Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
auch weiter östlich bis auf die Kampffront in der Cham 
pagne Übergriffen. Damit war die mit so großen Mitteln 
unternommene Offensive Fochs zwischen Soissons und 
Reims schon erloschen. 
Die französische Presse hatte, durch die Anfangserfolge 
verleitet und im Bewußtsein vielfacher Überlegenheit an 
Truppenzahl und Materialaufwand, die Stimmung des 
Volkes auf so außerordentliche Erfolge vorbereitet, daß 
deren Ausbleiben allseits Erbitterung und Enttäuschung 
Hervorrufen mußte. Es mehrten sich im französischen 
Blätterwald die Stimmen der Anerkennung für den Rück 
zug der Deutschen, der unter größter Schonung der Truppen 
und trotz heftigen Feuerwechsels zeitweilig ohne einen 
Mann Verlust vor sich gegangen sei. Trotzdem zeigte sich 
Clemenceau von dem Ausfall der Offensive seines Günst 
lings Foch sichtlich befriedigt und setzte es durch, daß der 
Ministerrat dem General die bisher im Weltkriege nur 
Joffre erwiesene Ehrung der Ernennung zuns Marschall 
von Frankreich zuteil werden ließ. 
Die deutsche Heeresleitung hatte nicht erwartet, daß 
schen zu belästige-n und aus ihren neuen Linien zurückzu 
drängen strebte. 
Schon am 5. August kam es zu heftigen Zusammen 
stößen der Engländer und der Württemberger an der 
nördlich der Somme gelegenen Straße Bray—Eorbie, die 
das Gelände zwischen Ancre und Avre in eine schmalere 
nördliche und eine breitere südliche Hälfte teilt. Die 
Württemberger erstürmten hier einen feindlichen Stütz 
punkt (siehe Bild Seite 97) und brachten dabei über 
hundert Gefangene ein. Nordwestlich von Montdidier ließ 
es deutsches Artillerie- und Maschinengewehrfeuer in der 
selben Zeit nicht zu, daß ein feindlicher Angriff zur Ent 
wicklung kam. Neuen heftigen Druck des Feindes auf die 
Württemberger nördlich der Somme am 7. August wiesen 
diese glatt und blutig für den Feind ab. Ebenfalls mißriet 
bei Montdidier wieder ein Teilstoß der Franzosen. 
Der erwartete große englische Angriff begann dann am 
8. August, als die in das geräumte Gebiet nachfühlenden 
Engländer die neuen deutschen Linien erreichten. Er er 
folgte in der gleichen Weise wie die Eröffnung der Schlacht 
Phot. A. Groß, Berlin. 
Ein amerikanisches Bombenflugzeuggeschwader fliegt gegen die deutschen Stellungen in Frankreich. 
nach dem Erlahmen dieses Eewaltstoßes an der ganzen 
Westfront Ruhe eintreten würde. Dafür war das Aus 
bleiben jeglicher Beteiligung der Engländer an diesem 
Unternehmen, auf deren Untätigkeit von den Franzosen 
häufig mit hämischen Bemerkungen hingewiesen wurde, 
doch zu auffallend gewesen. So war man auf eine Fort 
setzung der Kämpfe an der englischen Front gefaßt, und 
zwar erwartete man sie mit Recht an den Ufern der Ancre 
und Avre. An dem unteren Ancrelauf, im Frontbereich 
von Albert, glich die deutsche Heeresleitung deshalb durch 
Zurücknahme der Linien auf das östliche Flußufer die 
deutsche Stellung aus; im besonderen wurde auch der 
Wald von Aveluy, der häufig das Ziel der feindlichen An 
griffe gewesen war, unbehelligt durch den Feind, geräumt. 
Im Frontbereich von Amiens und nördlich von Mont 
didier gingen die Deutschen ebenfalls von dem westlichen 
auf das östliche Avre-Flußufer über und behielten nur 
beschränkte brückenkopfartige Stellungen, die geeignet waren, 
als Stützpunkte für die örtliche Aufklärung zu dienen. Diese 
Veränderungen der deutschen Front geschahen völlig un 
abhängig vom Feinde, der sie auch nicht als Erfolge zu 
buchen wagte, aber durch zahlreiche Teilvorstöße die Deut 
zwischen Soissons und Chateau-Thierry (siehe Bild Seite 99 
unten). Die Zeit der gründlichen Artillerievorbereitung, die 
oftmals zu wochenlangem Trommelfeuer geführt hatte, er 
schien nunmehr endgültig überwunden. Die Eile, mit der 
die Unternehmungen aufeinander folgten, kennzeichnete das 
englische Bestreben, die Vorhand in der Führung zu ge 
winnen und dem gefürchteten neuen deutschen Angriff 
zuvorzukommen. Mit besonderer Genugtuung erfüllte es 
die Engländer, daß ihr Marschall Haig als Oberbefehls 
haber der vierten englischen und der ersten französischen 
Armee genannt wurde, ein Engländer also auch namhafte 
französische Streitkräfte befehligte. 
Rach nur kurzem, heftigem Artilleriefeuer begann unter 
Anwendung einer großen Zahl von Nebelbomben der An 
griff in dem Raume zwischen Ancre und Avre. Der Nebel 
schleier hüllte die vorbrechenden Panzerwagengeschwader 
so dicht ein, daß sie die Linie der deutschen Tankabwehr 
geschütze durchbrechen und teilweise bis in die Artillerie 
stellungen vordringen konnten. Heldenhaft schlug sich die 
deutsche Infanterie gegen die plötzlich aus dem Dunst 
von allen Seiten auf sie eindringenden Panzerwagen und 
Sturmwellen. Im Rücken der englisch-französischen Schützen-
	        
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