Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914. 
Komplott zur Ermordung des Thronfolgers bestanden 
hatte. 
Mit einwandfreier Sicherheit wurde festgestellt, daß 
die Attentäter von der serbischen Regierung gedungen 
waren. Das Budapester Blatt „Az Est" veröffentlichte die 
Aussage des einen der Attentäter, Cabrinovic, die beweist, 
daß der intellektuelle Urheber des Attentats der Souschef 
Major Milan Pribicsevics im serbischen Generalstabe war. 
Die weitere Untersuchung wurde in größter Heimlichkeit 
geführt, und nichts drang weiter in die Öffentlichkeit, als daß 
man auf dem Um 
wege über Belgrad 
erfuhr, es seien et 
wa hundertSerben 
unter der Anklage 
des Hochverrats in 
Bosnien verhaftet 
worden.Diese zahl 
reichen, mit der 
Mordtat in Zusam 
menhang gebrach 
ten Verhaftungen 
wollte Serbien 
nach der Mittei 
lung des Belgrader 
Regierungsorgans 
zum Gegenstand 
diplomatischerVer- 
handlungeninWien 
machen. Die un 
geheuerlichsten Ge 
rüchte wurden laut 
über die Verbre 
chen, deren die ver 
hafteten Serben 
beschuldigt waren. 
Besondere Sensa 
tion erregte aber 
die Veröffentli 
chung der engli 
schen Wochenschrift 
„John Bull", die 
behauptete. Ser 
bien habe vor etwa 
acht Monaten ein 
Eeheimbureau in 
seiner Londoner 
Gesandtschaft er 
richtet, um gegen 
Österreich zu agi 
tieren. Dieses Ee 
heimbureau habe 
die Verschwörung 
gegen Erzherzog 
Franz Ferdinand 
ausgeheckt. Das 
Blatt fügt jedoch 
hinzu, daß esdas ei 
gentliche Gesandt 
schaftspersonal 
nicht ohne Beweise 
Mitanklagen wolle. 
Es erzählt weiter, 
beim Umzug der 
Gesandtschaft von 
Belmrave Man- 
sions Hotel nach 
Queens Gate im 
vergangenen April 
seien viele wichtige 
Dokumente ver 
brannt worden. Ein Stück eines halbverbrannten Doku 
ments sei im Besitze der Redaktion. Ein photographisches 
Faksimile ist mit dem Artikel veröffentlicht. Von der ge 
druckten Adresse ist darauf ,,tion Royale de Serbie“ (König 
lich serbische Gesandtschaft) zu sehen, ferner genug von dem 
Datum, um den 6. April zu erkennen. Der Inhalt ist, wie 
„John Bull" behauptet, in der Privatchiffre des Geheim 
bureaus geschrieben. Das Blatt gibt an, den Schlüssel dazu 
zu besitzen, und bringt folgendes als Übersetzung: 
Hofphot. E. Pietzner, Men. 
Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn. 
In dieser ernsten Stunde bin Ich Mir der ganzen Tragweite Meines Entschlusses und Meiner Ver 
antwortung vor dem Allmächtigen voll bewußt. 
Ich habe alles geprüft und erwogen. 
Mit ruhigem Gewissen betrete Ich den Weg, den die Pflicht Mir weist. 
Ich vertraue auf Meine Völker, die sich in allen Stürmen stets in Einigkeit und Treue um Meinen 
Thron geschart haben und für die Ehre, Größe und Macht des Vaterlandes zu schwersten Opfern immer 
bereit waren. 
Ich vertraue auf Österreich-Ungarns tapfere undvon hingebungsvoller Begeisterung erfüllte Wehrmacht. 
Und Ich vertraue auf den Allmächtigen, daß er Meinen Waffen den Sieg verleihen werde. 
Franz Joseph. 
(Aus dein Manifest des Kaisers Franz Joseph: An Meine Bölker!) 
„Für die gänzliche Beseitigung (elimination) von F. F. 
die Summe von zweitausend Pfund Sterling, zahlbar wie 
folgt: Tausend Pfund bei ihrer Ankunft in Belgrad aus 
der Hand des Herrn G. und der Rest von tausend Pfund 
bei Beendigung der Aufgabe, zahlbar wie oben. Die Summe 
von zweihundert Pfund für Ausgaben und um Agenten zu be 
zahlen usw., ehe sie hier abreisen. Ihre Arrangements nicht." 
Hier ist das Blatt abgerissen. F. F. soll, wie das Wochen 
blatt behauptet, Franz Ferdinand heißen. 
* ^ * 
Ein schwerer 
Druck lastete auf 
der ganzen politi 
schen Welt. Alles, 
was nicht zu den 
Freunden der ser- 
bischenKönigsmör- 
der zählte, spähte 
fragend nach Öster 
reich, ob denn nicht 
bald von dort aus 
etwas geschehen 
werde. Man fand 
die österreichische 
Ruhe unbegreif 
lich, und doch war 
es keine Ruhe, son 
dern es war die 
Stille, die dem 
Sturm rorauszu- 
gehen pflegt. 
Ein besonderer 
Vorgang goß noch 
Ol ins Feuer. Der 
russische Gesandte 
in Belgrad, Hart 
wig, hatte beim 
Belgrader österrei- 
chischenGesandten, 
Baron Eiesl, einen 
Besuch gemacht, 
wurde währenddes 
Gesprächs vom 
Schlage getroffen 
und starb nach 
wenigen Minuten. 
Run ' beschuldigte 
man in Belgrad 
den österreichischen 
Gesandten, er habe 
Hartwig vergiftet. 
Dadurch wurde die 
Situation für die 
Österreicher inSer- 
bienäußerstkritisch, 
zumal die Menge 
noch durch Hetzar 
tikel der Belgrader 
Presse aufgeregt 
wurde. Unter sol 
chen Umständen 
kam es am 12. Juli 
(29.Juni) zur Feier 
des Namenstages 
desKönigsPeterzu 
aufgeregten Sze 
nen. Dieser Tag 
sollte zu Ausschrei 
tungen gegen die 
Gesandtschaft und 
die Untertanen der 
Monarchie benutzt werden. Am Nachmittag erhielt der 
Gesandte Baron Giesl die Nachricht, daß zweihundert 
Komitatschi nach Belgrad gekommen seien, um die Gesandt 
schaft in die Luft zu sprengen und unter den österreichischen 
und ungarischen Untertanen ein Pogrom anzurichten. Eiesl 
suchte sofort Paschitsch, den serbischen Ministerpräsidenten, auf 
und erklärte, daß er für alle Vorkommnisse nicht nur Serbien, 
sondern Paschitsch persönlich verantwortlich mache. Diese 
energische Sprache verfehlte ihre Wirkung nicht. Vor die
	        
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