Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

76 Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Phot. Bert. Jllustrat.-Gef. m. b. H. 
Landung und Beförderung eines großen englischen Geschützes auf dem Strande von Cap Elles bei Seddul Bahr auf Gallipoli. 
tapferen Verteidiger der Höhe einen Augenblick auf die 
rückwärtige niedrigere Kuppe von Paljewo zurückzudrängen. 
Dort vereinigten sie sich mit inzwischen herangezogenen 
Reserven und stürmten mit diesen wieder gegen die ver 
lorene Höhe an. Jetzt erreichte der verzweifelte Nahkampf 
seinen Höhepunkt. „Flinten und Kanonen schwiegen," 
berichten Augenzeugen, „nur die Revolver der Offiziere 
knallten, während die Soldaten einander mit Kolben und 
Bajonett bearbeiteten. Viele warfen überhaupt die Gewehre 
weg und packten sich Mann gegen Mann mit Fäusten und 
Zähnen. Aller lang aufgespeicherte Hatz von Volk gegen 
Volk, alle in elf Monaten zurückgehaltene Wut gegen die 
Treubrüchigen entlud sich in dieser furchtbarsten und blutig 
sten aller Stunden der Jsonzoschlacht." Unter schwersten 
Verlusten wurde der Feind aus seinen eben erst eroberten 
Stellungen geworfen und den Berg hinuntergetrieben. 
3000 tote Italiener bedeckten das Schlachtfeld, zu denen noch 
7000 Verwundete zu rechnen sind, so datz die Eesamtverluste 
des Feindes 10000 Mann betragen, die er umsonst geopfert 
hat, denn die Höhen von Plava blieben nach wie vor in 
festem Besitz der heldenmütigen Verteidiger. 
Auf Vorposten. 
(Hierzu das Bild Seite 75.) 
Gar oft hat man der Kavallerie neben den modernen 
Mitteln des Aufklärungsdienstes ihre Berechtigung ab 
sprechen hören. Gewiß, Telephon und Telegraph sind 
unentbehrliche Werkzeuge der Kriegführung geworden, 
und von den glänzenden Leistungen unserer Flieger 
haben wir schon wiederholt berichtet. Aber gerade dieser 
Krieg hat den Beweis erbracht, daß die Kavallerie 
mit vollem Recht weiterbesteht; sie hat sich großartig be 
währt, und kein Heerführer möchte sie missen. Ihr Auf 
klärungsdienst bleibt neben dem durch Flugzeuge vollauf 
bestehen; daneben hat sie es geradezu meisterhaft ver 
standen, die Bewegungen des eigenen Heeres dem Feinde 
zu verschleiern. Ein sehr großer Teil unserer in Belgien 
und Nordfrankreich so rasch errungenen Lorbeeren kommt 
auf Rechnung unserer braven Kavalleristen. 
Ein packendes Bild von ihrer aufopferungsvollen Tätig 
keit gab vor einiger Zeit ein italienischer Berichterstatter; 
er schreibt: „Dieser endlose Schwarm von Reitern, die das 
deutsche Heer vor sich herwirft, bewegt sich nicht nur über 
begangene Straßen, sondern über alle Straßen, über 
jeden Weg. Man darf nicht glauben, daß sie unbemerkt 
bleiben wollen; sie wollen sich vielmehr sehen lassen. Jede 
Abteilung rückt vor, bis sie beschossen wird. Sie zieht 
nach bestimmter Richtung, bis sie auf den Feind stößt. Ihre 
Aufgabe ist es, dem Tod entgegenzugehen. Die ganze 
feindliche Front wird in dieser Weise abgesucht. Die Vor 
posten tasten die Kräfte des Gegners mit Gefahr ihres 
eigenen Lebens ab. Auf zehn Reiter, die fallen, tot oder 
verwundet, entkommen immer zwei oder drei und erstatten 
Bericht. Wenn eine Patrouille verschwindet, taucht in 
ihren Spuren eine andere, stärkere auf. Das Feuer, mit 
dem sie empfangen wird, zeigt ihr die Stärke der Ver 
teidigung, weil alle Soldaten aus ihren Stellungen auf 
die ersten feindlichen Reiter nervös schießen; das ist un 
vermeidlich und menschlich begreiflich. In jedem Dorf, 
vor jeder Baumreihe, bei jeder Bewegung im Gelände 
muß sich der Reiter sagen: ,Wahrscheinlich ist der Feind 
hier!" Er weiß, daß er keinen Schutz hat und daß man 
unfehlbar auf ihn schießen wird; er muß immer das be 
stimmte Gefühl haben, in einer unsichtbaren Gefahr zu 
schweben. Dennoch reitet er dahin, ruhig und mit deutschem 
Pflichtgefühl. Für die Belgier, die da glauben, die ganze 
deutsche Kavallerie bestehe nur aus Ulanen, hat darum 
auch der Ulan geradezu etwas Schreckliches." ,Und an 
einer anderen Stelle sagt er: „Nie hat ein Krieg sich in 
größerem Geheimnis abgespielt. An der (französisch-belgi 
schen) Schlachtfront selber war alles unbekannt, unvorher 
gesehen; man wußte nur, daß die Deutschen allenthalben 
vorrückten..." 
Auf Gallipoli. 
Die Dardanellenschlacht vom 22.123. Juni. 
(Hierzu die Bilder Seite 78—79.) 
„Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los." Das 
Wort paßt so recht auf die Kämpfe der Engländer und 
Franzosen um die Dardanellen. Daran haben sie nie 
gedacht, daß die mehr demonstrativ gedachte Erzwingung 
der Dardanelleneinfahrt zu einem Unternehmen ausarten 
könnte, das Millionen für Kriegsmaterial und Zehntausende 
an Menschen frißt, ohne daß auch nur eine Spur von Erfolg 
zu sehen sein würde. Eine Kundgebung sollte der Kampf 
um die Dardanellen sein, berechnet auf die Unruhe der 
Balkanstaaten, die nach der Hoffnung der Dreiverbändler 
um die Wette ins Lager der Verbündeten zu eilen bestrebt 
sein würden, wenn die englischen und französischen Schiffe 
die Durchfahrt erreicht hätten. Daß die Verteidiger der 
Dardanellen den Angriff abschlagen könnten, daran hatte 
man weder in Paris noch in London gedacht. Zu spät er 
kannten die Angreifer, daß sie den Ansturm mit viel zu ge 
ringen Mitteln unternommen hatten; alle Opfer an Muni 
tion, die empfindlichen Schiffsverluste, alle noch so geschickten 
Pläne hatten nicht den geringsten Fortschritt gebracht. Der 
ganze Glanz, der die englische Flotte für die Balkanstaaten 
noch umflimmert haben mag, ist vor den Dardanellen ver 
loren gegangen. Um nicht auch den letzten Rest Achtung 
zu verlieren und wohl auch in der Vermutung, Deutsch-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.