Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914. 
(Fortsetzung.) 
Als am 26. Juli am späten Abend in allen Hauptstädten 
Deutschlands Extrablätter verkündeten, die österreichische 
Negierung habe die diplomatischen Beziehungen zu Serbien 
abgebrochen und den Krieg erklärt, da ging eine gewaltige 
Begeisterung durch das ganze Reich. Große Scharen zogen 
vor die österreichischen Konsulate, um dort Huldigungen 
darzubringen. „Hoch Österreich! Nieder mit Serbien!" 
das waren 'die Rufe, die überall vernommen wurden, 
und die „Wacht am Rhein", „Heil dir im'Siegerkranz", 
„Deutschland, Deutschland über alles" waren Lieder, die 
überall erschallten. Es herrschte eine Begeisterung, wie 
man sie seit 1870 nicht mehr erlebt hatte. Bis spät nach 
Mitternacht zog die singende Menge durch die Straßen, 
und in allen öffentlichen Konzertlokalen mußten die deutsche 
und die österreichische Volkshymne gespielt werden, die 
stehend angehört wurden. Die Kundgebungen hatten einen 
durchaus ursprünglichen Charakter. Ein jeder fühlte sich 
von einem langen Alpdruck befreit, der auf seinem vater 
ländischen Empfinden gelastet hatte. Endlich, endlich hatte 
sich Österreich entschlossen, den serbischen Königsmördern 
mit der Waffe entgegenzutreten! 
Wer diese Tage miterlebt hat, wird zu der Erkenntnis 
gekommen sein, daß das Bündnis zwischen Deutschland und 
Österreich nicht auf einem papierenen Vertrag beruht, 
sondern auf dem einmütigen Fühlen der Herzen beider 
Völker, und daß das Wort von der Nibelungentreue kein 
leerer Schall ist. 
Daß diese innige Übereinstimmung Deutschlands und 
Österreichs gegen Serbien die entgegengesetzte Stimmung 
in Frankreich auslöste, darf nicht wundernehmen. Wird 
doch Frankreich als Hauptgläubiger Serbiens es am eigenen 
Leibe zu spüren bekommen, wenn Serbien eine schwere 
Züchtigung erfährt, die seine Finanzlage erschüttert und 
dadurch Frankreich schädigt. Am Morgen des 26. Juli 
zogen in Paris etwa hundert junge Burschen vor die öster 
reichische Botschaft und brachen in die Rufe aus: „Nieder 
mit Österreich! Tod Österreich!" Einer der Demon 
stranten zog eine schwarzgelbe Fahne aus der Tasche, setzte 
sie in Brand und trat sie mit Füßen. Der österreichische 
Botschafter erhob sofort beim Auswärtigen Amt Einspruch 
gegen diese Kundgebungen und verlangte Maßnahmen, 
die ähnliche Ausschreitungen unmöglich machen würden. Der 
Direktor im Auswärtigen Amte sprach sein Bedauern über 
das Vorkommnis aus und erklärte, die nötigen Vorsichts 
maßregeln sofort treffen zu wollen. Von der österreichischen 
Botschaft hatten sich inzwischen die Aufwiegler zur 
russischen begeben, um dort eine Sympathiekundgebung zu 
veranstalten, doch wurden sie von der Polizei an ihrem 
Vorhaben gehindert. ; 
Diese französische Kundgebung war gewissermaßen die 
Antwort auf die Stimmungsäußerungen des deutschen 
Volkes, über welche die Pariser Blätter am 26. Juli be 
richtet hatten. Der erhabene, ernste Charakter der deutschen 
Volksbewegung fehlte ihr gänzlich. Unschwer war die 
Mache zu erkennen, eine Anzahl junger Schreier für die 
Verteidigung der französischen Eeldsackinteressen auf die 
Beine zu bringen. 
* -l- 
* 
Am 26. Juli brachte das russische Regierungsblatt, die 
„Rowoje Wrernja", einen Leitartikel, der über die Haltung 
der russischen Regierung keinen Zweifel übrigließ. Da 
hieß es: „Österreich allein wagt keine Verletzung des inter 
nationalen Rechtes. Ein Wort des Deutschen Kaisers genügt, 
Ankunft der ersten gefangenen Franzosen in Stuttgart. 
Nach einer Originalzcichnung von E. Klein. 
ÄmerUnn. Copyright 1914 6n Union Deutsche VerlagSgesellschaft in Stuttgart.
	        
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