Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
(Fortsetzung.) 
„Wir haben keine Ursache, zu verzagen," sagte am 
24. September General v. Wriesberg, der-Stellvertreter 
des deutschen Kriegsministers, vor dem Hauptausschuß des 
Deutschen Reichstages, als er Erläuterungen zur Kriegs 
lage an der Westfront gab. Diese Worte wurden zu 
einer Zeit gesprochen, der eine Woche folgte, die für die 
Mittelmächte schwerwiegende politische und kriegerische Er 
eignisse bringen sollte. Die Friedensanregung der öster 
reichisch-ungarischen Regierung fand nur bei den Vierbund 
mächten Zustimmung, wogegen sie vom Verband, der gerade 
dabei war, seine Vernichtungspläne in die Tat umzusetzen, 
einmütig abgelehnt wurde. In diesen Kreisen herrschte, 
mindestens soweit die Drahtzieher um Clemenceau und um 
Wilson in Betracht kamen, geradezu Furcht vor dem Frie 
den; Wilson erweiterte seine rasch gegebene Absage an die 
österreichisch-ungarische Regierung noch durch die Erklärung, 
daß vor völliger Niederwerfung Deutschlands und Österreich- 
Ungarns vom Frieden überhaupt keine Rede sein könne. 
In der französischen Kammer kam es bei der Beratung der 
neuerlich angeforderten Kriegskredite zwar zu lebhaften 
Mißfallensäußerungen gegen 
die Kriegshetzer, schließlich er 
folgte aber doch die Annahme 
der Vorlage. Dagegen stimm 
ten nur drei der sogenannten 
Kienthaler Sozialisten. 
An der Front stand Gene 
ral Foch im Begriff, einen 
neuen großen Schlag zu füh 
ren, von dem man in allen 
Regierungskreisen der West 
mächte noch für das Jahr 1918 
die Entscheidung erwartete. 
Mit der Wiederherstellung des 
militärischen Gleichgewichtes, 
das gegen Mitte September 
als erreicht betrachtet werden 
konnte, war den Feinden nicht 
gedient. Man wollte politisch 
imb militärisch mehr. Mit un 
endlicher Mühe räumten die 
feindlichen Divisionen in dem 
toten Gelände vor den deut 
schen Siegfriedstellungen alle 
Hindernisse hinweg, um die 
Kampffühlung mit den Deut 
schen rasch wiederherzustellen 
und zu behalten. 
Eine große Enttäuschung 
für die Engländer wurde die 
Schlacht zwischen Cambrai und 
St. Quentin (siehe die Karte 
Seite 114), die am 22. Sep 
tember mit einen: Abwehrsieg 
der Deutschen endete. Die Häu 
fung der Angriffstruppen im 
Sommetale, die Bereitstellung 
amerikanischer Bataillone, die 
bedeutenden Aufgebote von 
kanadischen und britischen Rei 
tern und die Zusammenfassung 
zahlreicher Tankbataillone an 
geeigneten Stellen schienen den 
feindlichen Kriegsberichterstattern recht zu geben, die behaup 
teten, daß eine in ihren Wirkungen „verzehnfachte Somme 
offensive" als „Entgegnung des Marschalls Foch auf den 
Friedensruf aus Wien" eingeleitet worden wäre. Aber diese 
verzehnfachte Sommeoffensive hatten die Deutschen unter 
schwersten Verlusten für den Feind zum Scheitern gebracht. 
Die 2. Eardedivision zeichnete sich östlich und südöstlich von 
Epehy sowie zwischen dem Omignonbach und der Somme 
wieder besonders ruhmvoll aus. Die Zähigkeit und Kühn 
heit der deutschen Verteidiger und die ganz beträchtlichen 
Verluste, die sie ihren Gegnern zufügten, verwandelten die 
Siegesgewißheit der feindlichen Kämpfer bald in Nieder 
ix. Band. 
geschlagenheit, die sich auch ihrer englischen Heimat mit 
teilte. Doch in kurzer Zeit lebte die Hoffnung von neuem 
auf, denn die folgenden Ereignisse auf anderen Kriegschau 
plätzen ließen die Herzen wieder höher schlagen. 
