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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914.
TSINGTAU
mit Umgebung
Mass st a b :
2km.
Erläuterungen-,
> Eisenbahn
, Chaussee Grenze d.Forstg
. Fahnreg
Fussweg
Peking; es kann als das angenehmste an
der ganzen chinesischen briste bezeichnet
werden. So ist Tsingtau im Laufe der
Zeit eine gut besuchte Sommerfrische ge
worden. Die südliche Halbinsel ist weniger
fruchtbar.
Der nördlich und östlich der Bucht
gelegene Teil des Schutzgebietes ist der
wichtigste. Hier ist der Hafen angelegt,
die neue Stadt erbaut, und hier endigt die
Eisenbahn, die den Hafen mit dem In
nern der Provinz verbindet. Dicht hinter
dein kleinen Hafen erhebt sich auf der
Stelle des früheren Ehinefendorfes Ta-
pautau der gleichnamige Stadtteil, der,
ursprünglich für die chinesische Handels
bevölkerung vorgesehen, seiner günstigen
Lage halber auch von europäischen Firmen
als Wohnplatz bevorzugt wird. Hier pul
siert das geschäftliche Leben am regsten.
Die neue Stadt Tsingtau, von der Ta-
pautau nur einen T4l bildet, ist derart
angelegt, daß das Zentrum, die Euro
päerstadt, sich unmittelbar an der Tsing
taubucht befindet, gegen die Nordstürme
im Winter durch Bergabhänge geschützt
und mit dem ungehinderten Zutritt der
frischen Seebrise im Sommer. Jenseits der
Höhen, welche die Tsingtaubucht von der
Augusta-Viktoria-Vucht trennen, ragen die
schmucken Häuser des Villenviertels und
ein Strandhotel hervor. '
Die Bevölkerung des eigentlichen Pacht
gebiets beträgt rund 200 000 Köpfe, dar
unter 1700 Europäer und die einige
tausend Mann zählende Besatzung. Die
Herstellung industrieller Erzeugnisse, einst
recht bescheiden, hat sich in den letzten
Jahren merklich gehoben. Auch der Verbesserung des
Viehstandes wurde in neuerer Zeit hohe Beachtung ge
schenkt; das Tsangkouschwein zum Beispiel — der Postort
Tsangkou liegt an der Bahn etwa 16 Kilometer nördlich
von Tsingtau — gilt in ganz China als besonders wohl
schmeckend. Durch gartenartige Behandlung des Bodens
und zweckmäßige Auswahl der Saat gelingt es den Chinesen,
meist zweimal im Jahre zu ernten. Der Hauptwert des
Gebietes aber lag bei der Besitzergreifung in der Möglich
keit, einen sicheren Hafen anzulegen und von hier aus das
1897 besetzte das Kreuzergeschwader unter Admiral v. Diede-
richs als Sühne für den Mord den Ort Tsingtau und nahm
von den beiden die Bucht begrenzenden Halbinseln und
von der Bucht nebst den darin und davor lagernden
Inseln Besitz. Durch den Vertrag vom 6. März 1898
zwischen dem Deutschen Reich und China wurde das besetzte
Gebiet im Wege gütlicher Vereinbarung an Deutschland
abgetreten und am 27. April als deutsches Schutzgebiet
erklärt. Gleichzeitig wurde ein Gebiet von 60 Kilometern
rings um die Bucht als neutrale Einflußzone anerkannt,
in der die chinesische Regierung keine
Maßregeln ohne Zustimmung der deut
schen Behörden treffen darf. Dazu
gesellten sich noch wertvolle Eisen
bahn-, Bergwerks- und Handelsvor
rechte. Seither hat sich das Schutz
gebiet außerordentlich entwickelt und
ist dank der vorsorglichen deutschen
Verwaltung kräftig emporgeblüht.
Es umfaßt die beiden die Bucht
bildenden Halbinseln, von denen die
nördliche mit der Stadt Tsingtau
462 Quadratkilometer, die südliche,
Haihsi genannt, 47 Quadratkilometer
Flächeninhalt hat, die Hochwassergrenze
um die Bucht, die Inseln Pintau,
Huangtau in der Bucht und die ihr
vorgelagerten Inseln Tschutschatau,
Taikungtau, Hsiaukungtau, Futau,
Tschalientau, Schuilingschanund einige
kleine Felseneilande.
Die nördliche Halbinsel ist ziemlich
gebirgig, besonders gegen Osten hin,
wo die Gipfel des zerklüfteten Lauschan
bis über 1000 Meter emporragen.
Trotzdem gibt es hier ausgedehnte
Brennholzschonungen, saftige Matten,
und in den Tälern bietet sich reiche
Gelegenheit zum Betrieb der Land
wirtschaft. Auch das Klima ist infolge
des Eebirgscharakters besser und ge
sünder als in Schanghai, Tientsin oder Prinz Heinrich von Preußen mit dem Gouverneur von Tsingtau, Kapitän z. S. Ndeyer-Waldeck.