Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
Das 34. Landwehr-Infanterieregiment rastet auf dem Marsche nach Snwalki vor einem polnischen Gehöft, 
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Zentralreiche stürzen, unwiderstehlich sollte ihr Gang sein, 
bis in Berlin das Deutsche Reich im Herzen getroffen würde 
— so höhnten die Neider in London, so kündeten die fran 
zösischen Machthaber ihrem betrogenen Volk. Rußland 
selber wagte es, noch nach der Katastrophe von Tannen 
berg in die neutralen Länder hinauszuposaunen, der deutsche 
Sieg habe nur „lokale Bedeutung". Dies Gerede mußte 
nun verstummen und die Wahrheit sich auch im russischen 
Volke Bahn brechen, dem immer vorgetäuscht worden war, 
das russische Heer befinde sich auf dem Wege nach Berlin. 
Die Wuchtigen Schläge, die General v. Hindenburg, dessen 
Bild und Lebensabriß wir bereits auf Seite 45 und 63 
brachten, gegen Rußland geführt hatte, waren dem ganzen 
russischen Volk so unfaßbar, daß sich um den Namen des 
deutschen Heerführers ein Legendenkranz wand ähnlich wie 
anfänglich um unsere 42-om-Mörser. Das ging so weit, daß 
die Russen vielfach überhaupt nicht an das Dasein dieses 
Generals glaubten, sondern seinen Namen für irgendeine 
geheimnisvolle Schreckensmacht hielten. Russen, die in 
Berlin leben, waren jedenfalls durchaus nicht davon zu über 
zeugen, daß Hindenburg wirklich der Oberbefehlshaber des 
deutschen Heeres fei. Mehrere Russen äußerten die Ansicht, 
daß es sich wohl nur um ein furchtbares Geschütz ähnlich 
den 42-om-Mörsern handle, das durch seine große Gewalt 
diese so schreckliche Katastrophe des russischen Heeres verursacht 
habe. Ähnliche Auffassungen sollen russische Zeitungen ge 
habt haben. In diesen wurde darauf hingewiesen, daß die 
Deutschen angeblich unter einem General v. Hindenburg 
ihre Siege errungen hätten. Man brauche aber vor diesem 
General keine Furcht zu haben, denn das Wort Hindenburg 
stelle keinen Menschen dar, sondern den Schlachtruf der 
Ostpreußen, ähnlich wie das Hurra der anderen Deutschen. 
Es sei nur ein glücklicher Zufall, daß das deutsche Heer 
das russische besiegt habe. Mit dem Namen Hindenburg 
habe das aber nichts zu tun. 
Auf der Verfolgung des Feindes überschritten die 
Unsrigen unter Hindenburg die russische Grenze und be 
setzten das Gouvernement Suwalli, das unter deutsche Ver 
waltung gestellt wurde. Am 17. September wurde die 
vierte finnländische Schützenbrigade _ bei Augustow ge 
schlagen und beim Vorgehen gegen die Festung Osowiec 
die Orte Grajewo und Szczuczin nach kurzem Kampfe ge 
nommen. 
Das Gouvernement Suwalki (siehe auch die Bilder 
Seite 198 und 201) ist ungefähr so groß wie das König 
reich Sachsen. Da die Spurweite der russischen Eisen 
bahnen größer ist als die der unsrigen, so war es die 
erste Sorge unserer Pioniere, im neugewonnenen Lande 
die Eisenbahnverbindung mit uns herzustellen. Von den 
so neugeschaffenen Eisenbahnverbindungen sind von be 
sonderer Bedeutung erstens die von Königsberg über Wir- 
ballen führende Linie Kowno—Wilna—Dwinsk nach Peters 
burg; diese Linie ist durch eine Bahn über Grodno— 
Bialystok mit Warschau verbunden. Zweitens die Linie 
Warschau—Lida—Polozk nach Petersburg. Drittens die 
Linie Warschau—Brest - Litowsk—Baranowitfchi—Minsk— 
Smolensk nach Moskau. Außer diesen Schienensträngen 
laufen noch verschiedene Querverbindungen, deren wichtigste 
Knotenpunkte Wilna und Baranowitfchi sind. 
Was die Quartierverhältnisse anbetrifft, so sind ebenso 
wie in Polen die Ortschaften wenig geeignet zur Unter 
bringung von Truppen. Die ärmlichen, engen und un 
sauberen Hütten, von denen viele nicht einmal einen Kamin 
haben, werden wohl nur bei sehr schlechtem Wetter dem 
Biwak vorgezogen. Günstige Unterkunftsverhältnisse bieten 
nur die Städte und Vorstädte, sowie die vielen im Gebiete 
vorhandenen Kasernen. 
Wie schon erwähnt, drang die siegreiche Armee des 
Generals v. Hindenburg gegen die russische Festung Oso 
wiec (auch Ossowiez; siehe die Kartenskizze Seite 200) 
vor. Diese liegt am Bobr und bildet einen ständigen 
doppelten Brückenkopf, der ursprünglich aus zwei Forts 
mit Doppelwall, zwei Forts mit einfachem Wall, drei 
Batterien und auch Anschlußlinien bestand. In den letzten
	        
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