Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
LebensmiLtelbeförderung durch Esel. 
Teutscher Soldatenfriedhof in Cerlcani in Mazedonien. 
Ankunft eines Lebensmitteltransportes. 
Bilder aus Mazedonien. 
Nach Aufnahmen des Bild- nnd Fllm-AmteS 
friedlicher Franzosen, meist auch noch 
Frauen und Kinder, fielen den Bom 
ben tot oder verwundet zum Opfer, 
und die Bevölkerung verlebte ängstlich 
und verschüchtert die Nächte meist in 
den Kellern. Der Stadtrat veran 
laßte daraufhin die Bildung einer 
Hilfsmannschaft, die sich bei zukünftigen 
Angriffen alarmbereit halten sollte, 
um die Verwundeten oder Verschüt 
teten zu bergen, und wandte sich 
an die jüngeren Mitbürger. Am Abend 
dieses Tages fand ich Madame Bä 
rin in Tränen. Reno hatte sich dazu 
gemeldet. Sie war seinerzeit froh ge 
wesen, ihn von den Erntearbeiten frei 
zubekommen und beim „ravitaillo- 
msnt" als Schreiber unterzubringen. 
Jetzt setzte er sich auch noch einer 
wirklichen Gefahr aus. Rens hörte 
ihren Klagen mit sichtbarem Unwillen 
zu, schwieg aber. Und ich, um meine 
Ansicht befragt, konnte nicht anders: 
ich sagte einfach: „Das ist sehr 
tapfer —" 
In Renös Augen leuchtete es für 
einen Augenblick wie dankbar auf. 
Dann kehrte der frühere Ausdruck 
zurück. Er war mir nicht freundlich. 
Die nächsten Tage vergingen in der 
üblichen Weise. Meine Besuche im 
Hause Barin glichen einander: stets 
die Frage nach den neuen Opfern, 
dem Einschlagsorte der Bomben. Rens, 
der wohl am genauesten unterrichtet 
sein mutzte, schwieg zu alledem. Nur 
einmal, als eine ganze Familie dem 
Angriffe zum Opfer gefallen war, 
sagte er ernst, fast zornig: „Es ist eine 
wahre Schlächterei —", aber er ver 
mied es, weitere Betrachtungen dar 
über anzustellen. Madame Barin 
drückte ihr Taschentuch an die Lippen 
und seufzte: „Unser armes Land, un 
sere armen Leute " 
Es war in einer der nächsten 
Nächte. Ich war ziemlich spät vom 
Dienste heimgekommen, hatte noch 
■** ein paar Zeilen geschrieben und wollte 
mich gerade schlafen legen, als die 
Sirenen zu heulen begannen. Ein 
Blick auf mein Handgelenk belehrte 
mich, daß es ein Uhr war: die übliche 
Angriffstunde der feindlichen Flieger. 
Und schon krachten die Flakgeschütze, 
die Maschinengewehre knatterten, 
Scheinwerfer blitzten auf. Ich drehte 
das elektrische Licht ab. Eben wollte 
ich in das Erdgeschoß zu meinen Ka 
meraden hinuntergehen, da — ein 
Krach, unbeschreiblich. Das Haus zit 
terte. Von der Decke des Zimmers 
fiel Putz herab, eine Tasse sprang 
vom Tische und zerschellte klirrend. 
Unwillkürlich hielt ich mich am Ka 
min fest. Noch ein paar Einschläge 
weiter entfernt. Die erste Bombe 
mutzte unmittelbar in unserer Nähe 
niedergefallen sein. Ich eilte die 
Treppe hinab. Unten kamen schon 
die Kameraden. Im gemeinsamen 
Wohnzimmer war die Gartentür zer 
schlagen. Das Abwehrfeuer hatte auf 
gehört. Wir treten auf die Straße. 
Ein Landstürmer kommt vorbeige 
rannt. Wir fragen nach dem Ein 
schlagsorte : „Rue Thiers — das ganze 
Haus ist zerstört — ich hole die 
Wache —", da ist er auch schon fort. 
Wir eilen in die Nachbarstratze. Richtig.
	        
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