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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
Flügel der deutschen
Armee durch eine
große Heeresmasse, die
in Tag- und Nacht
märschen gegen den
Nordwesten Frank
reichs vorgeschoben
wurde, vor einer Um
gehung zu bewahren.
Man hat damals sogar
den Spieß umgekehrt
und ist zum Angriff
an derselben Stelle
übergegangen. Welche
Schwierigkeiten aber
zu überwinden waren,
bis die endgültige Si
cherung des rechten
Flügels mit den Trup
pen an dem Somme
abschnitt in der Ge
gend südlich Cambrai
erreicht war, davon
kann sich nur der einen
richtigen Begriff ma
chen, der die letzten
Septembertage des
Jahres 1914 mitgemacht hat oder, besser gesagt, mitmarschiert
ist. — Die „Frankfurter Zeitung" war in der Lage, aus einem
ihr zur Verfügung gestellten Feldpostbrief hierüber mit
zuteilen: Die Bahn brachte uns, da die Eisenbahnbrücke bei
Namur zerstört war, bis hart südlich Namur. Dort begann
der Fußmarsch gegen Westen — wohin, war uns im Beginn
unbekannt. Wir hatten nach dreitägiger ununterbrochener
Eisenbahnfahrt nur eine Stunde Erholung, dann kamen fünf
aufeinanderfolgende Marschtage, an denen unsere wetter-
gebräunten, schon kämpf- und sieggewohnten Truppen zeigen
konnten, was eiserner Wille und deutsche Disziplin vermögen.
35 Kilometer, das war der Durchschnitt täglicher Marsch
leistung. 42 und 47 Kilometer täglich waren die Höchst
leistungen. Die Leute trugen dabei mehr Patronen als
normal, nämlich 250 der Mann, bei sich und hatten eiserne
Portion für drei Tage im schwerbepackten Tornister. Am
sechsten Tage ging es
in aller Frühe ins Ge
fecht. Die Leute hiel
ten tapfer durch. Die
Müdigkeit war ange
sichts des lang erwar
teten Feindes gewi
chen und hatte einem
unwiderstehlichen
Drange nach vorwärts
Platz gemacht. Ich
habe mich immer wie
der gefragt, wie nach
so übermenschlichen
Anstrengungen eine
Truppe noch imstande
ist, solche Heldentaten,
wie man wohl sagen
kann, zu vollbringen.
Man sprach 1870
bei der Verfolgung der
bei Wörth geschlage
nen Armee Mac Nka-
hons von Gewaltmär
schen unserer Kron
prinzenarmee. Sie
waren es gewiß, bei
glühender Augusthitze und wochenlanger Dauer, aber es gab
immer wieder Ruhetage dazwischen, und die Höchstleistung am
Tag betrug nur einmal 31 Kilometer. Der gute Geist, der Ge
danke, es geht vorwärts, nicht zuletzt die gute, rasche und kräf
tige Verpflegung der Truppe aus der Feldküche vermochten
bei uns alles. Selbst eine Reserveinfanteriebrigade mit Re
servisten und Landwehrleuten brachte die genannte glänzende
Marschleistung, wenn auch mit letzter Anspannung ihrerKräfte,
fertig. Da trug eben der Kräftigere eine Zeitlang dem Schwä
cheren das Gewehr, wir Offiziere trugen es denjenigen unter
den Mannschaften, die nur noch schwer vorwärts kamen. So
zog alles mit bis in die Nacht hinein, um am nächsten Morgen
um fünf Uhr wieder abzurücken. Auf diese Marschleistungen
allein kann eine Truppe schon recht stolz sein. Sie stehen bis
jetzt einzig in der Kriegsgeschichte da und stellen größere
Anforderungen an die Willenskraft als der Kampf selbst.
Unsere Soldaten im Elsaß: Gemeinsames Mittagsmahl mit den Kindern des Dorfes.
Phot. W. Braemer, Berlin.
Volksfest unserer Feldgraurrn in Flandern: Das Auftreten der Schuhplattlertruppe.
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