Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
69 
Vorbereitung hatte den Werken der Verteidiger nichts ge 
schadet, sondern den rötlichen Tridentiner Marmorfelsen 
nur angesplittert und zermürbt, aber kein Geschütz und 
keine Panzerung zerschlagen. Umgekehrt hatten die Öster 
reicher im Verlaufe des Krieges hier mit ihren Hau 
bitzen und Kanonen manchen erfreulichen Erfolg. Unter 
stützt durch den Wagemut ihrer Flieger, die die verwegensten 
Alpenluftfahrten machten, brachten sie Ende Juni nächst dem 
Eampomolon ein von einem Flieger entdecktes Munitions 
magazin zur Erplosion. Am 30. Juni vernichteten sie bei 
Porta di Marazza eine hier in Stellung gebrachte schwere 
italienische Batterie samt den dortigen Kasernenanlagen. Wo 
die Italiener überhaupt noch Jnfanterieangriffe wagten, 
hatten sie nur Tageserfolge. Bei solchen Kämpfen hat sich 
der Monte Coston, ein als Beobachtungspunkt sehr wichtiger, 
südöstlich von Folgaria gelegener, über 1700 Meter hoher 
Gipfel den Namen „Hartmannsweilerkopf" erworben, weil 
er mehrfach seinen Besitzer wechselte. Seit dem 17. Juni 
gehört er trotz der immer wieder mit Übermacht anlaufenden 
Italiener unbedingt sicher unseren Verbündeten. Die öster 
reichisch-ungarische Stellung bei Casatto-Belfiore am Astico 
wurde am 14. Juni von einer Kompanie des 71. italienischen 
Infanterieregiments angegriffen. Die weit unterlegene 
Grenzwache Zerstreute die heranrückenden Italiener durch 
einen Feuerüberfall aus großer Nähe, der von einer prächtigen 
Steinlawine begleitet war. 2 Offiziere, 52 Mann unver 
wundet und 6 Mann verwundet gaben sich ge 
fangen. Auch der Hauptmann der italienischen 
Kompanie wurde bei seinerFlucht eingeholt und 
abgeführt; er verdient öffentlich gebrandmarkt 
Zu werden, weil er versuchte, sich durch das An 
gebot einer großen Geldsumme loszukaufen! 
Die wichtige Einfallstelle in Tirol am 
Stilfser Joch regte zunächst die Italiener in 
der Hauptsache ebenfalls nur zu Artillerie- 
angriffen an. Wie man ihre Tätigkeit hier 
auffaßte, geht aus der Erzählung eines Kriegs 
berichterstatters hervor, der unter anderem 
schrieb: „Eines Tages fiel es ihnen ein, es 
doch mit einem offenen Anmarsch auf der 
Straße selbst zu versuchen. Freudige Über 
raschung herrschte bei den Unsrigen, als man 
sie von der Cantoniera heranziehen sah, die 
Spitze vorne, das Eros folgend. Ruhig ließ 
man diese seltsame Marschübung sich näher 
entwickeln, dann wurde Feuer gegeben; 
' einige Mann fielen, alle anderen flüchteten 
eilends zur Cantoniera zurück." 
Unerschüttert stehen unsere Verbündeten 
in ihrem Verteidigungskampfe zu Lande da, 
ungebrochen ist auch der Mut der österrei 
chisch-ungarischen Flotte geblieben, treu wie 
zu ihr hält das Glück auch zur Luftflotte. Mitten in die 
Siegesfreude der Italiener vom Anfang Juni hinein platzte 
die Nachricht, daß am 9. Juni das k. u. k. Unterseeboot „4", 
Kommandant Linienschiffleutnant Singule, 30 Meilen von 
San Giovanni di Medua einen englischen Kreuzer „Typ Li 
verpool", der von sechs Zerstörern geschützt war, versenkt habe. 
Schon am 10. Juni kam es wieder zu einem Zusammenstoß 
auf der See zwischen einem Unterseeboot unserer Verbündeten 
und — der erste Fall dieser Art — einem italienischen Unter 
seeboot. Die „Medusa" wurde von den Österreichern torpe 
diert und versenkt, ein italienischer Offizier und vier Mann 
der Besatzung gerettet und gefangen genommen. Am 17. Juni 
konnten unsere Verbündeten schon wieder mit einem Unter 
seebooterfolg aufwarten. Sie versenkten den italienischen 
Panzerkreuzer „Amalfi" im nördlichen Teile der Adria. 
Am 17. und 18. Juni unternahmen österreichisch-unga 
rische Kreuzer und Zerstörer einen Angriff gegen Pesaro 
und Rimini in der Art des Angriffs in der Nacht nach Beginn 
der Kriegserklärung. Nach Vernichtung und Beschädigung 
einer großen Anzahl militärischer Einrichtungen und der 
Versenkung eines italienischen Dampfers kehrte das k. u. k. 
