Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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3Uu|lvicrlc (Sc)ci)ld)tc des Weltkrieges 1914/15. 
Nachmittags war Nahe. Langsame, kühle Nebel sanken. 
Vorn sah man Arbcitsmannschaft in einem Garten Massen 
gräber schaufeln — für die Serben, die im braunen Äcker 
fielen, und manche andere, die man heute finden wird. 
2 Uhr 15 Minuten. Unser linker Flügel schwenkt ein. 
Die Infanterie vor uns habe ich aus den Augen verloren. 
Die Landschaft schweigt. 
Um 3 Uhr quäkt das Telephon: „Linker Flügel hat den 
serbischen Stützpunkt nächst der Schule von Desimirovac, 
Trigonometer 325, genommen; Feind geworfen. Zwei 
Bataillone in Vorrückung." 
Desimirovac liegt nur noch sieben Kilometer vor der 
Stadt. Die Schützenlinie von Kragujevac ist durchbrochen 
von Truppen unseres Korps. 
Straßenkämpfe in Loos. 
(Hierzu die Kunstverlage.) 
Während die Franzosen zur Einleitung ihrer großen 
Offensive in: September 1915 (siehe die Artikel Seite 331 
und Seite 353) ihr Ar 
tilleriefeuer besonders ge 
gen die deutsche Front in 
der Champagne und gegen 
den Äbschnitt um Arras 
und das in den Mai- und 
Junikämpfen heißumstrit- 
teneSouchezrichteten, nah 
men die Engländer, deren 
Heere den Frontteil nörd 
lich von Arras, vom Kanal 
von La Bassoe bis zur 
Nordsee behaupteten, den 
Abschnitt Lievin—Loos 
unter Feuer, wobei sie 
täglich nicht weniger als 
70 000 Granaten aller Ka 
liber gegen die deutschen 
Linien schleuderten. Äm 
Morgen des 25. Septem 
ber, als die vordersten 
Schützengräben zusam 
mengeschossen waren, be 
reiteten auf dieser Front 
die Engländer während 
des heftigsten Trommel 
feuers den Gasangriff vor. 
Der schwache Westwind 
kam dem Feinde hier 
bei zu statten, da er die 
dichten Rauchwolken, die 
sich kaum vom Nebel un 
terschieden, gegen die deut 
sche Front zu trieb. In 
dem die Engländer Hun 
derttausende von Kubik- 
metern giftiger und be 
täubender Gase vor. sich 
her wälzten, gelang es 
ihnen, indie ohnedies schon 
fast vernichtete vorderste 
deutsche Linie einzudrin 
gen. Äber obwohl von den 
Gas- und Rauchwolken halb betäubt und ohnmächtig, 
' leistete die Besatzung heldenhaften Widerstand und feuerte 
bis zum letzten Atemzug auf die anstürmenden Schotten 
und Inder, deren Leichen sich zu Wällen vor den deut 
schen Gräben auftürmten. 
