Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
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Verteidigung des polnischen Gutes Poronosziewo (Gouvernement Suwalki) durch die 1. Kompanie des 1. Ersatzbataillons des ^str-Jnfanterieregimenks Nr. 12 gegen Teile der russischen Jnfanterieregimenter Tambow Nr. 122 und Koslow Nr. 123 und Kommandos 
vom 4. Sappeurbataillon am 6. Oktober 1914. Nach einer ßlzeichnung von A. Wald, der an jenem Tage den Truppenteil befehligte. 
Nahmen des Gefechtsabschnitts für fast fünf Kompanien des 
Feindes. Eine Gruppe von vier berittenen Offizieren 
hielt auf dem äußersten Flügel der langsam vorgehenden 
ersten Welle — Artilleriebeobachter! Bis auf 600 Meter 
gingen die erste und die nächstfolgenden vier bis fünf 
Schützenlinien vor, gruben ihre Mulden und verschwanden 
zunächst spurlos. Allmählich eröffneten sie das Feuer, das 
von uns ebenfalls in steigendem Maße erwidert wurde, und 
versuchten nun, sich gruppenweise vorzuarbeiten. Das von 
mehreren Abzugsgräben durchzogene Wiesengelände gestat 
tete ihnen, an mehreren Stellen bis auf 300 Meter heran 
zukommen. Dort verstummte sofort ihr Feuer, und es be 
gann ein verblüffend schnelles Eingraben. Mehrere weitere 
Vorstöße scheiterten jedoch, und das lebhafte Feuer ließ 
etwas nach. Nicht lange aber dauerte diese Feuerpause. 
Von fernher tönte plötzlich ein pfeifendes Heulen, und un 
mittelbar darauf schlug dreißig Schritt vor unserer Stellung 
eine Granate in den schweren Wiesenboden, eine kohl 
schwarze Erd- und Rauchwolke in die Höhe schleudernd. 
Sofort lebte das Jnfanteriefeuer wieder auf. Eine zweite 
Granate schlug in die Vorderfront des Stallgebäudes und 
blieb, ohne zu platzen, bis zur Hälfte darin stecken, die dritte 
platzte auf dem Wege vor dem Schützengraben, während 
die vierte, mitten auf dem Gutshof krachte und dort einen 
Gutswagen zertrümmerte, sowie zwei, trotz des Gefechts 
butternde Offiziersburschen in einer Scheune Deckung zu 
suchen veranlaßte. 
Aber mit größter Treue hielt die Erabenbesatzung 
ihre Plätze, die immer wieder einsetzenden Versuche ein 
zelner Gruppen des Gegners zum Sturmangriff vorzu 
stoßen, durch ihr gutgezieltes Feuer niederhaltend. Die 
Geschosse der russischen Artillerie setzten jetzt den Dachstuhl 
des Stallgebäudes in Brand; beizender Qualm und Ee- 
treidestaub füllte das Innere, während die Infanterie- 
geschosse immer ungehinderter durch die zerschossene Vor 
derwand pfiffen. Die Lage der wackeren Verteidiger wurde 
von Minute zu Minute schwieriger. Da kam endlich Hilfe 
durch deutsche Artillerie. Einige Granaten suchten ihr 
Ziel bei den Russen, deren Feuer sofort abflaute. 
Wie sich später ergab, war der Standort der russischen 
Artillerie im Walde druck) unsere Artilleriebeobachter ent 
deckt und die Geschütze durch Feuerüberfall nach wenigen 
Minuten zum Schweigen gebracht worden. Das wieder auf 
lebende Feuer der russischen Infanterie nahm jetzt Formen 
an, die der unsinnigsten Munitionsverschwendung gleich 
kamen. Die deutsche Infanterie dagegen schoß langsamer und 
zielte dafür genauer. Die Treffergebnisse ihrer Fleckschüsse 
auf 250 und 300 Meter mehrten sich, immer weniger ant 
wortete der Feind, um plötzlich mit einem Schlag zu ver- 
stumnren. An einzelnen Stellen seiner Linie wurden auf 
aufrecht gestellten Gewehrmüudungen kleine Flaggen sicht 
bar, offenbar das Signal zum Rückzug. Sofort begann ein 
ameisenartiges Rückwärtskriechen und Verschwinden in den 
Wassergräben hinter der Gefechtslinie. Unser lebhaftes 
Verfolgungsfeuer im Verein mit den wirkungsvollen 
Lagen unserer Batterie, deren Schrapnelle förmlich dem 
Lauf der Wassergräben folgten, veranlaßte die Russen zu 
immer größerer Eile, und es dauerte kaum zwanzig Minu 
ten, bis die Überreste der zuletzt große Klumpen bildenden 
ausgedehnten Schützenlinie im gegenüberliegenden Wald 
verschwunden waren. 
Da die Lage in den deutschen Nachbarabschnitten noch 
ungeklärt war, worauf entfernter Kanonendonner schließen 
ließ, wurde zunächst unsere Stellung in den paar letzten
	        
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