Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Vom Kriegschauplatz in Westflandern: Der Schauplatz der erbitterten Kämpfe um Becelaere. 
Franzosen und Engländer sechsmal sinnlose Versuche ge 
macht, durchzubrechen und rechts einzudringen. Tadellos 
hat sich die Truppe gehalten. Jeder französische Angriff 
scheiterte. Aber von dieser Schlacht macht sich ein Mensch 
keinen Begriff. Fünf Tage lang, Geschütz schwersten Ka 
libers, Bajonettangriff, ein lustiger Luftkrieg mit Bomben 
und Pistolen, wie das schönste Titelblatt einer Schaufenster 
auslage: „Der Krieg der Zukunft". — 
Es war ein fürchterliches Ringen, da^ sich in Nord 
frankreich abspielte, wie frühere Zeiten es nicht gekannt 
haben. Weitere Einzelheiten finden unsere Leser auf 
Seite 334. 
Am 23. September wurde Varennes, östlich vom Ar- 
gonnenwalde, von den Deutschen genommen. Auf dem 
rechten Flügel des deutschen Westheeres, also auf dem nörd 
lichen Ufer der Oise, wurde andauernd gekämpft, ohne daß 
es zu einer Entscheidung kam. Die Franzosen versuchten, 
da sie im Frontalangriff nicht vorwärts kamen, den rechten 
deutschen Flügel zu umfassen, ohne damit Erfolg zu haben. 
Die gegen die Sperrforts südlich Verdun angreifenden 
Armeeteile mutzten am gleichen Tage heftige, aus Verdun 
über die Maas und aus Toul erfolgende Gegenangriffe ab 
schlagen; dabei wurden Gefangene, Maschinengewehre und 
Geschütze von uns erbeutet. 
Der Argonnenwald zieht sich auf der westlichen Seite 
des Aire hin. Mit seinem breiten, kahlen Scheitel erreicht 
er die Höhe von 375 Meter. Gegen Westen geht er in die 
Tiefebene der Champagne, gegen Norden in die Ardennen 
über. Trotz der geringen Höhe erschweren die Argonnen 
durch Unwegsamkeit und starke Bewaldung die Verbindung 
nicht unerheblich, wodurch kriegerische Operationen sehr be 
hindert werden. Diese Schwierigkeiten, die das Gelände 
verursacht, haben wir bereits mehrfach geschildert (siehe 
Seite 374 und 391). 
Der Angriff auf die Sperrfortlinie südlich von Verdun 
hatte bereits am 25. September den ersten Erfolg zu ver 
zeichnen: das Fort Camp des Romains bei St.-Mihiel wurde 
genommen, das bayrische Regiment von der Tann pflanzte 
dort seine Fahnen auf, und deutsche Truppen überschritten 
dort auch die Maas. Infolgedessen stellten am 26. Sep 
tember die übrigen Sperrforts ihr Feuer ein, und die deutsche 
Artillerie sah sich nunmehr im Kampf mit Kräften, die der 
Feind auf dem westlichen Maasufer in Stellung gebracht 
hatte. 
Mitten zwischen Toul und Verdun (siehe auch die Karte 
Seite 392) liegt an einem 8-förmigen Bogen der Maas die 
Militärstadt St.-Mihiel, überragt von dem von unseren Trup 
pen eroberten Lamp des Romains, wohl dem stärksten 
Sperrfort der sich im Tale der Maas hinziehenden französi 
schen Festungskette. Breit strömt der durch künstliche Bauten 
schiffbar gemachte Strom dahin, über den sich die Bogen einer 
alten steinernen Brücke spannen, des Verbindungsgliedes der 
von Osten, also aus der Gegend von Metz, über das Gebirge 
kommenden Stratze mit der grotzen, westwärts durch den 
südlichen Ausläufer der Argönnen in das Tal der Aisne 
hinüberführenden Landstratze. St.-Mihiel ist ein Industrie- 
städtchen von kaum 10 000 Einwohnern mit Stickereien und 
Leinwandwebereien. Doch das bürgerliche Leben in den von 
alten Klosterbauten und Privathäusern aus der Blütezeit des 
gotischen Stils umrahmten Stratzen verschwindet unter dem 
Treiben der hier in Garnison liegenden Soldaten. Oben 
auf den kahlen, südlich der Stadt gelegenen Höhen, die man 
durch die Vorstadt von Ranzig erreicht, ragen^ drohend 
schwere Befestigungen und verteidigen die Stadt St.-Mihiel 
mit ihrem wichtigen Übergang über die Maas. Schon 
Roms Legionen sollen hier verschanzte Lager bezogen haben. 
