierigster Geländeverhältnisse in dem zerklüfteten 
Waldgebirge Schritt für Schritt zurück; am 8. Januar 
stießen sie beiderseits des Casinu- und des Susitatales auf 
sorgfältig ausgebaute verdrahtete Stellungen, die nach 
scharfem Kampf genommen und gegen Wiedereroberungs 
versuche gehalten wurden. Am folgenden Tage von Russen 
und Rumänen wiederholte zahlreiche wuchtige Gegen 
angriffe auf die ihnen entrissenen Höhenstellungen im 
Susitatal scheiterten abermals unter blutigsten Verlusten; 
im Casinutal wurden die Feinde gleichzeitig noch weiter 
zurückgedrängt. An beiden Kampftagen hatten sie über 
900 Gefangene und 3 Maschinengewehre eingebüßt. 
In den Kämpfen um die Talausgänge trat auch Tags 
darauf keine Pause ein. Zwischen dem üz- und dem Su- 
itatal wurden von deutschen, österreichischen und ungari- 
chen Truppen weitere Fortschritte erzielt. Der bedeu 
tendste Schlag des Tages fiel nördlich der Oitozstraße. 
Dort zeichnete sich das Infanterieregiment Nr. 189 durch 
einen verwegenen Sturmangriff in schwierigstem Berg 
gelände unter der Führung seines tapferen Obersten aus 
/stehe Bild Seite 132/133). Die russische Befestigungs 
linie wurde nach Überwindung harten Widerstandes den 
Feinden entrissen. 6 Offiziere mit über 800 Mann fielen 
in Gefangenschaft, außerdem eroberten die Sieger 6 Ma 
schinengewehre. Der schöne Erfolg trug noch am nächsten 
Tage reiche Früchte, indem er den Fall mehrerer hinter 
einander liegender russischer Höhenstellungen nach sich zog, 
wobei die Feinde äußerst schwere blutige Verluste erlitten 
und 60 Gefangene, 6 Maschinengewehre sowie 3 Minen 
werfer verloren. Gegenstöße, die in diesem Abschnitt der 
Feind am 12. Januar unternahm, führten zu erbitterten 
Nahkämpfen, die für ihn sehr opferreich waren, ihm aber 
keinen Gewinn einbrachten. 
Weiterhin rückten deutsche Abteilungen auch nördlich 
des Slaniotales vor, nachdem sie den Russen unter harten 
Kämpfen wertvolle Stellungen entrissen hatten, in denen 
der Feind bei seinem Rückzug 7 Maschinengewehre, 1 Minen 
werfer, viel Gewehrmunition und über 3000 Handgranaten 
zurückließ; daneben büßte er 4 Offiziere und 170 Mann als 
Gefangene ein. 
Die nächsten Tage füllten die deutschen und österreichisch 
ungarischen Truppen mit umfassenden Vorbereitungen zu 
neuen Ünternehmen aus. Die notwendigen Maßnahmen 
zur Sicherung des Nachschubes erwiesen sich als außer 
ordentlich zeitraubend, weil ganz bedeutende Gelände- 
schwierigkeiten zu überwinden waren. Die Geschütze 
mußten oft bergauf und bergab geschafft werden, wenn es 
galt, Schluchten zu überqueren. Wo Pferde und Kraft- 
wagen nicht mehr hinkamen, spannten sich bie Kanoniere 
selbst vor ihre Geschütze und zogen sie an Stricken weiter 
oder schoben sie durch den tiefen Schnee. 
Am 17. Januar kam es wieder zu einem Zusammenstoß 
zwischen Susita- und Putnatal, wo die Verbündeten dem 
Feinde neue Stellungen entrissen und 1 Offizier und 
230 Mann gefangen nahmen. Auch 1 Maschinengewehr 
fiel ihnen in die Hände. In dem Bestreben, ihren Gegnern 
nördlich des Susitatales die erreichten Vorteile streitig zu 
machen, spannten rumänische Streitkräfte besonders am 
19. Januar alle Kräfte an; fünfmal stürmten sie nach 
wuchtiger Artillerievorbereitung vor, wurden aber immer 
mit großen Verlusten zurückgeschlagen und verloren dazu 
noch 400 Gefangene. Weitere ünternehmen der Russen 
und Rumänen gegen die gesamte Front der Heeresgruppe 
v. Eerok und den Südflügel des Erzherzogs folgten; es 
war ihnen aber bis zum 22. Januar nicht möglich, den 
Vormarsch dieser Truppen zu hindern oder den Druck auf 
die Flanke des nördlich Focsani noch stehenden russischen 
Flügels auszuhalten; im Gegenteil, die Verbündeten rückten 
langsam aber stetig vor, trotz Nebel, Schnee und Kälte. 
Wie die Russen und die Reste der rumänischen Armee 
im Gebirge dem weiteren Vordringen der Angreifer Halt 
zu gebieten versuchten, mühten sie sich auch am Mittelläufe 
des Sereth ab, dasselbe Ziel zu erreichen. Nach der Er 
oberung von Focsani drangen die Sieger dem Feinde sofort 
kräftig nach und faßten am 9. Januar nach Überwindung 
des Widerstandes feindlicher Nachhuten auch auf dem 
linken Putnaufer Fuß. Auf der ganzen Strecke von Focsani 
bis Fundeni 'zwangen die Angreifer die Russen, das östliche 
Putnaufer zu verlassen und hinter den Sereth zurück 
zugehen. Dabei wurden noch 550 Gefangene gemacht. Der 
Angriff am Mittellauf des Sereth richtete sich nun gegen 
die ausgedehnten Brückenkopfstellungen von Fundeni und
	        
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