Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/18 
l Fortsetzung.) 
Die Bedingungen für den Waffenstillstand init Öster 
reich-Ungarn durften erst am 4. November veröffentlicht 
werden. Dir.se Bestimmung hatten die Italiener festgesetzt, 
weil sie bei Bekanntgabe der Bedingungen bereits im Besitz 
von Trient und Triest (siehe die Bilder in Band II 
Seite 442 und 443) sein wollten, um sagen zu können, daß 
sie ihr nächstes Kriegsziel, die Befreiung der von Ita 
lienisch sprechender Bevölkerung bewohnten Gebiete Öster 
reich-Ungarns, durch Waffengewalt erreicht hätten. Die 
Italiener machten sich den „Sieg" überhaupt leicht. AIs die 
k. u. k. Truppen, die auf der ganzen Linie zurückgingen, bereits 
davon verständigt worden waren, daß der Waffenstillstand 
am 3. November mittags in Kraft träte, behaupteten die 
Italiener entgegen den klaren Bestimmungen des Ver 
trages, es läge ein Mißverständnis vor, denn die Waffen 
ruhe begönne erst am 4. November mittags. Sie setzten 
ihre Kriegshandlungen ruhig fort und machten auf die ein 
fachste Weise Beute und Gefangene, weil die Österreicher 
und Ungarn den erhaltenen Befehlen entsprechend keinen 
Widerstand mehr leisteten. Die Italiener sandten Panzer 
wagen aus, die die k. u. k. Streitkräfte überholten, hinter 
diesen hielten und die Truppen als gefangen erklärten. 
So gelang es dem italienischen Oberführer Diaz, noch in 
letzter Stunde Eefangenenzahlen zu melden, mit denen 
er einen überwältigenden Sieg vortäuschen konnte. Die 
Wirkung auf die urteilslose Masse blieb nicht aus; hatte sie 
eben noch in tiefster Niedergeschlagenheit den Frieden um 
jeden Preis herbeigesehnt, so überbot sie sich jetzt selbst in 
der Forderung erdrückender Friedensbestimmungen für die 
Gegner. 
Schon die Waffenstillftandsbedingungen waren für die 
Österreicher und Ungarn schlechthin erbarmungslos. Trotz 
dem diese bei Einleitung der Waffenstillstandsverhandlungen 
noch nicht geschlagen waren und noch einen großen Teil 
feindlichen Bodens fest in der Hand hielten, außerdem ihre 
standhaltende Bergfront noch eine gefährliche Flanken 
bedrohung für die auf dem östlichen Piaveufer kämpfend 
vorwärts strebenden feindlichen Heeresverbände bildete, 
wurden ihnen Bedingungen auferlegt, wie sie so schwer 
bisher nur selten vorgekommen und nur einem völlig ver 
nichteten Gegner aufgezwungen worden waren. Außer 
der Räumung der von den k. u. k. Truppen besetzten ita 
lienischen Landesteile und der Städte Trient und Trieft 
sowie Dalmatiens (siehe Bild Seite 306 unten) beanspruch 
ten die Feinde auch das Recht zur Besetzung rein deutscher 
Landesteile der Monarchie und legten eine Grenzlinie in den 
Alpen fest, die alle wichtigen Alpenübergänge nicht nur nach 
dem Innern des Landes, sondern auch nach Deutschland 
hin in ihre Hand lieferte. 
Diese Grenzlinie entsprach mit geringen Änderungen 
der Grenze, die Italien im Londoner Abkommen zu 
gesprochen worden ist und die wir auf unserer Karte in 
Band VIII Seite 162 bereits veranschaulicht haben. Sämt 
liches Kriegs- und Eisenbahngerät mußte in diesen Räu 
mungsgebieten zurückgelassen werden. So sicherten sich die 
Verbandsheere für den Aufmarsch gegen Deutschland die 
Paßübergänge an der Reschen-Scheideck, am Brenner und 
an der Ziller. Von hier aus konnten sie ohne Schwie 
rigkeit durch das Junta! gegen die bayrische Süd- und 
Ostgrenze vormarschieren. Die Waffenstillstandsbedingun 
gen räumten den Feinden ausdrücklich freie Truppen 
bewegung auf jeder Straße, jedem Schienenstrang, stdem 
Wasserwege der österreichisch-ungarischen Länder und das 
Recht der Benutzung aller Verkehrsmittel des Landes ein 
ix. Band. 
Franzensfeste in Tirol. 
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