Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
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uns natürlich nicht decken. So kam es, daß neulich ein 
Mann, den in seinem Erdloch eine solche schwere Granate 
traf, völlig zermalmt wurde, während rechts und links 
seine Kameraden verschont blieben. Unser Schlafzimmer 
ist genau so gebaut wie das eben beschriebene Wohn 
zimmer. Ausgestattet ist es mit Matratzen, Teppichen, 
Kissen. Die ganze ,Wohnungseinrichtung^ samt dem Bau 
material haben wir aus den benachbarten Dörfern zu 
sammengetragen." 
Diese „Wohnung" ist aber noch gar nichts gegen 
die ebenfalls unterirdische Behausung eines genialen 
Batteriechefs. Einen Besuch in diesem Quartier schil 
dert folgende Stelle aus einem anderen Feldpostbrief: 
„Man schlüpfte hinein wie in einen großen Bau — und 
stand erstaunt: ein geräumiges Wohnzimmer, über das ein 
Oberlicht eine Atelierbeleuchtung breitete und das nach 
Atelierart abenteuerlich ausgeschmückt war, empfing den 
Eintretenden. In einem Seitengelatz ein solides Eichen 
bett mit Zubehör. Ein Märchen von Andersen oder 
aus Tausendundeinernacht, ganz unglaubwürdig — und 
plötzlich erschreckend wirklich, unleugbar in seinem realen 
Vorhandensein. Dann nämlich, wenn auf einmal ein ge 
waltiges Getöse krachend den Wald durchhallte, dessen 
Wipfel durchs Oberlicht niederbückten, wenn die Natur 
wände erbebten, das Glas des Deckenfensters aufklirrte — 
wenn zum Bewußtsein kam, daß Märchen und Wirklich 
keit, Sein und Nichtsein Begriffe sind, die der Krieg so 
und so lange gesondert nebeneinander duldet, um sie, 
weniüs ihm gefällt, mit einem einzigen, jähen Faustschlag 
ins gemeinsame Nichts zu zerstäuben. Der Kunstsinn des 
schöngeistigen Batteriechefs hatte die Einrichtung, aus 
einer nahen Kantonstadt mit historischer Vergangenheit 
zusammengetragen, die dem Untergang geweiht war. ,Hier 
sind die Sachen sicher und erfreuen mich und viele/ hatte 
er erklärt. ,Alles bleibt an Ort und Stelle. Wenn ab 
gerückt wird, wird das Palais geschlossen, zur Freude des 
späteren Entdeckers'." (Siehe das untenstehende Bild.) 
Tiroler Landesschützen erstürmen die 
Höhe bei Magiera» 
(Hierzu das Bild Seite 353.) 
^ Der erfolgreiche Vorstoß der österreichisch-ungarischen 
Truppen gegen den San, dessen Bedeutung wir schon an 
anderer Stelle (Seite 334) kennzeichneten, hatte die Ar 
meeleitung nicht gehindert, gleichzeitig auch südöstlich 
von Przemysl die Säuberungsarbeit bei Stary Sanibor 
kräftig in die Hand zu nehmen. Es 
gelang der Angriffswucht der braven 
Truppen, die dortigen Höhenstellun 
gen zu nehmen und damit den 
linken russischen Flügel von einem 
Stützpunkt, dem Larpathengebirge, 
vollständig abzudrängen. Die Nüssen 
hatten die Bedeutung dieser Stel 
lung, die einen Vormarsch der Öster 
reicher durch die Talschluchten des 
Stryj und der Swica mindestens 
sehr erschwerte, wohl erkannt, denn 
sie zogen offenbar Verstärkungen her 
bei und versuchten durch mehrfache, 
heftig geführte Angriffe den Verlust 
wieder wettzumachen. Aber um 
sonst, alle Anstrengungen, selbst nächt 
liche Angriffe, waren vergeblich. 
Im innigsten Zusannnenhang mit 
diesen Erfolgen standen die fast gleich 
zeitig geführten Kämpfe bei Chyrow 
und Przemysl, die ebenfalls mit 
glänzenden Siegen für die öster 
reichisch-ungarischen Waffen endigten. 
In diese Gruppe von Vorstößen fällt 
auch die Eroberung der Höhe von Ma- 
giera, deren Besitz vom Generalstab 
als außerordentlich begehrenswert 
bezeichnet wurde, weil sie bis dahin 
für das weitere Vordringen ein be 
sonders schwerwiegendes Hemmnis 
bildete. Ein harter Kampf war vor 
auszusehen, wußte man durch die 
Meldungen der Fesselballone doch, 
daß die Stellung außerordentlich 
stark befestigt und auf der Höhe von 
siebzehn russischen Schanzen gekrönt 
war. Aber sie mußte genommen 
werden, und sie wurde genommen. 
Hier haben die Tiroler Landes 
schützen, die tapferen Nachkomme» 
der Streiter eines Andreas Hofer, 
nachdem der Angriff durch die Vor 
arbeit der schweren Mörser bis auf 
Sturmnähe an die Schanzen heran 
getragen worden war, die Höhe mit 
heldenhafter Tapferkeit vollends er 
stürmt. Die wilden Eebirgsjuchzer 
der braven, stürmenden Alpensöhne 
mögen dabei nicht übel geklungen 
haben, versicherte doch ein russischer 
Gefangener in Gmunden, das Ge 
johle der Tiroler sei so schrecklich, 
daß es in den Schützengräben der 
Nüssen stets die größte Panik her 
vorrufe ! 
Wie sich ein findiger Batteriechef im Schützengraben wohnlich einzurichten wußte. 
Nach einer Zeichnung von Ewald Thiel.
	        
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