Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
Von unseren kühnen Fliegern. 
. (Hierzu das Bild auf Seite 61.) 
Auch in den Lüften kann man das Eiserne Kreuz ver 
dienen, wie bereits mehrfache Verleihungen dieses stolzen 
Ehrenzeichens an besonders verdienstvolle Flieger beweisen. 
In der Tat entsprechen ihre Leistungen im Felde den ge 
hegten Erwartungen im vollsten Matze. Wir haben uns 
von Anfang an gehütet, so Unsinniges zu erhoffen wie die 
Franzosen, die noch vor dem Krieg mit grotzem Geschrei 
behaupteten, ihre Flugzeugflotte würde allein genügen, 
die gehatzten Deutschen bis hinter die Elbe zu jagen. Wir 
erwarteten von der unsrigen nur rasche und zuverlässige 
Aufklärung über die Bewegungen des Feindes, und in 
dieser Hinsicht verdient sie alles Lob. 
Die Aufgabe der Flieger ist im höchsten Grade ge 
fährlich. Nach vielfachen Berichten brauchen sie übrigens 
das Feuer aus Gewehren und Kanonen weniger zu 
fürchten als das aus Maschinengewehren. Hören sie deren 
abscheuliches Rasseln, dann gehen sie so hoch als möglich, 
um sich dem Bereich der Geschosse zu entziehen. Trotzdem 
trifft manche Kugel und fordert ihr Opfer. Besonders 
anschaulich ist eine solche Todesfahrt in dem Briefe eines 
verwundeten Offiziers geschildert, der mit einem vortreff 
lichen Flieger, Leutnant I., gegen Sedan aufgestiegen war. 
Sie stellten den Vormarsch feindlicher Truppen nach Norden 
fest, kamen dann aber in schwere Regenwolken und mutzten 
auf 1000 Meter heruntergehen. Alsbald hörten sie feindliche 
Artillerie unter sich, und eine französische Division erschien 
in Bereitstellung. Der Leutnant erhielt eine Kugel in den 
Leib. Der Motor blieb stehen; die Maschine sank mitten 
auf die feindlichen Truppen zu. Nochmals gelang es dem 
Überlebenden, den Doppeldecker in Eleitflug zu bringen. 
In 200 Meter Höhe glitt er kurze Zeit dahin — bei dem 
Hagel der Geschosse eine Ewigkeit. Plötzlich erhielt auch er 
einen heftigen Schlag an die Stirn und fühlte das Blut über 
die Augen laufen. Der Wind warf die Maschine herum, und 
da der tote Leutnant auf dem Seitensteuer lag, blieb nichts 
übrig, als mitten unter den Feinden zu landen. Sofort 
eilten sie herbei, und schon sah er Bajonette zum Stotz 
gegen seine Brust erhoben, als ein höherer Offizier ihn noch 
rettete. Er wurde für gefangen erklärt, aber so schlecht be 
wacht, datz es ihm gelang, in ein Gebüsch zu kriechen, 
während die deutschen Kameraden unaufhaltsam heran 
rückten. So wurde er schlietzlich befreit. 
Schlimmer ist das Los solcher Bedauernswerten, die 
durch einen Unfall unter eine fanatische Volksmenge geraten. 
Da gibt es kein Erbarmen, wie die fluchwürdigen Greuel 
taten der Belgier, Russen und Franzosen an unseren 
Gefangenen genugsam beweisen. Manchmal freilich ge 
lingt es einem Schlaukopf, sich auch aus solch gefähr 
licher Schlinge noch zu ziehen. So mutzte ein öster 
reichischer Flieger, dem der Benzinbehälter durchschossen 
war, auf russischem Boden eine Notlandung vornehmen. 
Da versteckte er rasch entschlossen seine Uniform, besserte 
inmitten des Feindes den Schaden aus und machte sich 
dann vergnügt durch die Luft wieder von dannen. 
Die Riesenschlachten der österreichisch 
ungarischen Armee. 
(Hierzu das Bild auf Seite 56/57.) 
„Lieber Vater! Erschreckt Euch nicht. Ich bin hier 
in Lemberg im Spital. Am 16. wurde ich verwundet. 
An der russischen Grenze wurde unsere Reiterbrigade von 
den Russen angegriffen, wir aber gingen zu einer Attacke 
über, wie es in der Geschichte wohl nur wenige gegeben 
hat. Von unserem Regiment haben anderthalb Eskadronen 
im mörderischen Schrapnell- und Maschinengewehrfeuer 
die Attacke durchgeführt. Es gelang uns, den Russen vier 
Kanonen und zwei Maschinengewehre wegzunehmen und 
drei russische Eskadronen zu vernichten. Jeder einzelne 
Husar hat gekämpft wie ein Löwe. Dein Sohn Pista." 
„Ich mutz gestehen," so berichtet ein anderer, ein Kron- 
städter Szekler Husar an seine Mutter, „anfangs konnten 
wir gegen die Kosaken nichts anfangen. Sie brachten uns 
mit ihren langen Lanzen in Verwirrung. Als uns zum 
erstenmal eine Abteilung entgegenkam, hielten wir die 
bewimpelten langen Stangen für eine Art Aufputz. Die 
Kosaken greifen immer in zwei Reihen an, und wenn sie in 
die Nähe kommen, streckt auch die hintere Reihe durch die 
Lücke der ersten die Lanzen vor und stürmt auf uns ein. 