Die englische Offensive kam daher bald ins Stocken, und 
es gelang ihr nur, die vorgeschobene erste deutsche Linie zu 
nehmen. Zwischen dieser und der zweiten Linie, vor der 
der englische Angriff zusammenbrach, lag das Dorf Loos, 
in dessen Umgebung sich die großen nordfranzösischen 
Kohlenbergwerke befinden. Hier stießen die Engländer auf 
einen so zähen Widerstand, daß sie wohl an die Kämpfe 
um Neuve-Chapelle erinnert wurden. Jedes Haus war 
von den Deutschen beseht und in ein kleines Fort verwandelt 
worden. Hinter den geschlossenen Fenstern, auf den Dächern 
der Häuser und besonders auf den Kranen der Bergwerk 
schächte, die sich bis zu 300 Tust hoch mitten nn Dort über 
den einstöckigen Häusern erheben, waren Maschinengewehre 
aufgestellt. Quer über die Straßen hatte man Grüben auf 
geworfen und davor aus umgestürzten Karren, Läden und 
Toren Barrikaden errichtet, hinter denen unsere Feldgrauen 
mit Gewehr und Handgranaten bereitlagen. Ein kleines 
Bollwerk für sich bildete der Friedhof von Loos, der süd 
westlich von dem Dorf gelegen war und den die Engländer 
erst erobern mußten, um sich der Ortschaft selbst nähern 
zu können. Nicht weniger als hundert Maschinengewehre 
waren hinter den Mauern des Friedhofs und den Grab 
steinen in Stellung gebracht worden, und auf den Ruhe 
stätten der Toten tobte ein furchtbarer, grausiger Nah 
kampf. Nachdem die kleine Heldenschar der Verteidiger 
gefallen war, drangen die Engländer auf Loos vor. Es 
war 8 Uhr morgens, anderthalb Stunden nach Beginn 
des Sturmangriffs, als sie unter schweren Verlusten den 
Rand des Dorfes erreichten. Der Kampf um Loos, der 
nun entbrannte und zwei Stunden lang andauerte, gehört 
zu den blutigsten und verlustreichsten Schlachten des ganzen 
Weltkrieges. In allen Straßen und Gassen tobte ein ver 
zweifelter Kampf Mann 
gegen Mann, aus allen 
Häusern und Dächern knat 
terten Maschinengewehre 
und mähten die anstür 
menden Schotten, Kana 
dier, Iren und Inder 
nieder. Ganze englische 
Bataillone wurden dabei 
aufgerieben und verloren 
alle Offiziere. Uber die zu 
hohen Haufen aufgetürm 
ten Leichen ihrer Kame 
raden mußten immer wie 
der frische englische Re 
servetruppen gegen die 
deutschen Barrikaden vor 
dringen. Ein jedes Haus 
und Gehöft mußte ein 
zeln genommen werden, 
denn obwohl das Dorf 
unter den Geschossen der 
schweren Artillerie bedeu 
tend gelitten hatte, war 
doch kein Feuer ausge 
brochen, und so konnten 
sich unsere Soldaten auch 
in den zusammengeschos 
senen Ruinen noch be 
haupten und erfolgreich 
verteidigen. Das Innere 
der Häuser, so berichtet der 
Korrespondent des „Daily 
Chronicle", steckte voll deut 
scher Soldaten, die die 
Keller wie Laufgräben be 
nutzten und durch die Trep 
penöffnungen die Englän 
der beschossen. Das 
Schnellfeuer aus den Kel 
lern fügte den Engländern, 
die ohne Deckung waren, 
schwere Verluste zu, und 
die Verteidiger mußten erst durch Handgranaten, die von 
außen durch die Fenster und Türen in die Keller auf sie 
hinabgefeuert wurden, kampfunfähig gemacht werden. 
Wohl gelang es der englischen Übermacht schließlich, 
das Dorf zu besetzen, aber es war nur noch ein großer 
Trümmerhaufen. Dagegen blieben die deutschen Trup 
pen im Besitz des dahinter gelegenen wichtigen Hügels 70, 
gegen den sich nun der englische Angriff richtete. Einen 
Augenblick schien hier dem Feind der Erfolg zu winken, 
als er in die vordersten Gräben eindringen konnte, 
dann aber geschah um so wirkungsvoller und verhee 
render der Gegenstoß unserer Feldgrauen, die die Eng 
länder auf der ganzen Front unter so schweren Ver 
lusten zurückwarfen, daß die große Offensive schließlich 
immer mehr abflaute, da der Feind keine neuen Reserven 
mehr ins Feuer führen konnte. An dem Todesmut der 
Helden von Loos ist der dort geplante Durchbruch zerschellt. 
Phot. Leipziger Presse-Büro. 
Das Denkmal für die im Kampf um die Lorettohöhe gefallenen deutschen 
Krieger auf dem Friedhof zu Lens.
	        
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