Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
stinkt für die beste Art, dem 
Sperrfeuer eine Nase zu 
drehen. Er kommandierte: 
„Jetzt hinlegen, Herr Haupt 
mann !" Zehn bange Minu 
ten dehnen sich zu Stunden. 
Leuchtkugeln steigen. Erde 
und Splitter sprühen durch 
die Luft. „Nu aber los! 
Laufen!" Sie springen auf 
und rennen über Trichter, 
Leichen und Hindernisse hin 
weg. Der Hauptmann ist 
schwer bepackt, nach hundert 
Metern will er innehalten, 
er kann einfach nicht mehr. 
„Nee, nee, Herr Hauptmann, 
laufen, immerzu laufen!" 
Und der treue Bursche er 
greift den Hauptmann am 
Arm und reißt ihn mit, un 
widerstehlich. „Wenn ich 
nicht gelaufen wäre, lägen 
meine Gebeine heute in ir 
gend einem Eranatloch ver 
streut," sagte der Baron. 
Der Mann aber machte den 
selben Weg in der Nacht 
noch einmal, zum sechsten 
Male, hin und zurück und 
kam unverletzt durch. 
In Combles waren etwa 
zwanzig Schwerverwundete in den Katakomben zurück 
gelassen worden. Auf dem Rückmarsch wurde ein Offizier 
mit dreißig Mann der Nachhut gefangen. Insgesamt hat 
das Regiment während der ganzen Kämpfe an Gefan 
genen fünfundachtzig Mann verloren. Es hat vom 18. 
bis 25. September sieben größere und kleinere Angriffe 
abgewehrt. Der Rückmarsch vollzog sich in größter Ord 
nung. Alle Maschinengewehre kamen schußbereit zurück. 
Die beiden Bataillone wurden sofort in der Riegelstellung 
kampfkräftig eingesetzt. 
Während der ganzen Nacht wurde Combles mit den 
schwersten Kalibern vom Feinde beschossen. Achtundvierzig 
Stunden lang ununterbrochen dauerte nun die Eas- 
beschießung an. Am 26. September, fünf Uhr früh, drangen 
die Franzosen mit wildem Ungestüm in Combles ein. Sie 
waren überhaupt viel schneidiger im Angriff als die Eng 
länder, die nicht selten die 
Vorsicht als den besseren 
Teil der Tapferkeit erkann 
ten. Sie folgten etwas 
später von Norden und 
stießen zu ihrer Verwunde 
rung am Bahnhofsplatz an 
statt auf die Deutschen auf 
ihre Verbündeten. Die 
Freude dürfte kurz gewesen 
sein, denn die deutsche Ar 
tillerie spendete sogleich be 
reitwillig ihren Segen zu 
der Verbrüderung. 
Ein paar Zahlen mögen 
kurz die Fürsorge für die 
leidliche Wohlfahrt der käm 
pfenden Truppe erläutern: 
Die Reservedivision, die in 
diesen schweren September 
tagen im Abschnitt Combles 
kämpfte, schickte an ihre 
Regimenter vom 24. bis 
29. September hinaus: 425 
Flaschen Sekt, etwa 10 000 
Flaschen Rotwein, 127 000 
Flaschen Wasser, 72 000 Kilo 
gramm Fleischportionen. 
Der Divisionsstab hat keinen 
Wein gehabt indiesen Tagen. 
Eben, da ich diese Zeilen 
beschließe, lese ich in dem 
Bericht des Marschalls Haig von: 23. Dezember über die 
Sommeschlacht: „Die Einnahme von Combles auf diese 
wohlfeile Art bedeutete einen nicht unerheblichen taktischen 
Gewinn. Obwohl in einer Mulde gelegen, war das Dorf 
sehr stark befestigt und besaß, unterstützt durch Feldwerke, 
ungemein große Keller und tiefe Gänge ..." 
Wir sehen, der Marschall kommt der Wahrheit schon 
etwas näher als die Offiziere rnrd sonstigen Märchen 
erzähler über die Erstürmung von Combles. Aber so ganz 
richtig in die Wahrheit hinein steuert er doch noch nicht. 
Seinen Ärger über die mißglückte Abschneidung der tapferen 
Verteidiger verbirgt er hinter der Genugtuung über den 
„wohlfeil" erstandenen taktischen Gewinn. Nun, mir scheint, 
daß die vielen Tausende großer Granaten, die Combles 
zu allem übrigen die Feinde gekostet hat, auch in Eng 
land nicht gerade von den Bäumen geschüttelt werden. 
Kriegslage beim deutschen Friedensangebot.
	        
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