Daher stammt auch der Name „Camp des Romains". In 
neuerer Zeit spielt der Platz bei der Verteidigung der fran 
zösischen Ostgrenze eine grotze Rolle. Nur fünf Kilometer 
unterhalb von St.-Mihiel mündet der die Lotes Lorraines 
tief durchschneidende Engpatz von Spada in das Tal der Maas. 
Hier befandet sich das von uns zum Schweigen gebrachte 
Sperrfort Les Paroches, doch auch die weittragenden, das 
Tal beherrschenden Geschütze des Römerlagers sollen den 
Ausgang des Engpasses schützen. Nur zehn Kilometer sind 
es, von denen unsere Truppen jeden Futzbreit unter schwe- * 
ren Kämpfen den Franzosen abtrotzen mutzten. Durch 
seine grotzen Kasernen und militärischen Vorratshäuser 
erscheint St.-Mihiel viel grötzer, als es in Wirklichkeit ist. 
, Ein bedeutender Hafen vermittelt den Schiffsverkehr auf 
der Maas, die ebenfalls militärischen Zwecken dienstbar 
gemacht ist. Einzelheiten über den Sturin auf Camp des 
Romains haben wir bereits auf Seite 360 gebracht. Es 
sei nur noch der Tagesbefehl, den Graf Heyn nach der Er 
oberung des Forts an seine Truppen richtete, erwähnt. Er 
lautet: „Die bayrische 6. Infanteriedivision mit zugeteilter 
preutzischer Futzartillerie und Pionieren hat heute das 
Sperrfort bei St.-Mihiel im Sturm genommen. Die Futz 
artillerie und ein Teil der Feldartillerie hat tri dreitzig- 
stündigem Kampf vorgearbeitet. Die 12. Jnfanteriebrigade 
mit den Pionieren 16 hat in dreistündigem Kampf Stein 
um Stein, Wall um Wall erobert. Die 11. Infanterie- 
brigade mit dem Rest der Feldartillerie hat in langem, 
schwerem Kampf feindliche Entsatzversuche abgewiesen. 
5 Offiziere, 453 unverwundete und etwa 50 verwundete 
Mannschaften wurden gefangen. Der Rest der Besatzung 
liegt tot auf den Trümmern und auf den Kasematten des 
Sperrforts. Dank Euch allen, Offizieren und Mannschaften, 
für die glänzende Waffentat. Ehre aber auch dem An 
denken der Opfer, die wir bringen mutzten. Was wir und 
sie taten, geschah für das Vaterland, geschah für unser und 
unserer Kinder und Kindeskinder Glück und Dasein." 
Ein äutzerst wichtiges Vorspiel für die Eroberung des 
Sperrforts Camp des Romains und den Durchbruchs 
feldzug gegen die Sperrfortslinie Verdun—Toul war die 
Zerstörung der Eisenbahnlinie zwischen Verdun—St.-Mihiel, 
auf der die Franzosen fortwährende Munitionsverstärkungen 
aus Verdun erhielten. Die kühne Tat wurde von zwei 
Offizieren und 24 Pionieren erfolgreich durchgeführt. Diese 
schlichen durch die feindlichen Posten, durchschwammen
	        
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