Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
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Schutz gewähren, Schutz gegen Sicht, 
oft Schutz gegen Schutz. G^ländeaus- 
nutzung heitzt's in der Soldatensprache. 
Die Äugen der Luft, die Beobach 
tungsflieger, aber haben einen guten 
Blick und Einblick in das Gelände, das 
sich von oben gesehen wie ein großer, 
bunt bemalter Teppich ausbreitet. Darum 
zogen die Deutschen in der grauen, die 
Engländer in ihren grasgrünen Unifor 
men ins Feld, darum streiften auch bald 
die Franzosen ihre dunklen Röcke und 
roten Hosen ab und erschienen eines 
Tages in hellblauen Röcken, die sich in 
manchen Gegenden täuschend dem Ge 
lände anpassen. 
Im Laufe der langen Kriegszeit machte 
mit zunehmenden Beobachtungsmöglich- 
teiten auch die Fähigkeit, sich unerkenn 
bar zu machen, Fortschritte. Eine Partei 
wetteiferte hierin mehr und mehr mit 
der anderen. 
Waren die Felder mit einer Schnee 
decke überzogen, so pirschten Patrouillen 
oder marschierten ganze Kompanien in 
weitzen, überden Soldatenkittel gezogenen 
Schneehemden gegen den Feind; war 
das Gelände buschig und grün, so trugen 
die Patrouillengänger oft große Strauch 
büschel auf ihren Häuptern und schoben 
sich indianerhaft unbemertt näher zu den 
feindlichen Linien hin. 
Aber es kam nicht darauf an, nur den 
Menschen möglichst unsichtbar zu machen, 
sondern es galt, auch das meist wertvolle 
und kostbare Material der feindlichen Ein 
sicht zu entziehen. Ganz besondere Sorg 
falt wird in dieser Beziehung den Ge 
schützen zugewandt, von denen die Mehr 
zahl im Gelände eingebaut ist, und die 
in ihrer ursprünglichen gleichmäßig dunklen 
Farbe den Ertundungsflieaern nicht ver 
borgen bleiben konnten. Auf unsrer far 
bigen Kunstbeilage sind englische Soldaten 
dargestellt, die wir mit Farbentopf und 
Pinsel emsig bei der Arbeit sehen, ihre 
in der Nähe einer zerschossenen Ortschaft 
hinter Baum- und Strauchwerk in Stel 
lung gebrachten Geschütze schwerster Ka 
liber in den verschiedensten Farben zu 
bemalen. Es sind jene Farben, die sich — 
von luftiger Höhe aus gesehen — dem 
bunten Teppich der Erdoberfläche anpas 
sen. Und über Munitionstisten und -körbe, 
über Öl- und Wasserbehälter und sonstige 
Gegenstände, die sich um die Geschütz 
stände gruppieren, wird ein Maschenge 
flecht gedeckt, das von gras- und laubfar- 
benen Stoffasern durchwirkt ist. Derart 
dem Kleide der Erde nachgeahmte Ge 
schützstellungen müssen schon unter die 
Augen eines geübten und erfahrenen 
Luftbeobachters kommen, der es gegebe 
nenfalls auch wagemutig versucht, mit 
seinem Flugzeug tief herabzusteigen, wenn 
sie zweifelsfrei erkannt werden sollen. 
Es mutet seltsam an, wenn Geschütze, 
Fahrzeuge und Lastkraftwagen mit den 
bunten Bemalungen durch die Straßen 
der Städte und Dörfer oder über Felder 
rattern. Wenn einem solche Fahrzeuge in 
Friedenszeiten begegnet wären, hätte man 
meinen können, es ginge zu einem Maskenball. Doch welch 
bitterer Ernst liegt im Felde diesem bunten Allerlei zugrunde! 
„Hier ruht ein tapferer Franzose?" 
Von Dr. phiL Otto Rudert. 
Ich glaube nicht, daß seine Landsleute ihm ein Denk 
mal errichten werden, wenn der Krieg einmal zu Ende 
Gefangene beim Brotholen. 
Anmarsch neuer Gefangener. 
Deutscher Offizier im Gespräch mit Gefangenen. 
In einem Lager für gefangene Amerikaner» 
Nach Ausnahmen des Bild- und Film-Amtes. 
sein wird. Und doch ist er für sie gefallen, so gut wie die 
drüben, jenseits des eisernen Gürtels. Unsere Kämpfer 
draußen setzen den gefallenen Franzosen, deren Namen 
sie nicht kennen, schlichte Kreuze mit der Aufschrift: „Hier 
ruht ein tapferer Franzose." Das gleiche sollen diese 
Zeilen tun — einem tapferen Feinde ein bescheidenes Denk 
mal errichten. Sonst nichts. 
Wir lagen in einer alten nordfranzösischen Stadt. Es
	        
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