Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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Minenwerfer der „schweren" überlassen, breche weine Zelte 
ab und renne mit weinew Stabe an den Artilleriehochstand, 
der in der Mitte der Stellung liegt, uw die der belästigten 
Kompanie gegenüberliegenden feindlichen Gräben unter 
Feuer zu nehmen. Mit meiner mehr frontal wirtenden 
Batterie kann ich gegen die starken Brustdeckungen wenig 
ausrichten, so wähle ich die schwereren Flankierungsgeschühe, 
die in einem ganz anderen Gefechtsabschnitt stehen, mit 
denen ich aber durch unmittelbare Fernsprecherleitung ver 
bunden bin. 
Mit der Haubitze, dieser vorzüglichen Präzisionswaffe, 
kann man selbst bei dreißig Meter Grabenentfernung in 
den vordersten feindlichen Schützengraben schießen, ohne die 
eigene Infanterie zu gefährden. Die Volltreffer im Graben, 
die bei der Streuung aller Geschütze nicht immer gelingen, 
werden von unserer Infanterie mit Schmunzeln und ver 
gnügtem Händereiben begleitet .. . 
Es ist inzwischen Mittag geworden, und da der Fran 
zose auf eine anständige Essenspause Wert legt, können auch 
wir uns durch ein kleines Frühstück auf die Anstrengung des 
Nachmittags vorbereiten. Abwechselnd beobachten wir 
durchs Glas etwaige Bewegungen beim Gegner, aber es 
rührt sich oft stundenlang nichts. 
Am dunstigen Horizont erscheint gegen halb vier Uhr 
unmittelbar in der Flanke ein feindlicher Fesselballon. Auch 
der Batterieoffizier meldet sein Erscheinen. Wir schneiden ihn 
beide mit dem Richtkreis an. Entfernung übereinstimmend 
etwas mehr als zwölf Kilometer. Also zu weit für uns. 
Wir rechnen nun mit einer Flankenbeschießung durch ein 
schweres Festungsgeschütz, das schon öfter hier Gastrollen 
gegeben hat. „Der Mungo schießt!" Wer diesem Geschütz 
den Namen gegeben hat, weiß niemand, aber in der Brigade 
heißt es seit dem ersten Tag seines Auftretens der „Mungo". 
Der Fesselballon hat seinen bestimmten Zweck. Der Gegner 
will uns reizen. Er weiß, daß wir, um den „Mungo" zum 
Schweigen zu bringen, unsere gesamte Artillerie auf seine 
Schützengräben hetzen. Vom Ballon aus will er dann 
unsere Geschützstellungen festlegen, sobald er Rauch und 
Feuerschein bemerkt. Unsere artilleristische Organisation 
gestattet uns jedoch, mit anderen vom Ballon aus nicht zu 
erkennenden Geschützen und Batterien zu schießen. Zunächst 
Meldung ans Regiment, einen Flieger anzufordern, der 
die Lage des schweren feindlichen Geschützes feststellen 
könnte. Schon windet sich langsam durch die Luft mit 
kläglichem Geheul der erste Schuß heran. Er liegt hinter 
unserer Stellung. Der nächste kommt unserer zweiten 
Linie schon näher. Wir eröffnen gleichzeitig mit der 
schweren Artillerie und den Minenwerfern ein höllisches 
Feuer auf die Schützengräben. Sobald der schwere Schuß 
bei uns einfällt, erscheint drüben an der Brustwehr ein 
Spiegel, der dem feindlichen Artilleriebeobachter einen 
Überblick über unsere Stellung gewährt, ohne daß er 
seine Deckung verlassen muß. Auf diesen Augenblick haben 
unsere Braven an den Blenden schon gewartet. Die 
Trümmer des Spiegels rasseln in den Graben. „Ach 
tung auf den feindlichen Artilleriebeobachter!" ruft der 
Kompanieführer durch. Jetzt wird er den Kopf über die 
Brustwehr strecken, wenn sein Schuß einfällt., dann muß 
die Infanterie auf ihn schießen. Wird er nicht gleich ge 
troffen, so wird er zum mindesten beunruhigt. Unsere 
Feldkanonen pfeffern drüben auf die Brustwehr, daß die 
Steine spritzen. Die Haubitzen setzen Treffer auf Treffer 
in den feindlichen Graben. Eben ist drüben ein Hand 
granatenvorrat mit starkem Krach in die Luft geflogen. Der 
dritte „Mungo" schießt schon Strich auf unsere vorderste 
Linie; leider geht es nicht ohne Verluste ab. Endlich er 
scheint unser Füeger, und er ist es nun, der die Aufmerk- 
samkeit der feindlichen Batterien auf sich zieht. Der „Mungo" 
schweigt, um seine Stellung nicht zu verraten, die kleineren 
Geschütze jagen ihren Tagesvorrat an Pulver in die Luft, und 
wir im Schützengraben sind die Zuschauer, uns freuend, 
wenn unser Flieger durch geschickte Wendungen alle Berech 
nungen der feindlichen Artillerie über den Haufen wirft. 
Er wendet sich dem Fesselballon zu, der in Eile eingezogen 
wird, kreist noch ein Stündchen über den Stellungen und 
gönnt uns die Ruhe. 
Der Tag neigt sich. Wir belästigen noch einen Bretter 
wagen, dessen blendendweiße Last durch die Zweige schim- 
mert. Dann schweigt die Artillerie. Es ist nichts mehr zu 
sehen draußen, und wir ziehen uns in den Fernsprecher 
unterstand zurück. 
Bald beginnt das regelmäßige Schießen der feindlichen 
Infanterie gegen die Blenden und Deckungen. Dieses 
„Holzhacken" kann aber unseren Schlaf nicht stören. 
... Seit halb drei Uhr liegen wir auf der Lauer. Der 
Feind bildet sich nämlich seit einiger Zeit ein, daß wir um 
diese Stunde ablösen, und will mit seinen schweren Minen 
diese Arbeit stören. Wir lassen alle Geschütze gefechtsbereit 
machen und warten an den Blenden zu viert auf den ersten 
Minenschuß. Ost steht man um halb sechs Uhr noch draußen, 
und er wagt es nicht, uns die gefürchtete Flasche mit dem 
Dynamit herüberzuspielen. So beginnt der neue Tag 
häufig mit Warten . . . 
Die Granate wird ins Rohr eingeführt.
	        
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