Geschwader unversehrt zurück. 
Endlich fiel bei einem im übrigen recht unergiebigen 
Angriff eines italienischen Geschwaders auf die Küste von 
Cattaro noch ein italienischer Panzerkreuzer einem Unter 
seebootangriff zum Opfer. Dort fand der nach dem italie 
nischen Freiheitshelden benannte Panzerkreuzer „Giuseppe 
Garibaldi" seinen Untergang. Zehn Panzerkreuzer dieser 
III. Band. 
Art besaßen die Italiener zu Beginn des Krieges, zwei sind 
ihnen genommen, jetzt stehen den vier österreichisch-ungarischen 
Schiffen dieser Art nur noch acht italienische gegenüber. 
Schwere Verluste zu Land! Schwere Verluste zu Wasser! 
Schwere Verluste auch beim Kampf in der Luft! Wieder 
holt haben die Italiener Pola und Triest aus der Luft an 
gegriffen, aber auch unsere Bundesgenossen haben mit solchen 
Unternehmungen nicht gespart, und am 8. Juni besonders in 
Venedig (f. Bild S. 62) großen Schaden angerichtet. An die 
sem Tage traf die italienische Luftflotte noch ein besonders 
schwerer Schlag durch den Verlust des Luftschiffes „Eitta 
di Ferrara" ff. auch Bd. II S. 498). Auf der Rückfahrt von 
Fiume wurde es von dem Marineflugzeug „I- 48", Führer 
Linienschiffleutnant Glasing, Beobachter Seekadett v. Fritsch, 
über dem Meere südwestlich Lussin in Brand geschossen und 
vernichtet. ZweiOffiziere und fünf Mann der Besatzung konn 
ten gefangen genommen werden. Alles andere wurde von der 
Adria verschlungen, auch 80 000 Kronen in österreichischem 
Geld, die an Bord des italienischen Luftschiffes vorsichtiger 
weise mitgeführt wurden, um im Falle einer etwaigen Not 
landung auf feindlichem Gebiet durch Bestechung der Be 
völkerung ungehindert Reparaturen und den Wiederaufstieg 
herbeiführen zu können. Wieder ein Beweis, wie leicht die 
Italiener Gemeinheiten jeder Art bei anderen voraussehen. 
So große Hoffnungen der Dreiverband auf Italien 
gesetzt hat, so erfolg- und ehrsüchtig die Italiener dem Kriege 
Der Flieger teilt mit Hilfe des Signalfpiegels der Erdstation seine Beobachtungen mit. 
entgegensahen, so beschämend erfolglos und so verlustreich ist 
er für sie gewesen. Vorläufig haben sie erst die öster 
reichisch-ungarische Kraft in der Verteidigung kennen gelernt. 
Schaudernd schauen sie nach dem Osten aus. Sie ahnen, 
daß ihr Geschick eine schlimme Wendung nehmen kann, 
wenn einmal der gern geleugnete, aber immer vollständiger 
werdende Sieg der Zentralmächte über die Russen seiner 
Vollendung entgegengegangen ist. Dann wird sich auch 
über Italien das Geschick entladen, das österreichisch- 
ungarische und deutsche Staatsmänner mit vereinten Kräften 
geduldig und nachgiebig von ihm abzuwenden trachteten. 
Innerlich bricht Italien jetzt schon langsam, aber sicher zu 
sammen. Ihm gelingt es nicht, wie seinen einstigen Ver 
bündeten Österreich-Ungarn und Deutschland, die Kriegs 
mittel aus eigener Kraft zu beschaffen. Schon werden an 
gesichts des mäßigen Ausfalls seiner Kriegsanleihe Stimmen 
laut, die nach einer Zwangsanleihe rufen. Die Massen 
des Volkes, die in der Hauptsache die tatsächlichen Opfer 
des Krieges an Menschen zu stellen haben, erheben immer 
ungeduldiger und drohender ihr Haupt. Täglich mag der 
König von dem Kirchturm in Monfalcone ängstlicher durchs 
Scherenfernrohr nach Trient, der weißen Stadt, ausschauen, 
täglich mag er mehr einsehen, daß er sie nie erreichen wird, 
täglich mag er sich das Gespenst der Revolution näher auf 
den Leib rücken fühlen. Wir Deutsche und unsere Ver 
bündeten fühlen ihn und sein Land längst nicht mehr als 
Gefahr. Der Verlauf des Krieges hat gezeigt, daß wir 
bequem auch mit Italien fertig werden. »Fortsetzung folgt.)
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.