Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Die Geschichte des ÄVeltkrieges 1914 
(Fortsetzung.) 
Eine Folge der montenegrinischen Kriegserklärung an 
Österreich-Ungarn war die Beschießung von Antivari durch 
unsere Verbündeten. Am 10. August brachte der aus 
Antivari kommende Dampfer „Brindisi" die Nachricht, 
daß am Tage vorher um 8 Uhr 30 früh die Beschießung 
begonnen hatte. Um acht Uhr waren zwei österreichisch 
ungarische Kreuzer erschienen und teilten der Funken 
telegraphenstation mit, daß sie nach zwanzig Minuten die 
Beschießung eröffnen würden. Bald nach Ablauf der ge 
stellten Frist begann das Bombardement, das auf die Ge 
bäude einer Handelsgesellschaft und die funkentelegraphische 
Station gerichtet wurde. Am 11. August nachmittags 
wurde über die montenegrinische Küste die Blockade ver 
hängt. Den Schiffen der befreundeten und neutralen 
Mächte wurde eine vierundzwanzigstündige Frist zum Aus 
laufen gewährt. Wenige Tage darauf ist nach den Mel 
dungen italienischer Blätter ein britisch-französisches Ge 
schwader in den Gewässern der Adria bei der Insel Zante 
gesichtet worden. 
Wie wenig sich die Engländer aus geschlossenen Ver 
trägen und Vorschriften des Völkerrechts machen, beweist 
die Erzählung des Schiffskommandanten Kapitän Grimme, 
der am 27. August mit dem Dampfer des Österreichischen 
Lloyd „Triefte", aus Kalkutta kommend, in Fiume ein 
getroffen war. Der Schiffskommandant erzählte, das Schiff 
sei am 1. August in Port Said eingetroffen, wo die englische 
Hafenbehörde trotz des internationalen Charakters des Suez 
kanals die Weiterfahrt verboten habe. Die Engländer 
wollten am 5. August den Marconiapparat des Dampfers 
entfernen und beließen 
ihn erst dort, nachdem 
sich der Schiffskomman 
dant ehrenwörtlich ver 
pflichtet hatte, daß er 
den Apparat nicht weiter 
benutzen werde. Den in 
Port Said befindlichen 
deutschen Schiffen wur 
den Schwierigkeiten be 
reitet und ihre Marconi- 
apparate von den Eng 
ländern an Land ge 
schafft. Der Dampfen 
„Dersflinger" des Nord 
deutschen Lloyd wurde 
an der Weiterfahrt da 
durch verhindert, daß ihm 
ein wichtiger Maschinen 
bestandteil weggenom 
men wurde. 
An: 13. August mittags 
sank der österreichisch-un 
garische Dampfer „Ba 
ron Gautsch" auf der 
Fahrt von Lussin Grande 
nach Triest. Es wurden 
im ganzen 130 Per 
sonen von den Passa 
gieren und der Mann 
schaftgerettet, 20 Leichen 
geborgen. 
Man glaubte allge 
mein, der Dampfer sei 
auf eine Mine gestoßen, 
aber der Seeoffizier Jo 
seph Luppi, der zweite 
Kapitän des gesunkenen 
Schiffes, erklärte mit Ent- 
schiedenheit, daß es nicht auf eine Mine aufgelaufen, sondern 
das Opfer eines Bombenattentats geworden sei. Er schilderte 
den Augenblick des Untergangs folgendermaßen: „Bis halb 
zwei Uhr nachmittags versah ich meinen Dienst auf der Kom 
mandobrücke, dann wurde ich abgelöst. Ich schlief in meiner 
Kajüte, als gegen drei Uhr plötzlich ein dumpfer Krach er 
tönte und mich aufschreckte. Heißer Dampf und Rauch drangen 
zu mir herein. Ich eilte an Deck, erreichte aber die Kommando 
brücke nicht, da aus dem Maschinenhause starker Qualm 
hervorbrach. Auf Oberdeck waren etwa vierhundert Passa 
giere, die sich alle mit Rettungsgürteln versahen. Das 
Schiff sank, das Wasser drang durch die offenen Kajüten 
fenster und füllte das Schiff in kaum vier Minuten." — 
Luppi rettete vierzig Personen in einem Boot. Kaum 
hatte er abgestoßen, so sank das Schiff und riß alle mit, 
die sich noch auf Deck befanden. Diejenigen, die mit Rettungs 
gürteln ins Wasser gesprungen und etwa zehn Meter fort 
geschwommen waren, konnten gerettet werden, die anderen 
wurden vom Strudel hinabgerissen. Luppi gab Signale 
von seinem Boot aus, und bald dampften einige Torpedo 
boote heran, die die im Meer schwimmenden Personen auf 
nahmen. Bei fünfundzwanzig der Umgekommenen wurde 
festgestellt, daß sie durch flüssiges Naphtha getötet worden 
waren. Die Katastrophe ist zweifellos durch eine im Maschinen 
raum verborgene Höllenmaschine verursacht worden, die auch 
das Naphthareservoir zerriß. Zweihundert Personen wurden 
sogleich gerettet, mehrere wurden später noch eingebracht. 
Kapitän Winter und der Erste Offizier Tenze blieben bis 
zum letzten Augenblick auf der Kommandobrücke. Winter 
konnte sich retten, Tenze kam im Naphtha um. 
* * 
Unsere erste große Waffentat in Belgien, die Einnahme 
von Lüttich, hätte uns gewiß das Recht gegeben, auf 
dem eingeschlagenen Wege fortzuschreiten und nur unser 
Schwert über die Zu 
kunft Belgiens entschei 
den zu lassen. Da aber 
unser Krieg kein Erobe 
rungskrieg ist, wie die 
deutsche Regierung bei 
jeder Gelegenheit be 
tont, so hat sie, obwohl 
uns der Weg nach der 
belgischen Hauptstadt 
nunmehr offen stand, 
doch noch einmal die 
Hand zur Versöhnung 
gereicht und der bel 
gischen Regierung das 
Angebot wiederholt, das 
sie ihr bereits vor Be 
treten des belgischen Bo 
dens gemacht batte. 
Nach der „Norddeut 
schen Allgemeinen Zei 
tung" vom 17. August 
lautete die von der deut 
schen Regierung gleich 
nach der Eroberung Lüt 
tichs durch Vermittlung 
einer neutralen Macht an 
die Regierung in Brüssel 
gerichtete Erklärung fol 
gendermaßen: 
„Die Festung Lüttich 
ist nach tapferer Gegen 
wehr im Sturm genom 
menworden. Diedeutsche 
Regierung bedauert es 
aufs tiefste, daß es in 
folge der Stellungnahme 
der belgischen Regierung 
gegen Deutschland zu 
blutigen Zusammenstößen gekommen ist. Deutschland kommt 
nicht als Feind nach Belchen. Nur unter dem Zwang der 
Verhältnisse hat es angesichts der militärischen Maßnahmen 
Frankreichs den schweren Entschluß fassen müssen, in Belgien 
einzurücken, und Lüttich als Stützpunkt für seine weiteren 
militärischen Operationen besehen müssen. Nachdem die 
belgische Armee in heldenmütigem Widerstand gegen die 
£8 
Phot. A. Krlhlewindt, Hofphotograpb, Königsberg. 
Generaloberst v. Kluck. 
ylmerilan. Copyright 1914 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart.
	        
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