Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914. 
(Fortsetzung.) 
So leicht, wie sich England die Wegnahme unserer 
afrikanischen Besitzungen gedacht haben mag, wird sie 
ihm nicht. In dem auf Seite 214 bereits erwähnten Ge 
fecht an der Grenze des Nandfontein- und des Warmbad- 
distriktes hatten die Engländer nach einem Telegramm 
des Colonel Grant 16 Tote, 43 Verwundete, 8 Vermißte 
und 35 Gefangene verloren. Einem Kapstädter Bericht 
von Reuters Büro zufolge, den die „Kölnische Zeitung" 
veröffentlichte, nahm das Gefecht folgenden Verlauf: 
„Eine kleine Wasser- und Ausspannstelle, die sich für 
unsere Vorstoßlinie als wichtig erwies, wurde von einer 
Schwadron beseht in der Annahme, daß der Feind sich 
zurückgezogen habe. Eine Abteilung der Transvaaler 
reitenden Artillerie und eine weitere Schwadron berittener 
Infanterie wurden ausgesandt, um die kleine Besatzung zu 
verstärken. Die eingenommene Stellung war von vorn 
herein gefährlich für jede kleine Streitmacht, die sich dort 
hefand. Auf der anderen Seite war das Wasser auf der 
Stelle für unseren Vormarsch unentbehrlich. Die Wasser 
stelle ist von Klippen umgeben, der Zugang geht durch einen 
engen Paß. Es liegt auf der Hand, daß der Feind, der die 
Umstände kannte, die Falle freigab und sich zurückzog. 
Kaum hatten zwei unserer Geschütze allsgespannt, da be 
gann auch scholl der 
feindliche Angriff: ein 
Geschütz wurde auf ei 
ner Erhöhung in Stel 
lung gebracht, von wo 
aus der Kessel, in des 
sen Mitte sich das Was 
serbecken befand, be 
strichen werden konnte. 
Unsere Geschütze erwi 
derten sofort das Feuer 
und brachten den Geg 
ner einen Allgenblick 
zum Schweigen, allein 
die Deutschen dehnten 
ihren Angriff sehr bald 
aus. Der Zugang, der 
die Straßen nach der 
Station zu beherrschte, 
wurde genommen und 
nicht weniger als zehn 
Geschütze, die Spreng- 
granaten abfeuerten, 
wurden von den An 
greifern in Tätigkeit 
gebracht. Aus allen 
Himmelsrichtungen be 
schossen, benahmen sich 
lmsere Kanoniere her 
vorragend tapfer, wo 
für die Tatsache spricht, 
daß jeder Mann von 
den Bedienungsmann 
schaften entweder ge 
tötet oder verwundet 
wurde. Nur der be 
fehlführende Offizier. 
Leutnant Adler, blieb 
unversehrt. Es ging 
nun auf die Mittag- 
stunde. Mittlerweile 
wurden entschlossene 
Versuche unternom 
men. um die kleine 
Besatzung zu befreien. Der Feiild jedoch, der etwa 
2000 Mann stark war, hatte eine zu günstige Ausstellung, 
um einen Vormarsch zum Entsatz zuzulassen. Kurz nach 
zwölf Uhr entschlossen sich unsere Kanoniere, deren Schieß 
vorräte zu Ende gingen lind deren Lage unhaltbar wurde, 
ihre Geschütze unbrauchbar zu machen, was sie unter dem 
ail Heftigkeit und Genauigkeit immer noch zunehmen 
den Feuer der Deutschen besorgtem die die Absicht er 
kannten und vereiteln wollten. Unsere Jilfanterie, meist 
vom 1. Regiment, ließ es sich angelegen sein, das feind 
liche Feuer zu schwächen. 
Unterdessen wurde alles vernichtet, was dem Feind 
irgendwie von Nutzen sein konnte. Als das geschehen war 
und alle Hoffnung auf Rettlmg aufgegeben werden mußte, 
steckte die tapfere kleine Abteilung von Briten und Afrikanern 
die weiße Flagge auf. Auf die Deutschen hatte der Kampf 
und die schweren Verluste, die sie selbst erlitten, einen der 
artigen Eindruck gemacht, daß der General (!), der sie be 
fehligte, persönlich den britischen Obersten zu der Genauig 
keit des Artilleriefeuers und dem tapferen Widerstand, den 
seine Leute leisteten, beglückwünschte. Alle Verwundeten 
wurden gut behandelt und einer von ihnen durfte nach 
unserem Lazarett zurückkehren. Die Deutschen begruben 
unsere Gefallenen vor den ihrigen, und zwar mit allen 
Kriegsehren. Gefangene Kameraden der Toten durften 
der Leichenfeier beiwohnen. In dem Hauptlager war der 
Ernst der Lage schnell erkannt worden, man hatte auch keine 
Mühe gespart, um den Ersatz der Streitkräfte durchzuführen, 
allein der Feind erwies sich dafür als zu stark. Die Schwa 
dronen unter den Rittmeistern King und Davidson erlitten 
Verluste unter dem schweren Maschinengewehrfeuer. das 
sie empfing, als sie 
versuchten, einen zwei 
ten Zugang zu dem 
Talkessel zu durch 
brechen." 
Ob die Angaben 
über das Kräfteverhält 
nis richtig sind, entzieht 
sich vorerst der Beur 
teilung. Manches ist 
natürlich einseitig ge 
schildert. Aber auch 
diese Darstellung zeigt 
den Südafrikanern, daß 
sie es mit entschlossenen 
Gegnern zutun haben, 
die unser südwestafri 
kanisches Schutzgebiet 
tatkräftig zu verteidigen 
wissen. 
In einer Anfang 
Oktober vom britischen 
Kolonialministerium 
veröffentlichten amt 
lichen Mitteilung heißt 
es: „An der englisch 
deutschen Grenze des 
ostafrikanischen Protek 
torats herrschte im Sep 
tember eine bedeutende 
Regsamkeit, da der 
Feind zahlreiche Ver 
suche unternahm, in 
das britische Gebiet 
einzudringen und die 
Ugandabahn abzu 
schneiden. Indessen 
wurden alle Versuche 
zurückgewiesen. Rur 
eine Grenzstation wird 
von einer kleinen deut 
schen Abteilung gehal 
ten. Die nornrale Trup 
penbesetzung des ost 
afrikanischen Protektorats und des Ugandaprotektorats ist 
seit Ausbruch des Krieges durch bedeutende Abteilungen 
indischer Truppen, sowie berittener und nicht berittener 
östlicher Abteilungen verstärkt worden. Hinsichtlich der 
militärischen Lage wird keine Befürchtung gehegt." 
Auf deutscher Seite meldete der Gouverneur von Ka 
merun siegreiche Gefechte von Anfang September gegen 
Engländer und Franzosen. 
Amerika«. Copyright 1614 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. 
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