Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

L„Ä 
Cavabinier 
Regiment. 
Gcnietvttppe 
(Mineur). 
Train-rN'eg. 
(Feldanzug) 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
meist nicht, so dag die Schrapnellwirkung ausbleibt und die 
Granaten nur als Vollgeschotz wirken. Die russischen Kavallerie- 
divisionen reiten schneidig an, sowie sie jedoch in Artillerie 
oder gar Jnfanteriefeuer koininen, machen sie kehrt." 
Ziehen wir mit aller Gelassenheit die Schlüsse aus diesen 
Betrachtungeii und Erwägungen, dann steht unsere Sache, 
trotz der Zahl der Feinde, die uns umgeben, nicht schlecht. 
Darilm nur das eine: „Auf Gott vertraut und nach Kräften 
dreingehaut!" 
Die Schlacht bei Mülhausen. 
Schilderung eines Augenzeugen. 
(Hierzu das Bild auf Seite 20.) 
Wir haben große und furchtbare Dinge erlebt. Es hieß 
hier, das Oberelsaß solle preisgegeben werden, andere 
meinten aber auch, daß es sich nur um eine Falle für die 
Franzosen handle. Am Donnerstag (6. Aug.) rückten unsere 
Berlin. Der Kaiser wird seine Koffer packen müssen." Es 
waren frische Jungen, steckten aber in miserablen Uniformen 
und hatten zerlumptes Sattelzeug, ersetzt teilweise durch 
Stricke. Und der Tag ging weiter in unerhörter Schönheit, 
so still, unheimlich schön, man ahnte die Katastrophe. 
Zwischen vier und fünf Uhr sahen wir Truppen von den Vo 
gesen herbeiziehen, und schon kamen die ersten Kanonenschüsse 
im Norden Mülhausens bei Pfastadt (Vorort). Das war 
deutsche Artillerie. Wir sahen, wie die ersten Schrapnelle 
in die Stadt einschlugen, wir sahen die französische Artillerie 
feuern, die leuchtenden Kugeln flogen, pfiffen und platzten. 
Und auf einmal kam uns die Erkenntnis, es geht auch um 
-uns hier oben auf dem Rebberg. Wir flohen in den Keller, 
hatten gerade noch Zeit, den Kinderwagen, Sorhlet* Zwie 
back und ein paar Stühle runter zu schaffen. Da kanüs 
Schlag auf Schlag, immer stärker pfiffen die Bomben, 
immer sicherer platzten sie in unserer Nähe. Und dann 
kam ein Moment, dessen Schrecknis nicht zu sagen ist. 
FeldarUllerie. 
Im Hintergrund: 
Infanterie Regiment Grenadier-Reg. Regiment des Gnides Lancier- 
(Feldanzug). Chasseurs ä cheval. (Tambour). (Trompeter). Regiment. 
Reitende Artillerie General JagerzuPferde 2. Lancier-Regiment 
(Offiziere). (kleiner Anzug). (Offizier). (Offizier, Feldanzug). 
Typen vom belgischen Heer. 
Soldaten nach der Grenze ab. Am Freitag und Samstag 
gab es Gefechte bei Altkirch bis vor die Tore Mül 
hausens. Den ganzen Tag über erdröhnte Kanonendonner, 
gegen Abend hörte man Kleinfeuer und Kampflärm. Unsere 
paar Regimenter leisteten erbitterten Widerstand, mußten 
aber vor der Übermacht zurück, und am Samstag abend 
zogen die Franzosen mit klingendem Spiel in die Stadt 
ein. Schon am Freitag abend hatten die ganze Post, die 
Eisenbahn mit allen Lokomotiven, die Reichsbank die Stadt 
verlassen. Die Gleise waren gesprengt und die Stadt still 
wie ein Grab. 
Der Sonntag kam herauf in strahlender Schönheit und 
beleuchtete die französischen Biwaks gerade vor uns am 
Tannenwald und die Artillerie, die eine Viertelstunde von 
uns am Kamm nach der Ebene aufgezogen war. Ein ganzes 
französisches Armeekorps hatte die Stadt passiert. Eine 
Abteilung Husaren kam auch durch.den Kronenweg. „Hier 
sind wir, hier bleiben wir," erklärten sie; „jetzt geht es nach 
Unser Haus war getroffen, und wir saßen da im schwarzen 
Pulverdampf und wußten nicht: brennt es oder stürzt 
alles zusammen? Und noch eine halbe Minute, und es 
schlug wieder ein, und zum drittenmal. Wir alle rangen 
die Hände in schweigendem Entsetzen und warteten auf das 
nächste Schrapnell, das uns zerreißen mußte. Unser kleiner 
Klaus war ganz still, nur seine Augen sahen groß und 
starr, und er versuchte zu sagen: „Gelt, es war schon ein 
bißchen weiter weg." Und es platzten noch viele Schüsse 
über uns. Wir dachten, wir müßten ersticken, bis wir endlich 
die Kellertür aufmachen konnten. Als die Detonation nicht 
mehr so ganz über uns war, hörten wir auf einmal unseren 
Gärtner und seine Frau rufen: „Kommen Sie raus, Ihr 
Haus fällt ein!" Und ohne uns umzusehen, sind wir in 
wilder Flucht durch all den Eranatenregen zu Nachbars 
leuten in den Keller gerannt. Später, als die Schüsse nicht 
mehr Schlag auf Schlag kamen, bin ich mit Ernst noch 
mal rüber, um Klaus' Matratze und Decken zu holen. Jetzt
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.