Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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von vorn nicht anzugreifen, er mußte umgangen werden. 
Der rechte Flügel erhielt jedoch flankierendes Feuer, mußte 
haltmachen und konnte nicht vorwärtskommen. 
Am 23. schlagen das Kaschauer und das Beszterce- 
banyaer Honvedregiment den Feind, bringen 350 Gefangene 
ein und gelangen in die Flanke der Stellung 158. Die 
Russen geraten jetzt in Bewegung. Aus dem Werk Kobilany 
richten sie einen Ausfall gegen die Honveds. 
Die Honveds lassen die ausfallende Masse nahekommen 
und schießen sie zusammen, während die Regimenter 
Kestraneks in bitterer, blutiger Arbeit gegen den 158er 
vordringen. Unter dem zweifachen Druck machen sich die 
Russen nachts aus der Stellung 158 davon, die Unseren 
besetzen die Stellung und stehen jetzt bereits in einer Ent 
fernung von 2 bis 3 Kilometern vor' dem Forisgürtel der 
mächtigsten russischen Festung. Zwei Werke starren ihnen 
entgegen: im Norden Koroszyn, im Süden Kobilanu. 
Zwischen den beiden liegt ein straßensperrender Stützpunkt, 
von weitem gleicht er dem terrassenförmig angelegten 
Garten eines vornehmen Landhauses. Beide Werke sind 
durchaus neuzeitlich ausgebaut und erwarten großartig 
ausgerüstet mit Spreng- 
minen, Drahtverhauen, 
Gräben und Beton 
deckungen den Angriff. 
Am 25. trifft der Be 
fehl ein: „Beginn des 
Angriffs heute nachmit 
tag 4 Uhr 30 Minuten." 
Nachmittags 4 Uhr 
30 Minuten machen sich 
die Schwarmlinien auf 
den Weg. Der Haupt 
angriff richtet sich gegen 
das Werk Kobilany. Nach 
starker Artillerievorberei 
tung ging die Infanterie 
sofort vor. Abends um 
7 Uhr stehen die Hadfy- 
Honveds vierhundert, die 
Division Kestranek acht 
hundert Schritt vor dem 
Werk. Die Meldung 
kommt: „Werke dicht be 
setzt." (Die Werke sind 
voll mit Russen.) Eine 
neuere Meldung: „Hef 
tiges, feindliches Jnfan- 
teriefeuer." Das bedeu 
tet, daß hinter der Beton 
mauer alle Gewehre und 
Maschinengewehre un 
unterbrochen feuern. Ge 
neral v. Arz (siehe Bild 
Seite 248) möchte, daß 
die Truppen bis zum 
Anbruch der Nacht in ihren Stellungen warten, dann sehr 
langsam und vorsichiig sich vorschleichen, die Drahthinder 
nisse sprengen und erst dann zum Sturm tibergehen. 
Die Regimenter des Kaschauer Korps gingen darauf 
nicht ein. Die geschriebenen Meldungen, die im Archiv 
des Korps aufbewahrt werden, berichten dem General 
v. Arz, daß die Truppen nicht zurückzuhalten sind. Das 
Kaschauer Honvedregiment stürmt, entgegen dem Befehl, 
zu warten, in die Ortschaft Kobilany-Nadbuzne, die mit 
lodernden Flammen brennt; seinem Beispiel folgt das 
Besztercebanyaer Honvedregiment. Innerhalb zehn Mi 
nuten explodieren fünfunddreißig unterirdische Minen. 
Nachdem das Minenfeld überschritten war, gelangten 
die Honveds an die Drahtverhaue. Sie waren wohl mit 
Drahtscheren versehen, aber die Mehrzahl der Honveds 
war so sehr vom Fieber des Vorwärtsstürmens beherrscht, 
daß sie, wie die Kommandanten in ihren Meldungen 
schrieben: ,,.... die Drahtscheren leichtsinnig wegwarfen 
und statt dieser, ihnen zu langsam scheinenden Arbeit die 
Drahtnetze mit Schaufeln und Gewehrkolben zertrümmerten." 
Die beiden heißesten Stunden dieses Kampfes waren 
an diesem Tage die von 8 bis 10 Uhr. Zwei geschlagene 
Stunden kämpften die Honveds in der Drahtwirrnis. Die 
Eeneralstabsoffiziere sagen mir, militärisch klinge der Satz 
fast unmöglich und doch sei es so gewesen: zwei geschlagene 
Stunden kämpften die Honveds zwischen den Drahtver 
hauen. Im Dunkel des Abends lieferte zu diesem in höchster 
Wut geführten Kampf die Beleuchtung Brest-Litowsk 
lfiehe auch den Artikel und die Bilder Seite 250—253) 
selbst, die Stadt brannte mit zum Himmel aufschlagenden 
Flammen, in der Umgebung loderten, soweit das Auge sah, 
alle Dörfer. 
Als sich die Honveds bis zu dem Beton durchgeschlagen 
hatten, flüchteten die Russen aus dem Werk Kobilany und 
sprengten den „Kapitalkoffer". (So heißt der an der Front 
des Werkes am stärksten vorspringende Teil, der dazu dient, 
die Angreifer rechts und links mit flankierendem Feuer zu 
überschütten.) 
Das Miskolzer Honvedregiment gelangte stürmend an 
einen Wassergraben. Das Munkacser Honvedregiment 
hingegen drang südlich von dem Punkt 141 in die zwischen 
die Werke eingebaute Stellung, in das Zwischenwerk, ein 
und nahm es den Russen im Handgemenge ab. Punkt 141 
wurde von dem 20. Infanterieregiment im Sturm ein 
genommen. Im Werk Kobilany zerschnitt ein russischer 
technischer Soldat vor Schreck die elektrische Leitung und 
vereitelte damit, daß die Russen aus dem weiter hinten 
gelegenen Werk VII Kobilany samt allem, was darin war, 
samt Russen und Ungarn, in die Luft sprengten. Diesen 
russischen Soldaten, den Maschinisten der elektrischen Vor 
richtungen, nahmen wir gefangen. Er sagte aus, daß sie 
den Angriff für die Nacht erwartet hatten, und der Befehl 
habe gelautet, wenn das Werk sein Ende nahen fühle, 
sollten die Truppen zurückweichen, denn Kobckany werde 
aus dem Werk VII mittels der elektrischen Leitung in die 
Luft gesprengt werden. Die Honveds standen aber schon 
zwischen 8 und 10 Uhr abends vor den Mauern der Festung, 
und jetzt wurde die russische Verteidigungsarmee von dem 
Gedanken gelähmt, daß die Festung, vielleicht ohne daß 
sie vorher verständigt würden, von hinten in die Luft ge 
sprengt werde. Darum zerschnitt er den Draht, der von 
hinten zum Ekrasit lief. 
Jetzt stürmten die Honveddivision Hadfy und die Divi 
sion Kestranek weiter vor, über die Fortslinie hinaus. 
Um 3 Uhr morgens gelangte ein Honvedbataillon bis zum 
Südteil des Kernwerks, schlug dort eine Brücke und be 
gann die Übersetzung. Die Soldaten Kestraneks löschten 
die bald darauf in Brand geschossene Brücke und stürmten 
über die noch glimmenden Balken hinüber. Gleichfalls um 
Bombensicherer Artillerieunterstand im Westen unter den Wurzeln eines von einer Granate 
Baumes.
	        
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