Noch weniger Raumgewinn als die Engländer erzielten 
die Franzosen am 22. September zwischen Ailette und 
Aisne; ihre Verluste waren aber bedeutend schwerer als 
die ihrer Verbündeten. 
Tags darauf unternahmen die Deutschen im Abschnitt 
von St. Quentin starke Gegenangriffe, die sich bei Villers- 
Guislain und östlich von Epehy als sehr erfolgreich erwiesen. 
Die Deutschen nahmen wesentliche Teile von den in Feindes 
hand geratenen Grabenstücken zurück und machten auch 
Gefangene. Im weiteren Verlauf dieser Kämpfe setzten 
sie sich am 24. September östlich von Epehy in einer Linie 
fest, die sie vor Beginn der schweren Zusammenstöße am 
22. September innegehabt hatten. An demselben Tage 
führten aber auch Engländer und Franzosen neue heftige 
Angriffe durch, und zwar zwischen Omignonbach und 
Somme. Dichte Flugzeug- und starke Tankgeschwader 
' sowie schwerstes Feuer aus 
vielen feindlichen Batterien 
leiteten das Treffen ein. Der 
feindliche Eewaltstoß zielte auf 
die sogenannte Tommyhöhe 
zwischen den Dorftrümmern 
von Pontruet und Gricourt, die 
ebenso wie die beiden Dörfer 
nach blutigem Ringen in die 
Gewalt der Stürmenden ge 
rieten. Bald jedoch folgte ein 
deutscher Gegenangriff. Nach 
wuchtigem Wirkungsfeuer auf 
die neuen feindlichen Linien 
und auf die Batterien arbei 
teten sich die deutschen Trup 
pen näher und näher gegen 
den Feind vor, unterstützt von 
deutschen Fliegergeschwadern, 
die sich mit kleinen Bomben 
und Maschinengewehrfeuer na 
mentlich in der Bekämpfung 
von Panzerwagen erfolgreich 
erwiesen (siehe die Kunstbei 
lage). Die Dörfer waren in 
kurzer Zeit wieder in: Besitz 
der Angreifer; auch die vielum- 
strittene Höhe blieb schließlich 
nach mehrfachem Wechsel ihres 
Besitzers in den Händen der 
Deutschen. Von den Feinden 
konnten sich nur die Franzosen, 
die den Engländern auf diesen: 
Abschnitt zur Seite standen, 
eines geringen Erfolges er 
freuen; ihnen fiel das Dorf 
Francilly-Selency zu. Den Ge 
winnin der Nacht zum 25. Sep 
tember zu erweitern, gelang 
ihnen nicht, denn sie wurden 
im Dorf festgehalten und ver 
loren auch noch Gefangene. 
Zwischen Vesle und Aisne, 
wo schon am 28. August mecklenburgische Grenadiere dank 
hartnäckigem Eingreifen ihres Führers, Oberleutnants Bölcke 
vom Erenadierregiment Nr. 89 (siehe Bild Seite 212), einen 
Angriff der Amerikaner gegen Bazoches zum Scheitern ge 
bracht hatten, machten die Deutschen südlich von Glenne 
nun ihrerseits einen Ausfall. Sie brachen in die feind 
lichen Linien ein, zerstörten die französischen Verteidigungs 
anlagen und kehrten mit 85 Gefangenen in ihre Ausgang 
stellung zurück. 
Der 26. September bot in diesen Kampfabschnitten fast 
das gleiche Bild und hatte für die Feinde ganz dasselbe Er 
gebnis wie der vorangegangene Tag. Der deutsche Wider- 
27 
Phot. Hebenspcrger L Co.. Riga. 
Das Kriegerstandbild in Riga nach de? Enthüllung am 3. Sep 
tember 1918, dem Jahrestage der Befreiung der Stadt.
	        
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