Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

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Illustrierte Geschichte 
des Weltkrieges 1914. 
derart mit Leichen bedeckt, daß man dort nicht gehen konnte: 
in Haufen lagen sie neben-- und übereinander. Es war 
etwa elf Uhr nachts. 
Der Mond trat aus dem Gewölk und beschien mit seiner 
bleichen Silberhelle die schauerlich schöne Szenerie, deren 
Eigenart durch die gluiroten Flammen der explodierenden 
serbischen Munitionswagen noch erhöht wurde; die heraus 
zisch mden Raketen fuhren wie Leuchtballen über das glitzernde 
Wasser und ließen alles noch deutlicher erkennen. Mittler 
weile versuchten serbische Abteilungen an einer flußabwärts 
befindlichen Stelle auf Flößen herüberzukommen, um uns 
in den Rücken zu fallen. Die schlaue Absicht der Serben 
wurde aber vollständig vereitelt; alle wurden sie erschossen, 
oder sie ertranken. — 
Kurz nach dieser vernichtenden Niederlage drangen 
reguläre serbische Truppen und größere Banden von 
Komitatschi an mehreren Stellen gleichzeitig in Syrmien 
und in den Banat ein. Syrmien wird von der Donau und 
Save, beziehungsweise den Komitaten Pozsega, Virovititz, 
Bäcs-Bodrog und Torontos, sowie von Bosnien und 
Serbien begrenzt und umfaßt ein Areal von 6810 Quadrat 
kilometer. Die Serben überschritten im Westen bei 
Obrenovatz-Progar, Pravo-Novoselo-Kupinovo und Oresac- 
Erabovac die Save, um in Syrmien einzufallen, darunter 
auch mehrere tausend Mann, die bisher bei Belgrad ge 
standen hatten. Die Gesamtzahl der in Syrmien einge 
drungenen serbischen Truppen wurde mit etwa 16000 Mann 
angegeben, mit Einschluß der Freischärler. Ihr Vormarsch 
wurde sofort vom k. u. k. Aufklärungsdienst festgestellt. 
Man ließ aber die in Syrmien eingefallenen Serben, 
ebenso wie es mit der Timokdivision bei Mitrowitza ge 
schehen war, unbehelligt einmarschieren und den Über 
gang vollenden. Die feindlichen Truppen, die leichtes Ge 
schütz und Maschinengewehre mitführten und bei denen 
sich auch eine Regimentsmusik befand, setzten sich in zwei 
Abteilungen in der Richtung gegen Jndia in Marsch. Die 
Serben wurden in einer ähnlichen Lage wie bei Mitrowitza— 
Ruma von den österreichisch-ungarischen Truppen gestellt. 
Es entwickelte sich ein Kampf, der auf der ganzen Linie 
mit großer Hartnäckigkeit geführt wurde. Als die k. u. k. 
Truppen die von Peterwardein anrückenden Verstärkungen 
einsetzen konnten, nahm der Kampf einen raschen, für den 
Feind ungünstigen Verlauf. Besonders durch die Artillerie 
unserer Verbündeten erlitten die Serben furchtbare Verluste. 
Ein Teil wurde von ihrer Rückzugslinie abgeschnitten. Alle 
Versuche, die Linien der österreichisch-ungarischen Truppen 
zu durchbrechen, scheiterten an deren bewunderungswürdigen 
Haltung. Das Ergebnis des Einfalls war eine völlige Nie 
derlage der Serben, die Tausende an Gefallenen und Ge 
fangenen verloren. 
Ein weiterer serbischer Angriff erfolgte seitens der im 
Raume von Vilikoselo in der Stärke einer halben Division 
versammelten serbischen Truppen. Diese eröffneten am 
12. September gegen ein Uhr mittags aus mehreren 
schweren Batterien von der serbischen Grenze aus ein 
Bombardement gegen die offene Stadt Pancsova. Die 
österreichisch-ungarischen, in geringer Zahl hier stehenden 
Beobachtungstruppen zogen sich bei Beginn der Kanonade 
zurück, nachdem sie festgestellt hatten, daß die Serben den 
Übergang über die Donau unter dem Feuer ihrer Bat 
terien durchführen wollten. Nach einem kurzen Schein 
widerstand ließ man befehlgemäß die serbischen Abteilungen 
den Übergang über die Donau vollziehen. Das Bom 
bardement gegen Pancsova, das mit wechselnder Heftig 
keit zwei Stunden lang fortgesetzt wurde, richtete dort ge 
ringen Schaden an. Es wurde eine Anzahl Gebäude in 
Trümmer gelegt, ein Brand, der an einer Stelle ausbrach, 
konnte jedoch rasch gelöscht werden. Inzwischen hatten die 
Serben, etwa 7000—8000 Mann stark, den Übergang 
vollzogen und rückten, leichte Artillerie mit sich führend, 
gegen Pancsova vor. Sie waren, wie immer, von Frei 
schärlern begleitet, die die Vorhut bildeten. Während ein 
Teil der Serben sich gegen die Stadt Pancsova wandte, 
setzte ihre Hauptmasse den Marsch in der Richtung Dolovo 
fort. Dort wurden die Serben vom Gegner gestellt und 
zum offenen Kampfe gezwungen. Sie zeigten sich auch 
diesmal den österreichisch-ungarischen Truppen nicht ge 
wachsen und wurden nach kurzem Arrilleriegefecht im 
Bajonettkampf über den Haufen geworfen. Damit waren 
nun die serbischen Angriffsversuche verlustreich zusammen 
gebrochen. Ganze Scharen der Serben wurden zu Ge 
fangenen gemacht, fast ihre ganze Artillerie erbeutet. Ein 
kleiner Rest ging über die Donau zurück, wobei wieder 
Hunderte ums Leben kamen. Ein Monitor beschoß die 
Fliehenden und zerstörte die serbischen Batteriestellungen 
gegenüber von Pancsova. Die in Pancsova selbst ein 
gedrungenen Serben fanden in der Mehrzahl den Tod. 