Diesem Angriff konnten wir anfangs nicht widerstehen, 
aber jetzt haben wir die Kosaken ausstudiert. Beim Zu 
sammenstotz schwenken wir in der Mitte auseinander und 
packen sie in der Flanke. Hei, das fleckt dann!" So be 
richten die tapferen Söhne Ungarns an ihre Lieben zu 
Hause von ihren ersten Plänkeleien an der bedrohten Grenze, 
und sie sagen damit sicherlich nicht zuviel, denn der persön 
liche Schneid und der Wagemut der österreichisch-ungarischen 
Husaren wie aller übrigen Waffengattungen ist von der 
europäischen Kriegsgeschichte längst rühmlich anerkannt. 
Aber auch die moderne strategische und taktische Schulung 
und Leistungsfähigkeit des österreichisch-ungarischen Heeres 
hat sich in diesem Feldzug bewährt; die siegreichen drei- und 
sechs- bis achttägigen Riesenschlachten auf russischem Boden 
haben das erwiesen. 
Gleichzeitig mit dem Einbruch der Russen in die preu 
ßische Ostprovinz wälzten sich auch gegen die galizischen 
Grenzen gewaltige russische Armeen, doch unsere Ver 
bündeten standen auf der 400 Kilometer langen Front von 
der Weichsel bis zum Dnjestr mittlerweile kampfbereit, ja 
zwei ihrer Armeen hatten rechts und links der Weichsel 
bereits die Offensive ergriffen. Der rechte Flügel verwehrte 
dem über den Zbrucz anmarschierten Feinde das Ein 
dringen in die Bukowina, weit im Süden, nahe der ru 
mänischen Grenze. Das Zentrum auf der Linie Rava- 
ruska—Zloczow drängte anfänglich den Feind bei Zolkiew 
siegreich zurück, mutzte aber den Vorstotz aufgeben, denn 
hierher hatten die Russen ohne Zweifel ihre Hauptmacht 
geworfen. Der linke Flügel, im Westen zwischen Bug und 
Weichsel, war von Anfang an in voller siegreicher Offen 
sive. Hier stietz die Armee Dankl, nachdem sie aus den 
Wäldern herausgetreten war und die mannigfachsten Ver 
kehrshindernisse unter großen Mühen überwunden hatte, 
auf zwei russische Korps, und sofort begann eine heiße 
Begegnungsschlacht. Zwei weitere russische Korps rückten 
nach, und nun kam es zur umfassenden Feldschlacht großen 
Stiles. Fast 400 000 Mann prallten aufeinander, fast so 
viel, als Napoleon I. einst im russischen Feldzug mit sich 
führte. Drei Tage lang wurde erbittert gekämpft, bis die 
Russen endlich unter schweren Verlusten auf Lublin.zurück 
geworfen wurden. Noch bedeutender ist der Erfolg der 
Armee Auffenberg, deren Stoßkraft sich gegen Zamocz— 
Kamarow richtete. Hier entwickelte sich eine Schlacht, in 
die auch Erzherzog Joseph Ferdinand mit seinen braven 
Tirolern, Salzburgern und Oberösterreichern entscheidend 
eingriff. Die Niederlage der Russen war vernichtend; da 
für spricht allein schon, datz 60 000 Gefangene gemacht 
und 200 Geschütze erbeutet wurden. 
Der Löwenanteil an diesen Siegen wird der Artillerie 
zugeschrieben, die mit wunderbarer Präzision schoß. „Ich 
selbst habe es mitangesehen," so berichtet ein Verwundeter, 
„wie unsere Artilleristen mit Granaten und Schrapnells 
ein russisches Infanterieregiment unter Feerer nahmen. 
Die Geschütze waren so ausgezeichnet eingestellt, datz die 
Geschosse genau über dem Regiment platzten. Vis auf 
wenige Mann blieb, wie wir uns nachher überzeugen 
konnten, keiner unverwundet. Bei den Russen krepieren 
die Schrapnells selten, vielleicht nur jedes fünfte oder 
sechste." 
Aber die russischen Infanteristen wurde nach den Er 
fahrungen, die man in diesen Schlachten machte, allge 
mein ein wenig anerkennendes Urteil gefällt. Die Leute 
seien ungeschickt; sie blieben oftmals selbst in der Feuer 
linie einfach kerzengerade stehen, ohne Deckung zu suchen; 
es fehle ihnen offenbar an geistiger Regsamkeit, um im ent 
scheidenden Augenblick aus eigenem Antrieb zu handeln. 
Hören sie aber erst das brausende Hurra der braven 
stürmenden österreichisch-ungarischen Futztruppen, dann gibt 
es kein Halten mehr; sie machen kehrt und stieben davon. 
Im Verlaufe der von General Dankl bei Krasnik geführten 
Schlacht mutzten viele Stellungen stürmend genommen 
werden. 
Unser Bild auf Seite 66/67 gibt eine Episode nach den 
Angaben eines Augenzeugen wieder. Mit Todesverachtung 
nimmt ein ungarisches Bataillon die Laufgräben auf einem 
verschanzten Hügel und schlägt die russische Infanterie in 
die Flucht.
	        
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