Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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Hauptpolizeiwache. Dort erhob man gegen sie die Be 
schuldigung der Spionage. Zwecks gründlichster Durch 
suchung mußten sie ihre Kleidungsstücke ablegen, und dann 
stellte man die Verdächtigten, denen die Hände auf dem 
Rücken zusammengebunden wurden, mit dem Gesicht gegen 
die Wand. — Wo Deutsche auf den Straßen erblickt wur 
den, fiel der Mob über sie her. Selbst Kinder verschonte 
man nicht. 
Unglaublich gefühllos verfuhr man gegen die Deutschen 
in Brügge. Wir folgen bei dieser. Schilderung den Mit 
teilungen eines mitverhafteten Deutschen: „Ungefähr fünf 
zig Flüchtlinge, Männer, Frauen und Kinder, die Holland 
erreichen wollten, wurden nach der Kaserne verbracht und 
unter strenger Bewachung zehn Tage in Haft behalten. 
Die Beköstigung bestand nur in Brot und Wasser; an zwei 
Tagen ließ man die Gefangenen sogar ganz fasten. 
Am zehnten Tag wurden von einer Militärkommission 
die Personalien aufgenommen, woran sich die Erklärung 
schloß, daß sämtliche Männer erschossen werden würden. 
Unter den Verzweiflungsrufen der Frauen und Kinder 
versuchte einer der Gefangenen in seiner furchtbaren Er 
regung auf einen der Bedeckungsposten zu stürzen, der 
ihnr das aufgepflanzte Seitengewehr entgegenstreckte. 
Nachdein man den Männern schwarze Binden um die 
Augen gelegt hatte, wurden sie von einer Soldatenabteilung 
auf einen Platz geführt. Hier wurde der Befehl zum 
Feuern gegeben, aber die gefürchtete Salve erfolgte nicht. 
Vielmehr wurden den auf den Tod Gefaßten die Binden 
abgenommen und ihnen mitgeteilt, daß es sich nur um 
ein Scheinmanöver gehandelt habe! Nach der Zurück 
führung in die Kaserne wurde dann die Freilassung ver 
fügt. Das Gepäck der deutschen Familien wurde einge 
zogen, dagegen durften sie ihre Geldmittel behalten, so 
daß sie wenigstens die Weiterfahrt nach Holland fortsetzen 
konnten." 
Am schlimmsten aber hauste der Pöbel in Antwerpen. 
Man zertrümmerte nicht nur die deutschen Geschäfte, Gast 
häuser, Schulen und das Seemannsheim, sondern drang 
auch in die Privatwohnungen ein. Die Möbel wurden auf 
die Straße geworfen, zerstört oder weggeschleppt. Die 
Villen in den Vororten wurden eingeäschert. 
Die Frauen zerrte man an den Haaren auf die Straße, 
spie sie an, hieb auf sie mit Messern ein und trat sie mit 
Füßen. Vor den im Hafen liegenden Schiffen schrie die 
zusammengeströmte Menge, wie ein Augenzeuge berichtet: 
„Werft die Deutschen ins Wasser oder schneidet ihnen die 
Kehlen ab!" Zahlreiche Männer wurden niedergemetzelt. 
Von dem bekannten Hotel Weber am Boulevard schoß man 
Frauen und Kinder herunter. Der Besitzer des Gasthofs, 
der sich im Innern verborgen hatte, wurde durch Schwefel- 
dämpfe aus seinem Versteck herausgetrieben und sodann 
ermordet. Und alle diese Greuel geschahen, ohne daß die 
Gendarmerie und Bürgergarde die Unglücklichen schützte, 
ja, es ist sogar erwiesen, daß der franzosenfreundliche 
Bürgermeister durch verhetzende Falschmeldungen den bar 
barischen Aufruhr begünstigt hat. 
Vom Roten Kreuz. 
(Hierzu die Bilder Seite 26, 32 und 33.) 
Nun lohnt sich auch die langjährige treue Friedensarbeit 
derer, die berufen sind, die vom Krieg geschlagenen Wunden 
zu heilen. Schon haben sie schwere, strenge Arbeit, die 
Männer vom Roten Kreuz, die Angehörigen der frei 
willigen Sanitätskolonnen. Und was sogar der Feind 
an unserem Heere anerkennen muh, die straffe Ordnung, 
die unbedingte Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Auf 
marsches und des Eingreifens — das trifft in vollem Um 
fang auch auf unsere Sanitätskolonnen zu. Man muh sie 
gesehen haben, diese Streiter der Barmherzigkeit und der 
Nächstenliebe, wenn ein Eisenbahnzug mit Verwundeten 
im Bahnhof einläuft. Den ganzen Bahnsteig entlang, 
in langer Reihe, militärisch ausgerichtet, stehen die Trag 
bahren da, ihnen zur Seite die aus vier Mann bestehende 
„Gruppe" mit ihrem Gruppenführer. Fast lautlos voll 
zieht sich die Entleerung der Wagen; nüt rührender Sorg 
falt werden die Verwundeten auf die Bahren gebettet; nur 
dann und wann ein halblautes Kommandowort, nach dem
	        
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