Ein österreichischer Teilnehmer am Kampfe entwarf in 
der „Neuen Freien Presse" folgendes packende Bild von 
der Zurückweisung dieser serbischen Einbruchsversuche: 
„Diesen Bericht, der den Ruhm meines braven Regi 
ments und der Infanteriedivision, der es angehört, kurz 
darstellen soll, schreibe ich in dem Schilf eines tiefen Grabens, 
geschützt gegen die sengende Sonne Syrmiens. Von Süd 
und West tönt Kanonendonner, Dörfer brennen rings am 
Horizont; längst achten wir nicht mehr solcher Bilder. Das 
Regiment liegt mit der Division in einer Lauerstellung. 
Düster und ernst ist die Stimmung der braven Mann 
schaft und der Offiziere. Denn manche der Kameraden 
sind vorgestern gefallen, verblutet oder verwundet auf dem 
Felde der Ehre. Aber die Opfer waren nicht vergeblich: 
das Regiment hat den Tag gerettet und zum Erfolg am 
nachhaltigsten beigetragen. 
Seit zwei Tagen lagern wir in einem reichen syrmischen 
Dorfe mit über 60 Meter breiter Hauptstraße, öde wie alle 
Dörfer hier. Vom Gegner keine Spur. Am Saveufer 
steht zur Sicherung kroatische Honved. Das Regiment 
wird sich hier von den serbischen Kämpfen erholen. Der 
Meinung ist wohl auch das Divisionskommando, denn für 
Sonntag, acht Uhr früh, ist zu Ehren der Gefallenen eine 
Festmesse angesetzt. 
Um neun Uhr kommt der Abmarschbefehl nach Norden 
gegen Ruma. Das Regiment wird alarmiert und sammelt 
sich auf dem Alarmplatz. Plötzlich, um halb zehn Uhr 
vormittags, kommen zwei Honvedsoldaten, die zwei Ver 
wundete schleppen. Sie melden atemlos, daß gegen zwei 
Uhr nachts nur sechs Kilometer von uns entfernt große Ab 
teilungen von Serben mit Artillerie und Maschinen 
gewehren über die Save gegangen seien. Die Feldwachen 
seien überwältigt, die Hauptposten, nachdem sie ihre Muni 
tion verschossen, meist getötet oder gefangen genommen 
worden. Die Verwundeten bestätigen die merkwürdige 
Meldung. 
Das Regimentskommando entschließt sich darauf kurz, 
das Regiment vor der Westfront des Ortes mit der Front 
nach Südwest in Eefechtsstellung zu bringen und die 
über die Save gekommenen Serben anzugreifen. Nach 
richten- und Gefechtspatrouillen werden ausgesendet. Wir 
liegen indes in gespannter Erwartung vor der Front in 
etwa vier Kilometer Ausdehnung. Denn es muß ein großer 
Raum gesichert werden, da wir die Kräfte nicht kennen, nicht 
überflügelt werden dürfen und schließlich auf das Eingreifen 
der anderen Truppen unserer Division hofften, die sofort 
verständigt wurden. 
Um elf Uhr beginnt das Vorgehen über die weite Ebene, 
die stellenweise mit hohem Kukuruz, der Roß und Reiter 
überragt, bepflanzt ist. Die springenden weißen Wölkchen 
der Schrapnelle zeigen uns, daß die serbische Artillerie uns 
bereits aufs Korn nimmt. Sie werden zahlreicher, die 
Sprengpunkte niedriger, und schon fallen auch zahlreiche 
Granaten mit schrecklichem Eedröhne vom jenseitigen Save 
ufer in und vor unsere Schwarmlinien. Doch unaufhaltsam 
dringt unsere Infanterie vor trotz des heftigen Gewehr 
feuers, das mm beginnt. Die an der Straße sehr gut ein 
gegrabenen Serben überschütten uns mit Eewehrfeuer, 
das, da es meist zu hoch geht, in unseren Reserven auf 
räumt. 
Aber unaufhaltsam vorwärts dringt unser Regiment, 
obwohl oft ganze Schwarmlinien auf dem glacisartigen 
Gelände gefällt werden und viele Offiziere fallen. Die 
zahlreichen Verwundeten strömen zurück auf die drei Hilfs- 
plütze, die zum Teil im feindlichen Feuer arbeiten. Von 
dort werden sie auf Wagen in die Schule des Ortes, die in 
zwischen eingerichtet worden ist, und in zahlreiche Häuser 
gebracht. 
Trotz der großen Verluste und obwohl unsere Haubitz 
division, die hinter einem Heuschober am Südende des 
Ortes aufgestellt ist, gegen die wie immer unsichtbar ein 
gegrabene serbische Artillerie nur wenig wirken kann, geht 
das Regiment bis auf 300 Schritt an den Feind heran.
	        
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