Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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aussichtslose oder wenigstens sehr mißliche Lage der Vierver- 
bändler dar und vertrat die Ansicht, haß die Frage doch nicht 
überraschend gefunden werden könne, ob denn kein Ausweg 
aus dem furchtbaren Unglück möglich sei. Er glaube nicht, 
daß es sich für England um die Frage „Freisein oder Unter 
gehen" handle. Allerdings wollte er von einer England auf 
zuerlegenden Kriegsentschädigung nichts wissen. Die zur Ver 
nunft mahnenden Stimmen solcher Männer konnten in Eng 
land nicht ungehört bleiben. Auch durch sie wurde die Zahl 
derer vermehrt, die von der völligen Unwahrscheinlichkeit eines 
englischen Sieges schon seit längerer Zeit überzeugt waren. 
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In den ersten Oktobertagen klang die gewaltige deutsche 
Angriffsbewegung, d'e die deutschen Linien um Hunderte von 
Kilometern nach Rußland hineingebracht hatte und sie aus 
Polen auf echt russisches Gebiet hinausführte, in kleinere 
Vorstöße aus. Es wurde klar, daß der deutsch-österreichisch- 
ungarische Eewaltstoß, der von so glänzenden Waffentaten 
begleitet gewesen war, in erster Linie eine Verkürzung der 
mächtig gebogenen Front erstrebt hatte ui d damit das Frei 
werden neuer Heeresmassen zur Förderung der kriegerischen 
Zwecke an ai deren Stellen. Dahin gehörte, wie sich im Ver 
laufe des Oktobers herausstellte, Serbien, aber ebenso auch 
die deutsche Westfront. Während die Mittelmächte in Serbien 
zu ihrem vernichtenden Hauptangriff übergingen, hatten 
die Deutschen einen mit großer Übermacht ausgeführten 
Vorstoß der Engländer und Franzosen in Nordfrankreich 
und in der Champagne auszuhalten. Für diese großen Auf 
gaben hatte die Frontverkürzung in Rußland die Möglichkeit 
geschaffen. Mit der Erreichung einer durchweg geraden Linie 
von Riga bis Ostgalizien war der Zweck des Vorstoßes, der von 
der großen Durchbruchschlacht von Gorlice—Tarnow im Mai 
seinen Ausgang genommen hatte, vorläufig erfüllt. Es 
wäre in diesem Augenblick wertlos gewesen, noch tiefer 
nach Rußland hinein vorzudringen. Die Russen waren 
geschlagen. Der mächtigste urb bedrohlichste Gegner zu 
Lande war für lange Zeit kampfunfähig gemacht oder durfte 
wenigstens als genügend geschwächt gelten. Jetzt mußte 
etwas geschehen, das den Krieg seinem eigentlichen Ende 
näherbringen würde. Das war der Vorstoß in Serbien, 
der zugleich die wichtigen anderen Fragen zur Lösung brachte: 
die Erleichterung der Stellungnahme für die freundlich ge 
sinnten Bulgaren und die Entlastung der Türkei durch Her 
stellung der Verbindung der Mittelmächte mit Konstantinopel. 
Deshalb kam es in Rußland nicht zu dem von manchen 
vielleicht erwarteten Vorstoß auf Petersburg und Moskau. 
Die Deutschen, Österreicher m.b Ungarn gingen zi m Stel 
lungskrieg über. Die Russen hatten ja durch die Frontver 
kürzung ebenfalls Menschen gewonnen und fühlten immer 
noch, trotz der riesenhaften Verluste, sogar die Kraft zu neuen 
Vorstößen in sich. Sie unternahmen an durchweg allen 
Punkten der Front im Verlauf des Oktobers m d Novem 
bers sehr kräftige Angriffe mit großen Truppenmassen in der 
Absicht, irgendwo durchzustehen, doch nirgei ds erreichten 
sie ihr Ziel. Auch dieser Abschnitt des Feldzuges schloß für 
sie mit den größten Verlusten und keinem Erfolg ab. Die 
Deutschen, Österreicher lab Ungarn waren nicht so sehr in 
der Minderzahl, daß sie in der Verteidigung hätten ver 
harren müssen. Sie waren sogar gezwungen, eigene An 
griffstöße anzusehen. Sonst hätten die Russen ihre Absicht, 
Serbien mit mindestens 200 000 Mann zu helfen, wahr 
machen können. 
Das war in großen Zügen die Eesamtlage an der rus 
sischen Front in den Monaten Oktober und November. Im 
einzelnen hat es an Kriegstaten von den kleinsten Vorposten- 
gefechten bis zu den schwersten Zusammenstößen, den gewal 
tigsten Schlachten dort nicht gefehlt, wenn auch die allgemeine 
Aufmerksamkeit während der genannten Monate sich ganz 
auf die Vorgänge im Westen und, nach Abwehr der eng 
lisch-französischen Sturmversuche, ungeieilt auf Serbien 
lenkte. An der russischen Front gab es auf den beiden äußer 
sten Flügeln zunächst noch Ausklangskämpfe als Folge der 
großen Ereignisse, die sich dort in der vorhergehenden Zeit 
abgespielt hatten. Im Süden waren es Ausläufer der hef 
tigen russischen Angriffsunternehmung des Generals Iwa 
now, der auf dem Raum von Luck einen Durchbruch um 
jeden Preis versucht hatte. So viel er auch an Material 
und Mannschaften opferte, er drang nicht durch, sondern 
mußte zurück. Bei Czernycz holte er sich bei einem erneuten 
Vorstoßversuch wieder eine kräftige Niederlage, weshalb 
er am 2. Oktober das westliche Korminufer bis auf kleinere 
Phot. R. Sennecte, & erlitt. 
Befestigungsarbeiten am Suezkanal. 
Von der englischen Militärbehörde in Ägypten eingestellte Zivilisten warten am Suezkanal auf Fahrgelegenheit nach ihren Arbeitsplätzen. 
Im Hintergrund das Zeltlager, in dem die Arbeiter wohnen.
	        
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