Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Gefangene Turkos von der Kampffront bei Nieuport. 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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von dieser ausgezeichneten Leistung und von dem hervor 
ragenden Geist, der die Truppen beseelt, untertänigst Mel 
dung zu machen." Worauf König Wilhelm II. erwiderte: 
„Sehr beglückt durch Eurer Erzellenz Mitteilung, danke ich 
bestens und bin stolz, daß die'... Infanteriedivision sich 
Ihre volle Zufriedenheit erworben hat." 
Der Pionierüberfall bei Brandeville. 
Nach den Aufzeichnungen eines Ordonnanzoffiziers. 
(Hierzu das Bild Seite 373 und die Wegeskizze Seite 372.) 
„£) diese französischen Urwälder!" rief eben Major N., 
als ich am 28. August nachmittags mit meinem ziemlich 
ermatteten Pferd beim Ende der großen, vielgewundenen 
Steige anlangte, die von Broheville zur Höhe 380 führte. 
„Jetzt bin ich schon reichlich hundert Meter höher geklettert 
als mein Regiment in Brehoville, um hier oben wieder 
jede Aussicht durch dunkle, undurchdringliche Waldungen 
vernagelt zu finden! Wie soll man da das Eros sichern?" 
Ich mußte ihm recht geben. Es war ein verantwortungs 
voller Auftrag. Auch bei taktisch unanfechtbarer Aus 
führung kam es hier auf das Glück an, denn Flieger- und 
Kavalle'rieaufklärung mußten in diesen, teilweise 20 Kilo 
meter langen, unbewirtschafteten Forsten völlig versagen, 
und die Jnfanteriepatrouillen ließen sich vom wegekundigen 
Feind leicht abfangen, bevor sie Meldung bringen konnten. 
Waren doch diese Waldungen zwischen der Maas und 
dem Loisonbach alle mit frischgehauenen, auf keiner Karte 
eingezeichneten' Schleichwegen durchzogen; sie führten dann 
irgendwo auf größere Kolonnenwege, die sich ihrerseits 
fortsetzten, bis sie hinter tiefeingeschnittenen, vortrefflich 
mit Buschwerk verdeckten Schützengräben an Waldrändern, 
Lichtungen, Straßenknotenpunkten mündeten. Bisher waren 
jene prachtvollen französischen Stellungen stets vom Gegner 
im Stich gelassen worden, da er eine Umfassung seines 
linken Flügels durch die deutschen Armeekorps nordwestlich 
von uns befürchtete. Auch diesmal hatten unsere Flieger 
den feindlichen Rückzug über die Maas bei Dun gemeldet. 
Die Vorpostenkompanien marschierten nun an ihre 
Sicherungsabschnitte, stellten Feldwachen und Posten aus 
und sandten Patrouillen in südlicher und westlicher Richtung 
bis zur Maas. Nichts fand man außer noch frischen Spuren 
der Franzosen, sowie .leeren Konservenbüchsen und — 
einigen vergessenen Gewehren. Letzteres überraschte uns 
alle. Wir waren stutzig geworden. Wo mochten die Be 
sitzer der Waffen sein? 
Nachdenklich verließ ich die eifrig schanzenden Kom 
panien und ritt die Steige hinunter nach Brehoville. Nur 
die Feldküchen des Bataillons begegneten mir, deren Pferde 
langsam den Berg hinaufkeuchten. Sonst war alles still. 
Hart bis an beide Seiten der Straße zogen sich die dunklen 
Wälder. Erst kurz vor dem Dörfchen, das 500 Bewohner 
zählen mochte, traf ich einige Zivilisten, die mir jedoch aus 
wichen. Es schienen verhältnismäßig noch junge Männer 
zu sein. Warum sie wohl nicht eingezogen worden waren? 
Unten angekommen, versuchte ich bei den Bewohnern 
für die Truppen Brot, Lichter, Streichhölzer, Butter, Salz 
oder Zucker aufzutreiben. Vergebliche Mühe! Im ganzen 
Dorf war nichts zu bekommen. Dre frühere französische 
Einquartierung mußte rücksichtslos die eigenen Landsleute 
ausgeplündert haben. 
Eben trat ich wieder aus einem Haus, dessen Besitzer 
mir trotz angebotener Bezahlung versichert hatte, daß er 
,,rien du tout, du tout, du taut" (rein gar nichts) habe, als 
ein Unteroffizier mit einigen Musketieren eine Gruppe 
junger Zivilisten vor sich hertrieb. Es waren französische 
Infanteristen, die sich beim Rückzug in den Häusern versteckt 
und die Uniform abgelegt hatten, als ihnen das Kriegführen 
keinen Spaß mehr machte. Für uns konnten sie natürlich eine 
ernste Gefahr bedeuten. Und plötzlich kamen mir die ge 
fundenen Gewehre in den Sinn und die Zivilisten am Ein 
gang des Dorfes. Im Galopp ging es zurück. Man hatte 
sie schon festgenommen. Ihre Soldbücher hatten sie ver 
raten. Alle Männer wurden in die Kirche gesperrt. Viel 
leicht ist dadurch ein großes Unheil noch glücklich vermieden 
worden. 
Es dämmerte noch, als ich am nächsten Morgen wieder auf 
Höhe 380 stand. Die Kompanien hatten die ganze Nacht 
Phot. Boet)ecker, Berlin.
	        
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